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Deine Spuren im Sand

Veröffentlicht: 30.09.2024

Heute Nacht trommelt stundenlang kräftiger Regen auf das Wohnwagendach. Nebel steigt am Morgen aus den umliegenden Hängen. Die Weinreben sind nass, der rote Lehmboden aufgeweicht und pampig. In Cannes schwimmen Autos durch die Straßen.
Die Weinernte muss nun warten, bis die Umstände wieder passen.

Melonendealer auf dem Weg ans Meer

Wir machen uns aus den grünen Hügeln des Lubéron auf den Weg ans Meer, vorbei an den weißen wilden Pferden der Camargue, die mit nassem, zottigem Fell in der weiten Landschaft stehen.
Hier scheint die Sonne, doch ihre Kraft hat noch nicht gereicht, die durch den nächtlichen Monsun mit Meerwasser geflutete Zufahrt zum Strand zu trocknen.
Bei unserer Ankunft am Nachmittag staunen wir über den See, der die Weiterfahrt verhindert.

Zufahrt voller Wasser

Natürlich würde Zappa ohne den Mistral ohne Zögern durch das knöchelhohe Nass brausen, aber dem Unterboden des Wohnwagens würde die salzige Brühe nicht gut tun. Von meinen Festfahrängsten will ich an dieser Stelle mal schweigen.

Wir finden am Rand der Dünen zwischen ein paar weiteren spät reisenden Campern noch einen Platz und genießen die Septembersonne.

Platz am Plage

Mit deren Untergang schlägt die Stunde von le moustique. Wir kennen diese Spezies schon sehr gut von unserem letzten Ausflug an den Strand im Twingo.
Es gibt kleine sirrende Exemplare, die stundenlang und elend juckende rote Pusteln verursachen. 

Und dann noch die Elefantengroßen, mit meterlangen, blutrünstigen, spitzen Stechrüsseln, die ihre Opfer in Sekunden bis auf die schlaffe Hülle aussaugen. Um dann mit prallen Leibern, dick wie unsere heimischen Hummeln davonzufliegen und in den Dünen Milliarden von Nachkommen zu zeugen.

Blick in die Garrigue

Doch heute können wir im Caravan Schutz suchen, zwei Fenster haben wundervolle britische Fliegengitter, so dass meine Füße abendliche Kühlung genießen können, ohne von den Plagegeistern gequält zu werden.

Pünktlich um 7:00 Uhr morgens kreist die benachbarte Flugschule mit dröhnendem Doppeldeckermotor über den Strand, um die Touristen zu wecken. Und da man von da oben nicht sehen kann, ob die Faulenzer aufgestanden sind, dreht man seine Runden bis zum zweiten Kaffee.

Morgendlicher Touri-Weckflug - vorn im Bild: Hund mit Mückennetz vor Wohnmobil...

Das ist auch gut so, denn Madmoiselle und Monsieur Geo-Recherche haben heute den Auftrag, den Strand nach dem Sturm zu vermessen. Mademoiselle hat nicht nur die kräftezehrende Aufgabe, den schweren, mit unzähligen höchstempfindlichen Geräten bestückten Messwagen durch den nassen Sand zu schieben. Sie erhält den undankbaren Auftrag, die internationale Campercommunity beim Frühstück zu stören und zu bitten, den mittlerweile angestammten schönen Platz an der Düne zu räumen und umzusiedeln. Denn hier muss jetzt vermessen werden.

Mademoiselle Geo-Recherche

Sie schlägt bei ihrem Rundgang unaufhörlich um sich, denn sie wird von Mücken attakiert.
Die können sich aber nun auch den Touristen widmen, denn sie müssen ihre schützenden Behausungen verlassen, um sich aus der Messzone zu begeben. Jede geöffnete Tür öffnet Türen für Mücken, Mücken, Mücken, Und nicht nur männliche, wie Zappa immer gern behauptet. Schnell sind meine Füße zerstochen!
Heute ist es bewölkt und es weht kein Lüftchen. Deshalb tummeln sich die Blutsauger munter am Strand.

Nach dem Stellungswechsel

Wir packen uns in stechdichte Hüllen und wandern am Wasser Richtung Fos-sur-Mer, die dicken Industrieschornsteine im Blick. Über uns dröhnt der Doppeldecker und hier und da müffelt es nach Chemie, Benzin und Diesel. Trotz allem entbehrt das nicht einer gewissen Romantik, auch wenn ihr das vielleicht nicht glaubt.
Den Mücken laufen wir davon, bestaunen das Strandgut und die Ausblicke auf die Garrigue der Camargue.

Strandgut

In unseren Rücken braut sich von uns zunächst unbemerkt ein veritables Gewitter zusammen. Beide führen wir das Dröhnen und Donnern auf französisches Militär aus dem Hafen von Toulon zurück, das hier in der Gegend auch gern mal herumbollert.
Doch ein Blick retour offenbart uns eine finstere Wolkenwand am Horizont, die sich unabwendbar auf uns zu schiebt.

Gewitter

Ohnein - ohnein - ohnein, jammere ich! Wir werden klitsche-klatsche nass, kein Wind- und Regenschutz weit und breit und der heimelige, warme, trockene Caravan ist kilomeeeeterweit entfernt. Wir werden uns den Tod holen, vom Blitz getroffen im Sand liegen, von der unerbittlichen Brandung ins tiefe Meer gezogen und von der Schraube des nächsten dicken Containerschiffs in viele kleine Fischfutterstückchen zerteilt. Ohnein - ohnein - ohnein!

Am Strand

Zappa, mein Held, nimmt mich in den Arm, wirft einen wissenden Meteorologenblick auf das tiefblaue Spektakel am Himmel, lauscht dem beängstigenden Donnergrollen und weiß nun, dieses Unwetter zieht an uns vorbei. Wir müssen keine Sorgen haben, alles ist gut.

Strandgut

Der Wind pustet die Mücken in die weite Ebene der Camargue. Das Wasser auf dem Parkplatz ist im dunklen Sand versickert. Wir können den Mistral von den Blutsaugerdünen wegziehen. Wenn auch nicht so weit, wie wir gern würden, denn ein neues Törchen lässt nur Gespanne bis zu zwei Metern Höhe in die Tiefen des Plage Napoléon.

Wohin soll denn die Reise gehn?

Das eine oder andere pieksende Insekt hat sich in den kuschligen Ecken des Wohnwagens versteckt, aber wir haben eine Geheimwaffe an Bord: die immer hungrige, riesige Netze webende Reisespinne!
Von diesen Erfahrungen ein anderes Mal... 

Antworten (1)

Frank
Hallo Susanne, hallo Zappa, einfach herrlich zu lesen! Habt weiterhin viel Freude im sonnigen Süden! Herzliche Grüße Euer Frank

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