Cassiopeia
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Nordgoa - Indien

Veröffentlicht: 24.10.2023

Als ich Mal wieder ziemlich platt nach einer Nachtfahrt ankam wurde ich mehr als willkommen in meinem Hostel begrüßt und genoss meine mehr oder weniger kühle Dusche. Ich war noch nie in einem Hostel in dem ich mich so wohl fühlte wie dort. Mit den Mitarbeitern blödelte man nur herum und als wir unsere gemeinsame Liebe für Pink Floyd, andere alte Rockklassiker, aber auch so viele andere Musikrichtungen bemerkten, hätten wir eigentlich eine Airband eröffnen können, so oft wie wir, wie Bekloppte, Syd Barrett auf der Gitarre imitierten. Sie halfen einen bei allen und waren einfach so korrekt. Genau so aber auch die meisten anderen Backpacker. 

Nordgoa assoziierte ich vorher immer mit Party und Strand und sonst nichts und das mag auch in gewisser Weise wahr sein, doch ist es noch so viel mehr. Der Ort strömt einfach eine Entspannung aus die einmalig ist und dazu führte, dass ich drei Nächte länger blieb als geplant. 

Ich traf dann auch noch zwei deutsche, die ich zuvor ca. 300km südlich getroffen hatte, wieder und wir fielen uns lachend in die Arme. Ich verbrachte meine Zeit dann auch zum großen Teil mit ihnen und noch vielen mehr. Als ich den Rucksack von Jana nähte, da ein Riemen gerissen war, war sie mir so dankbar und glücklich wie ein Kind das einen Gutschein für's Phantasialand bekommt. Den Tag verbringt man eigentlich liegend am Strand oder im Hostel. Dann geht man Mal was Essen und spielt Tischtennis und Schach bis man nicht mehr kann und das war es. Und trotzdem wurde niemanden langweilig und ich weiß selber nicht wie. 


An einem Abend gingen wir dann tatsächlich feiern um ein Mal in unserem Leben einen legendären Goarave mit zu erleben. Da wir aber zwei Wochen vor der Saison da waren mussten wir davon leider mehr oder weniger absehen und gingen in einen anderen Club der uns empfohlen wurde. Die Musik war Bollywood-Pop und ich war noch nie auf so einer schlechten Party :D der DJ forderte die Crowd alle 30 Sekunden mit einem enthusiastischen "put your motherf*cking hands up" auf ihm zu folgen und stoppte jedes Lied immer alle 40 Sekunde, damit man vermutlich Karaoke mitsingen soll. Da es aber so häufig war, hatte ich eher das Gefühl das sein Internet den Geist auf gab oder er gar keine Lizenz hatte die Songs zu spielen und deswegen immer nur Anteile spielte. Die weißen Mädels wurden wie Bananen von den primatenartigen Männern untanzt und mein, durch toxische Männlichkeit hervorgerufener, Brächreiz drohte zu beginnen. Wie kann man nur so verzweifelt sein die Stimmung seines Gegenübers so fehl zu deuten oder es zu ignorieren. Ich machte trotzdem das Beste daraus und tanzte was das Zeug hielt bis ein Cover von Justin Bieber's "Baby" lief. Dann war es für mich endgültig gelaufen und ich sehnte mich schon nach dem guten Techno auf den Tanzflächen Kölns und Berlins. Was hätte ich in diesem Moment gegeben um im Sisyphus oder Odonien mit meinen Freunden zu sein. Nebenbei kostete der Eintritt für Frauen, die keinen Dresscode befolgen mussten, umgerechnet 4€, während Männer tausendende Dresscodebestandteile befolgen mussten und fassungslose 40€ zahlen mussten. Das war so ein schlimmer Club. Die Leute mit denen ich da war waren zum Glück sehr korrekt und glichen es dann wieder aus.


Am Strand spielten wir Frisbee und rannten total erschöpft hin und her während vorbeilaufende Inder diese tobenden Reisenden filmte. Abends schauten wir uns dann noch die Cricket Weltmeisterschaft an, in der die politischen Spannungen zwischen Indien und Pakistan ausgetragen wurde und spielten noch lange Stadt, Land, Fluss, Trennungsgrund, Essen und Ort zum Sex haben.


Der letzte Abend war vermutlich der verrückteste. Ziemlich spontan entschieden wir uns in ein Casino auf einem Luxusschiff zu gehen... Einfach um es einmal gemacht zu haben. Als wir durch zwei Security checkpoints gingen, stiegen wir in ein Boot welches uns dann zum eigentlichen Boot führte und als wir ankamen erlebte ich ein Indien, welches das Gegenteil zu dem Indien ist, welches ich in den letzten drei Wochen kennenlernte. Überfluss, Größenwahn, Nacktheit, Kapitalismus, Geldgier trotz (oder durch) finanziellem Wohlstand und Realitätsverlust. Es war ein absolut lustiger Abend und ich bin super froh es gemacht zu haben, doch merkte ich ab Sekunde eins, dass ich mich dort nicht wohlfühle. Während die halbnackten, in schnörkelig Kostümen gekleideten Frauen kunst- und lustvoll tanzten, spielten reiche Inder Mal eben 500€ auf die rote 3, verloren und machten sofort ohne Regung weiter. Wir selben spielten alle mit Chips im Wert von 25€ und ich verlor meine ziemlich schnell beim Roulette. Da ich jedoch schon mit der Einstellung hinging jetzt 25€ für dieses Erlebnis auszugeben und ich in keiner Weise darüber nachdachte, dass ich ja auch davon was behalten könnte oder sogar mehr raus bekommen könnte, war mir der Verlust so gleichgültig wie es nur sein hätte können. Vielleicht hat es mich sogar glücklich gemacht, da ich das Casino mehr mit Verlust, als mit Gewinn assoziiere und so meine Erwartungen noch mehr erfüllt wurden. Auch ich aß an dem Abend so viel wie lange nicht mehr an dem all you can eat Buffet und trank mehr Virgin Piña Coladas als ein normaler Mensch trinken sollteNordgoa verließ ich mit Wehmut. Das jetzt kommende Mumbai macht mir mit seinen 26 Millionen Einwohnern ein wenig Angst und ich glaube das meine Batterie, die ich in Goa aufgeladen habe, sich dort sehr schnell entladen wird. 
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