Veröffentlicht: 05.06.2024
Am 16. Mai um 7:30 rollen wir nach 35 h Überfahrt in Huelva (Spanien Festland) von der Fähre. Unsere wunderbare Zeit auf Teneriffa ist nun endgültig vorüber.
Nach soviel Meer und Küste denken wir uns, dass zu Beginn ein Trip ins Inland von Portugal nicht schaden kann. Unser Portugal Roadtrip Reiseführer empfiehlt uns Serpa, eine kleine Stadt in der Region Alentejano ungefähr 100 km landeinwärts. Wir überqueren die spanisch-portugiesische Grenze mutterseelenallein auf einer kleinen Landstraße in the middle on nowhere. Und dann sind wir beide das erste Mal in unserem Leben in Portugal! Auf all unseren Reisen durch Europa haben wir Portugal aus uns unerfindlichen Gründen bisher ausgelassen.
Serpa ist ein nettes Städtchen mit einem antiken Äquadukt, das das Stadtbild dominiert. In den sanft rollenden Hügeln um Serpa herum wird viel Landwirtschaft betrieben. Riesige Oliverbaumplantagen im LPG-Format beherrschen das Bild. Für zwei Tage gehen wir hier (das erste Mal seit unserer Abreise aus HH) auf einen örtlichen Camping Municipal. Nett angelegt, mitten im Städtchen und mit 10 € pro Nacht wirklich günstig! Wir sind noch dabei, uns ein Bild zum Thema Freistehen bzw. Wildcampen in Portugal zu machen. Die Infos im Netz gehen von "seit Corona total verboten, bis zu 2.000 € Strafe" bis zu "halb so wild, hat sich wieder entspannt" weit auseinander.
Zwei Tage verbringen wir in und um das ruhige und beschauliche Serpa mit sightseeing und biking. In der Nähe befindet sich der Guadiana, einer der drei größten Flüsse der iberischen Halbinsel. Überhaupt gibt es hier relativ viel Wasser in Form von Flüssen und kleinen Seen. Nach Teneriffa für uns doch sehr ungewohnt. Ungewohnt ist auch die Kälte, nachts geht das Thermometer auf nur knapp zweistellige Temperaturen runter. Wir holen wieder unsere warmen Schlafsäcke "aus dem Keller".
Doch nun zieht es uns wieder an die Küste, gut ausgestattet mit einer kleinen Bibliothek an Reiseführern, die uns Katrin und Max (unsere netten CP Nachbarn in Serpa und fast am Ende ihres Roadtrips) als zeitweise Leihgabe überlassen haben. Dankeschön ihr beiden!
Wir zuckeln entlang kleiner Landstraßen (Autobahnen wollen wir vermeiden, da mautpflichtig) in Richtung der Algarveküste und machen kurz Mittagspause in Mertola, einer Kleinstadt mit antiker maurischer Festung, die hoch über dem Fluss Guadiana thront. Dort treffen wir ganz zufällig Susanne und Reinhold aus HH-Hummelsbüttel, die wir schon auf Teneriffa getroffen haben und die jetzt eine Algarve Rundreise machen. It´s a small world!
Endlich an der Küste am östlichsten Zipfel der Algarve angekommen, folgt die (nicht völlig unerwartete) Ernüchterung: Jedes Mal, wenn wir zum Strand bzw. Strandparkplatz abbiegen wollen, ist die Zufahrt für Wohnmobile verboten! Also nicht nur das Übernachten in Küstennähe ist verboten, sondern selbst auch schon die Zufahrt zum Strand! Kein Strand in Sichtweite... Frust macht sich bei uns breit.
Etwas weiter die Küste entlang finden wir in Manta Rota einen schönen, legalen und sehr günstigen Stellplatz direkt am Strand gelegen. Auf diesem Stellplatz haben Freunde meiner Eltern mit ihrem Wohnmobil regelmäßig überwintert. Viel Infrastruktur gibt es nicht, aber einen Wäscheservice(!), der bei Bedarf die zu waschende Wäsche direkt am Wohnmobil abholt. Die Sonne scheint, es weht ein steifer kühler Wind, trotzdem wollen wir ins Meer und baden. An diesem Teil der Algarve gibt es noch keine Klippen, es sieht aus wie in Dänemark: Flache Dünen und ein endloser Sandstrand. Und das Wasser ist a...kalt, sogar noch kälter als wir es befürchtet haben.
Der kalte Wind hält auch die nächsten Tage an. Was dazu kommt ist, dass wir die Portugiesen in unseren ersten Tagen im Land bisher eher als verschlossen und wortkarg kennengelernt haben. Auch der Fahrstil auf der Straße ist ein anderer, eher aggro. Ganz anders als die Canarios (siehe Teneriffa - ZDF - Zahlen, Daten, Fakten). Abends sitzen wir beide in unserem Van Betty und denken das gleiche: Portugal und wir sind noch nicht miteinander warm geworden!
