Veröffentlicht: 20.11.2016
In Auckland gab es zwar durchaus noch etwas zu tun, doch irgendwie konnte ich mich zu nichts aufraffen. Nachdem ich mich einmal entschlossen hatte nach Blenheim, dem Weinfass der Südinsel zu gehen und dort zu arbeiten. Um mich beschäftigt zu halten trat ich einen Spaziergang durch einen Park, der am Ende der Saint Mary's Road liegt und der vom Highway nur durch eine Plexiglasscheibe getrennt wird. Trotzdem ist der Weg erstaunlich entspannend und ich fühlte mich erst mal wieder wirklich unbeschwert. Das könnte natürlich auch an der großen Zahl Hunde gelegen sein, die mir im Park begegnet sind und die eindeutig die neuseeländische Persönlichkeit verinnerlicht hatten (freundlich und offen). Das Wetter war zwar miserabel, aber das störte nicht weiter. Vom Ende des Parkes aus musste ich nur einer Straße folgen und schon stand ich wieder auf der Jervois Road, von der aus ich ohne Probleme das Hostel fand. Den restlichen Tag verbrachte ich damit mir eine YHA Mitgliedschaft zu holen, mit der ich beim Outdoorladen Kathmandu eine kostenlose Mitgliedschaft bekam und damit mein Zelt deutlich billiger. Außerdem gibt es natürlich Rabatt bei allen YHA Hostels in Neuseeland. Meine Pläne standen auf jeden Fall bis dann jedoch ein Erdbeben die Südinsel heftig durch schüttelte und damit auch meine Pläne. Vom Erdbeben selber bekam ich zwar nichts mit und fragte mich auch am Morgen, warum plötzlich so viele sich über WhatsApp nach meinem Befinden erkundigten ( "Oh Gott, lebst du noch?" Ich, Halbschlaf,:"Hä wasn los ?", "In Neuseeland gabs ein ERDBEBEN." "Hä, echt?") Ich kann nur sehr hoffen, dass mir so etwas nicht mal passiert, ich würde wahrscheinlich, dann wach werden, wenn das Haus über mir zusammenbricht. Und bei meinem Informiertheitsgrad (ist das überhaupt ein Wort?) würde ich wahrscheinlich einen Tropensturm dann realisieren, wenn er direkt über mir ist. Naja wie auch immer, auf jeden Fall musste ich meine Pläne ändern. Die Kathmandumitgliedschaft nutzte ich natürlich trotzdem aus und holte mir am nächsten Tag mein Minizelt und eine Isomatte. Da bei der Filiale der Computer nicht richtig funktionierte bekam ich sogar eigentlich mehr Rabatt als normalerweise und bekam ein Ein-Personen-Wanderzelt und eine aufblasbare Isomatte für weniger als 250$ (der eigentliche Originalpreis des Zelts). Dann noch schnell ein Seil besorgt um das alles auch an meinem Rucksack zu befestigen. Denn restlichen Tag hing ich in meinem Zimmer rum und beriet mich mit der jungen, ebenfalls oh Wunder Deutsche, mit der ich mit das Zimmer, seit der ersten Nacht teilte (der Rest blieb meistens nicht sonderlich lang), was ich jetzt machen sollte schließlich, war schon Montag und am Donnerstag mußte ich abreisen. Ich entscheid mich für Kerikeri im Norden, wo ich in einem Working Hostel wohnen wollte und auf einer der Plantagen rundherum arbeiten wollte. Am nächsten Tag, Dienstag wusch ich nochmal meine Sachen und überlegte immer noch ob ich wirklich nach Kerikeri wollte und suchte nach einer Busverbindung. Währenddessen hing meine frisch gewaschene Wäsche draußen, wurde trocken, wieder nass, wieder trocken und dann wieder nass, das Wetter war nämlich immer noch miserabel. Am nächsten Tag sah es schon besser aus und nachdem alles getrocknet , ich im Besitz eines 30StundenPasses für Intercitybusse und einem Sitzplatz ich einem Bus nach Kerikeri war, packte ich mal alles, nur um festzustellen, dass ich wohl meinen Tagesrucksack mit dem Essen füllen musste, das nicht mehr in den Hauptrucksack passte. Ich würde also mit zwei Rucksäcken durch die Stadt eiern, von denen schon einer mehr als schwer genug war. Den restlichen Tag verbrachte ich, damit mit meiner Zimmergenossin abzuhängen, die ähnliche Problem hatte wie ich (Keine Ahnung, was jetzt kommt; Keinen Bock irgendwas in Auckland zu machen; etc.).
