Chemieschaf on Tour 🐑
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The right amount of fear/gear

Veröffentlicht: 18.02.2025

Manchmal frage ich mich, wohin meine Angst verschwunden ist. Nicht, dass sie gar nicht mehr Teil meines Lebens wäre, aber heute ist sie an vielen Stellen eine kleine Kuschelkatze, wo sie früher ein furchteinflößender Tiger war, an dem ich nicht vorbeigehen konnte. Oder hat sie sich nur verkleidet, ein bisschen Vielsafttrank genommen, um mich im Glauben zu lassen, sie sähe jetzt anders aus? Und sollte ich davor Angst haben, dass die Angst zurückkommt...?
Und wie viel Angst ist eigentlich gut für uns?
Am Tag vor unserer Gletscherwanderung spreche ich mit einer Mitreisenden über ihre Angst vor dem Flug im Helikopter, weil sich eine andere Teilnehmerin nach unserem Entschluss, die Gletscherwanderung zu machen, bemüßigt fühlt, von diversen Helikopterabstürzen zu erzählen. Ich sage, dass ich keine Angst habe, weil ich darauf vertraue, dass die Piloten wissen, was sie tun, denn die machen das jeden Tag. Ich spreche kurz vor der Wanderung darüber, ob wir Angst vor dem Weg auf dem Eis haben, und ich sage, ich habe keine Angst, weil ich darauf vertraue, die richtige Ausrüstung zu bekommen und dieser Weg mehrfach pro Tag von Touristengruppen gegangen wird. Und wir bekommen sie, die richtige Ausrüstung, den nettesten Piloten, den besten Tipp für die Anzahl an Schichten, die sympathische Tourguidin, den beeindruckenden Weg auf dem Franz-Joseph-Gletscher.
Früher hatte ich Angst, nach dem Weg zu fragen, heute lasse ich mir in einer fremden Sprache Reiserouten erklären. Ich habe mir nicht zugetraut, in der Uni den Seminarraum allein zu finden, heute finde ich mich allein an Orten wieder, wo ich absolut niemanden kenne und keinen Handyempfang habe und es ist okay. Vielleicht habe ich heute mehr Vertrauen. Und eine bessere Ausrüstung.
In manchen Situationen frage ich mich doch auch, ob es ein zu wenig an Angst gibt, ob ich sie manchmal zu sehr verloren habe, wenn ich nachts allein in einer fremden Stadt stehe und mir vorher keine Gedanken gemacht habe, wie ich wieder "heim" komme. Wenn ich irgendwo raufklettere und mir dann einfällt, dass es schlau wäre zu wissen, wie ich wieder runterkomme. Wenn ich jemandem gedankenlos erzähle, dass ich allein unterwegs bin. Wenn ich auf einen Gletscher fliege, aus einem Flugzeug oder von einer Klippe springe, mich mal nicht darum kümmere, wann genau ich wieder zurück sein muss. Vielleicht habe ich mich durch die Angst so lange meiner Freiheit beraubt gefühlt, dass ich vergessen habe, dass sie im richtigen Maße auch wichtig ist - Angst vor Höhe, einem Unfallrisiko, dem Alleinsein ist nicht unbedingt  schlecht und vielleicht sogar lebensrettend.

Irgendwie braucht man doch beides, Angst und keine Angst. Oder: Das richtige Maß an Angst gepaart mit der richtigen Ausstattung im Sinne von Ausrüstung: Die richtige Anzahl von Schichten, um nicht zu frieren, Spikes unter den Schuhen, um nicht auszurutschen; Menschen, die einen auffangen und helfen, wenn man es doch tut (auf dem Eis oder bei einer Entscheidung, die man getroffen hat).

Ich bin sehr dankbar, dass ich inzwischen so eine gute Ausrüstung habe (und wenn du das liest, bist du ein Teil davon)!


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