Mittlerweile haben wir ein etwas klareres Bild zum Thema Freistehen und Wildcampen gewonnen: Durch die Corona-induzierte Wohnmobilschwemme in Portugal ist das Freistehen stark eingeschränkt worden, aber noch möglich. Verboten ist es in unmittelbarer Küstennähe (dichter als 200-300 m zur Küste), in allen Naturschutzgebieten und natürlich überall dort, wo es explizit durch entsprechende Verkehrsschilder untersagt ist (und davon gibt es ziemlich viele!). Ansonsten kann bis zu 48 h auf einem Platz gestanden werden, aber ohne "Campingverhalten" (z.B. Tisch, Stühle, Markise und Grill draußen). Viele Gemeinden haben Brachflächen oder etwas abgelegenere Parkplätze, auf denen sie das Freistehen tolerieren. Gute Tipps bekommt man von der absolut unentbehrlichen App "Park-4-Night", auf der die Vangemeinde alle aktuellen Infos zu Stellplätzen, Parkplätzen, Entsorgungsmöglichkeiten, Waschcentern etc. teilt.
Wir reisen weiter die Algarveküste entlang. Noch entspricht sie nicht dem klassischen Bild aus dem Reiseführer mit der rötlichen Steilküste. Vielmehr ist es eine reizvolle Salzwasserlagunenlandschaft mit vorgelagerten riesigen Sanddüneninseln und traumhaften Stränden. Kurz hinter Tavira kann man vom Örtchen Santa Luzia aus mit einer kleinen Wanderung und einer antiken Dünenbimmelbahn den der Küste vorgelagerten Praia do Baril erreichen. Bis in die 50er Jahre wurde dort Thunfisch gefangen. Dazu wurden mit Stellnetzen, die mit zahlreichen Ankern im Meer verankert wurden, die Thunfische zusammen getrieben. Die Fischer und deren Familien lebten während der Saison 6 Monate auf der Insel - ein hartes Brot! Heute liegen die Anker in den Dünen als fantastisches Fotomotiv. Während des Strandspaziergangs entdeckt Suzi jagende Delfine vor der Küste, wir sind so gebannt, dass wir das Fotografieren glatt vergessen. Natürlich treffen wir auch hier rein zufällig Susanne und Reinhold. It´s a ...
Als nächstes besuchen wir Faro und den vorgelagerten Parque Natural da Rio Formosa. Hier leben unzählige Wildvögel, unter anderem Flamingos und viele uns doch sehr vertraute Weißstörche. Auch Meersalz wird hier in Unmengen gewonnen. Den Naturpark kann man sowohl mit dem Bike, wie auch mit dem Boot durchquren. Wir machen beides. Zwischen Faro mit der schönen Altstadt und dem Nationalpark liegt der Hauptflughafen der Algarve, Faro Airport. Teilweise im Minutentakt landen und starten hier die Flieger. Die Flamingos und Co. scheint es nicht zu stören. Schön anzusehen ist es nicht und sehr laut ist es auch. Faro sehen wir uns für eine Stunde an, ganz nett, aber wir sind einfach keine "Stadttouristen". Hier fällt uns das erste Mal auf, wie englisch dominiert die Algarve ist. Gefühlt 80% der Touristen kommen aus GB, viele Restaurants schreiben ihre Tafeln nur auf Englisch und/oder haben gleich englische Restaurantnamen. Erstaunlicherweise gibt es aber auch sehr viele Touristen aus den USA! Das Preisniveau ist entsprechend, ein großes Bier kostet 5 €, wehmütig denken wir an Teneriffa. Portugal, wir werden einfach noch nicht warm...
Weiter geht es nach Falesia. An einem schönen, riesigen und einsamen Strandparkplatz wollen wir am späten Nachmittag noch baden, etwas essen und uns dann (nicht dort) einen Schlafplatz suchen. Kaum geparkt, kommt ein Franzose von einem auch dort parkenden Van auf uns zu. Die GNR (Guardia Nacional Republicana, eine paramilitärische Polizeieinheit) wäre schon dagewesen, alle Vans/Wohnmobile müssten bis 21 Uhr den Parkplatz verlassen. Da wir das sowieso vorhatten, kein Problem für uns. Beim Essen gegen 19:30 kommt die GNR nochmal vorbei und ermahnt auch uns - nicht unfreundlich - uns bis 21 Uhr vom Acker zu machen. Machen wir auch, bis zu 200 € Strafe wollen wir nicht riskieren. Im Ortskern von Falesia nächtigen wir ungestört für insgesamt zwei Nächte auf dem Zentralparkplatz. Hier in Falesia fängt "endlich" die berühmte rote Sandsteinsteilküste der Algarve an, sehr fotogen, insbesondere im Abendlicht. Dem bekannten Ort Albufeira statten wir im Rahmen einer Biketour einen Besuch ab, von weiter außerhalb sehr schön in einer felsigen Bucht gelegen, in der Stadt selber dominiert leider eher "Ballermann" Tourismus.