Am nächsten Morgen stiefelte ich also doppelt bepackt Richtung Bushaltestelle, nach einem Abschied von den anderen Hostelbewohnern (außer der Katze, die ließ sich nicht blicken), stieg in einen vollen Bus und sah zum ersten Mal mehr von Neuseeland. Und es war so verdammt grün, also nicht so grün wie in Deutschland, sondern weitaus intensiver und nachdem der Bus einmal komplett aus Auckland überquerten wir die Grenze der Wildnis (wer die Anlehnung nicht versteht führt sich bitte den Soundtrack des ersten Hobbitteils zu Gemüte; und ja ich bin eine Nerd). Steile dicht bewaldete, oder vollkommen grüne Hügel und vereinzelt Blicke aufs Meer ließen mich endgültig in Neuseeland ankommen und Heimweh rammte mich erst mal volle Kanne. Ganz allein, also auch ohne jemand der anderen, die ich bisher kennen gelernt hatte, ließ mich plötzlich sehr einsam fühlen, was in Verbindung mit der Unsicherheit, ob ich eine Unterkunft finden würde, da ich bei den Hostels nicht buchen konnte, meine Laune in den Keller trieb. Die Landschaft lenkte mich jedoch lange genug ab und schließlich stand ich in Kerikeri vor dem Kericentral Hostel. Dort wurde ich jedoch nicht unbedingt freundlich vom Manager, der mal wieder Deutscher war (hatten wir ja bisher noch nicht), abgewiesen, dieser schien sich nämlich mehr um seine Flaggen, die als Scherz abgenommen worden waren, zu sorgen, als um ein womöglich gestrandeten Backpacker. Er erbarmte sich jedoch mir zumindest zu sagen, wo ein Campingplatz, auf dem es auch Zimmer gab, lag. Also stapfte ich einmal quer durch Kerikeri und schlief schließlich in einem völlig überteuerten (35$) Raum mit einem anderen deutschen (Seufz) Backpacker, der mir den Tipp gab, es doch einfach mal mit trampen zu probieren. Währenddessen versuchte ich in einem anderen Hostel für die nächste Nacht etwas zu finden, aber es war alles voll. Mir blieb nichts anderes übrig als frustriert einzuschlafen. Am nächsten Tag holte ich mir einen Zeltplatz und weite mein Zelt ein. Diese wurde eindeutig nicht für Menschen gemacht, denn mit meinem Rucksack darin blieb mir nichts anderes übrig als mich zusammen zu rollen, für alles andere war kein Platz. Dafür war es einfach aufzubauen. Danach klapperte ich alle Hostels ab, aber alle bis auf die Hone Heke Lodge, sagten mir ab. Dort wurde ich freundlich empfangen und man riet mir am nächsten Morgen anzurufen, ob jemand ausgecheckt hat. Danach stapfte ich mit meinem Rucksack, voll mit vorher getätigten Einkäufen, weiter zum Stone Store Haus, dem ältesten Steinhaus Neuseelands, das am Kerikeri Basin liegt, und folgte einem im Lonely Planet empfohlenen Wanderweg, der vom Stone Store Haus an den Wharepuke Fällen und den Fairy Pools entlang zu den Rainbow Falls führt. Dieser Wanderweg ist auch Bestandteil des Te Araroa, eines Wanderwegs, der einmal der Länge nach durch Neuseeland geht und rund 3000km lang ist (puh, nicht schlecht, den werd ich wohl eher nicht mal kurz mitmachen). Der Weg war wirklich schön, führte durch dichten Wald, in dem man sich manchmal wie im Fangornwald vorkam (wem das nichts sagt, der sollte sich am besten die gesamte Herr der Ringe Trilogie, als Buch UND auf DVD, geben). Der Fluss war ein konstanter Begleiter und schließlich erreichte ich vollkommen erschöpft (es war strahlend blauer Himmel und heiß) die Rainbowfalls, die aus 27 m Höhe über eine moosbedeckte Höhle fallen. Nach ausreichendem Genuß des Anblicks prüfte ich den Rückweg und mit Schrecken wurde mir klar, dass ich die Hälfte der Strecke zurück musste um den Fluss überqueren zu können und zurück zu meinem Campingplatz zu kommen. Schließlich schlug ich dort wieder auf, genoß noch mal den Blick auf den Kerikerifluss, der auch direkt am Zeltplatz vorbeifloß, und rollte mich in meinem Zelt zusammen. Nach einer fast durchgeschlafenen Nacht (das Aufwachen war es jedoch wert, der Sternhimmel war wunderschön), packte ich in der Früh alles und rief bei der Lodge an, um dann hören zu müssen, dass kein Platz frei war und morgen vermutlich auch nichts. Ich holte mir noch mal eine Nacht auf dem Campingplatz, packte alles wieder aus und rollte mich den Vormittag über vor Heimweh und Frustration heulend im Zelt zusammen (ja es gibt besser Zeitvertreibe). Schließlich entschied ich mich am nächsten Tag nach Paihia zu trampen (was ich noch nie zuvor gemacht habe). Ich besorgte mir Wäschklämmer (und zwei Bücher, als eigentlich vollkommen unnnötiges Gewicht, aber als gute Seelenwärmer), wusch alles, was es nötig hatte, lud solange meine Powerbanks auf, für den Fall das ich irgendwo strandete, und schaute wo ich in Paihia schlafen könnte. Campingplatz war mal wieder das Ergebnis. Weitaus zuversichtlicher als zuvor genoß ich mein Abendessen (ein Apfel) auf einer Betonbrücke, die direkt unter meinem Zelt über den Fluß führt und von der aus man vermutlich auch zu den Rainbow Falls bzw. zurückkommt (ja ich weiß, ich bin verpeilt), und beobachtete die verschiedenen Vögel die mich jede Nacht wach hielten und morgens wieder weckten. Neben ein paar Enten auch ein paar ziemlich ungewöhnliche, also heimische Piepmätze. Am nächsten Morgen, nach einer erstaunlich guten Nacht in meiner Hobbithöhle, wie ich mein Zelt inzwischen nenne, baute ich ab (was wirklich einfach war; das Zelt ist Gott sei Dank idiotensicher, also genau auf mich zugeschnitten), und trottete aus Kerikeri hinaus. Nach anfänglichen Zweifeln, ob ich noch alle Tassen im Schrank (Ergebnis: Nein, hab ich nicht, aber das tut verdammt gut.) Probierte ich mich am Trampen und tatsächlich erbarmte sich eine freundliche alte Dame nach nicht einmal zehn Minuten mich zum Kreisverkehr ganz am Ende von Kerikeri mitzunehmen (die Ortschaften ziehen sich hier sehr weit). Kaum wieder ausgestiegen, Rucksack wieder hingestellt und Daumen raus, hielt eine Maorifrau mit ihrer Mutter und nahmen mich mit zur nächsten Hauptstraßenkreuzung. Nach einem freundlichen Gespräch waren wir schon da, ich verließ das Auto und wollte mich gerade wieder in Position begeben, als ich eine junge Dame sah, die gerade auch am Trampen war. Die junge Deutsche (bin ich wirklich in Neuseeland?) musste jedoch in die andere Richtung, doch noch während wir quatschten, kam eine erwachsene (damit mein ich keine der üblichen 18-22 Jährigen Halbstarken, die sich inklusive mir hier herumtreiben, sondern jemand wirklich erwachsenen) US-Amerikanerin, die ebenfalls wie ich nach Paihia wollte, also warteten wir zu zweit (die andere Deutsche hatte schon ein Auto bekommen). Sie erzählte mir, dass sie gerade den Te Araroa wanderte, diesen 3000km Wanderweg, sich aber das Knie verdreht hatte und deshalb krankheitsbedingt einen Tag trampte, während der Rest ihrer Gruppe lief. Lange brauchten wir nicht zu warten ein paar Minuten später hielt eine dreiköpfige Familie an und nahm uns mit. Zu fünft, allesamt Erwachsene (also körperlich mein ich), war es reichlich kuschelig im Wagen und der Fahrstil der Mutter war auch etwas furchteinflößend, aber beim Trampen kann man nicht anspruchsvoll sein, vor allem nicht wenn alle so nett sind. Nach ein paar Minuten waren wir in Paihia und nach einem Abschiedsbild mit der Tochter der Familie (ca. mein Alter) (Yay, zwei internationale Facebookprofile auf denen ich drauf bin, ohne die Person wirklich zu kennen), machte ich mich mit der Amerikanerin auf den Weg zum YHA Hostel in Paihia, vielleicht krieg ich ja einen Platz. Der Weg war eigentlich nicht lang, doch es war gerade Mittag, der Himmel war wolkenlos und es war tropisch warm, also keuchte ich gut vor der Ankunft. Das war aber alles vergessen, als ich ein Platz in einem 8 Personen Zimmer bekam (ein Bett, ein echtes Bett ohne Ameisen). Ich musste zwar kurz warten bis das Zimmer bereit war, aber was solls, es gab freies Wlan. Dann schnell umgezogen (meine Hose hatte sich zerlegt während des Trampen, also Sinn für Timing und Dramatik kann man ihr nicht absprechen), Sonnencreme draufgeklatscht und den Ort erkunden und Sachen kaufen gegangen. Dabei vertiefte sich der tropische Eindruck (Okay, vielleicht doch nicht Deutschland, sondern die Karibik wo ich gerade bin) nur noch, verstärkt durch das Wetter, das türkisblaue Meer, die Inseln in der Bucht und die Jachten. Jetzt werde ich den Tag nur noch ausklingen lassen, mein Heimweh ist zwar nicht weg aber eigentlich gehört dass ja auch zum Reisen dazu, mein Durchhänger ist vorbei und ich fühle mich endlich wie angekommen.