Unser nächstes Ziel ist Benagil. An der Küste von Benagil befindet sich ein absolutes Touristenhighlight der Algarve bzw. Portugals: die Algar de Benagil! Eine riesige Meeresgrotte mt teilweise eingestürzter Decke, die nur vom Meer aus zugänglich ist. Sie ist so groß, dass Boote dort reinfahren können. Von der Steilküste aus kann man von oben in die Grotte sehen. Woran merkt man, dass man sich an einem Touristenhotspot Europas befindet: Vor uns marschiert eine Truppe von ca. 50 chinesischen Touristen, alle mit Selfie-Sticks, vollvermummt gegen die Sonne und teilweise sogar mit FFP-2 Maske! Wahrscheinlich haben sie in ihrem "Europe in 7 days" Tourprogramm exakt 45 Minuten Zeit für dieses Highlight. Auf dem Wasser ist die Hölle los, Ausflugsboote, Schlauchboote und jede Menge Kayaks drängeln sich vor der Grotte. Es ist sogar ein Polizeiboot vor Ort, um für Ordnung zu sorgen! Wie immer lässt die "Touristendichte" mit jedem Meter Entfernung nach und wir finden etwas weiter eine kleine Traumbucht, die wir uns mit einer kleinen Handvoll anderer teilen. Hier fällt uns besonders auf, dass die gesamte südliche Algarve unter einem massiven (und bekannten) Algenproblem leidet, das Wasser ist oft nicht prospektblau, sondern leider grünlich oder bräunlich.
Weiter geht es die Küste entlang nach Alvor (kurz vor Lagos). Dieser Ort wurde uns sehr ans Herz gelegt und wir werden nicht enttäuscht. Zum einen wird das Freistehen auf einem großem Parkplatz zwischen Ort und Strand toleriert. Neben dem Parkplatz liegt das örtliche Sportzentrum, hier machen wir morgens unseren Frühsport (nicht immer einfach, geeignete Plätze dafür zu finden, oft ist es vor dem Van einfach nicht so schön). Zum anderen ist Alvor selber sehr reizvoll und liegt einmalig schön zwischen einer Bilderbuchsteilküste mit traumhaften Buchten, die nur durch Felstunnel zu erreichen sind, einem endlosen Sandstrand und einer einmaligen Salzwasserlagunenlandschaft. Die Lagunen vor Alvor snd ein Hotspot zum Kiten, da hier auch regelmäßig ein thermischer Wnd weht. Zum Windsurfen ist das Wasser zu flach. Wir sind richtig verliebt in Alvor und bleiben insgesamt drei Tage. Neben uns stehen zwei Deutsche mit ihren Wohnmobilen, die seit seit Jahren "on the road" sind. Wieder sehr interessant zu erfahren, welche Lebensmodelle es doch gibt, die so ein Leben ermöglichen.
Auf der Weiterreise sehen wir uns noch Lagos im Rahmen einer Biketour an, die Altstadt mit den kleinen Gassen und den gefliesten Häusern ist malerisch, aber wir sind irgendwie keine "Stadttouristen"...
Mittlerweile sehnen wir uns doch wieder enmal nach einer Dusche mit fließend warmen Wasser und müssen auch mal wieder Wäsche waschen. Obwohl wir beide aus Platzgründen wirklich wenig Kleidung mitgenommen haben, stellen wir fest, dass wir von der mitgenommenen Kleidung nur die Hälfte, d.h. unsere Lieblingsstücke tragen. In dem kleinen Küstenort Burgau finden wir einen kleinen Wohnmobilstellplatz für 15 € die Nacht mit warmen Duschen und Waschmaschinen! Einige junge Portugiesen haben diesen netten Stellplatz mit viel Enthusiasmus und einigem an Improvisation gestaltet. Wir bleiben zwei Nächte. Von Burgau aus unternehmen wir schöne Biketouren in die Umgebung. Burgau selber ist relaxed und mangels Hotels nicht übermäßig touristisch. Der kalte Wind lässt nach und es wird warm, teilweise sogar sehr warm. Unser nächstes Ziel ist Sagres, der westlichste Zipfel Festlandeuropas und Surfer´s Paradise.
Übrigens, so ganz langsam bekommen wir das Gefühl, mit Portugal warm werden zu können!
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