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2.-3-Woche: Dorje Chang buddhistisches Zentrum

Veröffentlicht: 09.12.2022

Danach bin ich mehr stadteinwärts ins buddhistische Zentrum gezogen. Mein Ziel war es, dort mehr über den tibetischen Buddhismus kennenzulernen und von Experten angeleitet zu meditieren und meine rudimentären Kenntnisse zu vertiefen. Jedoch ließ ich mich von meinen Vorstellungen enttäuschen und es wurden in dem Zentrum keine gemeinsamen Mediationen praktiziert. Jeder machte es wohl mehr oder weniger für sich. Es lebten dort ein tibetischer Mönch, welcher dort Kurse und Puja’s, eine Art Andachten, leitete, eine Nonne aus Amerika die die Managerin war und eine ältere Nonne, welche zum Inventar gehörte. Dann gab es dort noch Menschen, die wie in einer Community zusammenlebten, aber mit Buddhismus nichts am Hut hatten. Mit diesen und 3 anderen Woofern teilte ich mir die Küche, einen Aufenthaltsraum und die sanitären Anlagen. Diese Gemeinschaft versüßte mir den Aufenthalt und so blieb ich dann doch etwas länger. Da war z.B. William, ein 60jähriger Pianist, der sein Leben lang in unterschiedlichen Communities gewohnt hat. Ein wahnsinns warmherziger, zuvorkommender, rücksichtsvoller und lustiger Mann. Ich gab ihn mein Geburtstag, -zeit und -ort und er las mir mein Horoskop. Dabei geht es wohl auch viel darum, wie die ganzen unterschiedlichen Planeten während der Geburt zueinanderstanden, aber so richtig habe ich das alles nicht verstanden. Das Ergebnis ließ mich dann auf jeden Fall etwas vom Glauben abfallen; es war unfassbar. So erschreckend genau und es brachte so vieles auf den Punkt… ich frag mich nun warum in der Psychotherapie so viele Daten erhoben und die unzähligen Fragebögen ausgefüllt werden müssen, wenn doch Geburtsort, -zeit und -tag ausreichend erscheinen=). Dann gab es da noch Nick. Auch so um die 60. Yogalehrer, Musiker und Gegner von vielen politischen Entscheidungen, Aktivist oder kurz gesagt Staatsfeind Nummer 1. Seine Essensmanieren imponierten mir. Er rülpste, schmatze, schlürfte und stöhnte beim Essen nach Herzenslust und in Lautstärken, wie ich es zuvor noch nie gehört habe. Und dann war da noch Craig, ein alter 76jähriger ehemaliger Rugbyspieler und Poetryslamer mit schmerzenden Knien. Er hat 4 Kinder, wurde aber von seiner Frau verlassen, da diese mit seinem besten Freund durchbrannte. Er floh vor Liebeskummer und ging dann für mehrere Jahre nach Japan und führte dort eine Bar. Lernte eine Japanerin kennen und bekam noch eine Tochter, die heute 21 ist und mit ihrer Mutter noch in Japan wohnt. Er verdiente im Monat bis zu 20000Dollar. Hatte davon aber nicht viel übrig, da er seine 4 Kinder und seine Ex-Frau finanzierte und ansonsten auch viel verjodelte. Er ist ausgebildeter Handwerksmeister und hält sich mit nen paar Jobs heute noch über Wasser. Gerade baut er sich einen alten Linienbus aus, welcher sein neues Zuhause werden wird. Dann war da noch Phil, ein circa 50jähriger Informatiker, der nur für 2 Monate dort lebte und seinen buddhistischen Pfad durch Gespräche mit seinem Lehrer, dem dort lebenden Mönch, klarer werden lassen wollte. Er lachte viel und laut. Sein Lachen entsprang dabei aus den Untiefen seines Bauches und war beim Austritt aus seiner Mundhöhle einem kleinen Erdbeben gleich und versetzte die neuseeländisch dünnen Wände und Böden in leichte Wallungen. Laetitia war eine junge Französin, die sich ne Auszeit nahm und ihre ehemaligen Mannschaftskameradinnen der französischen Nationalelf bei der Rugby-WM in Neuseeland unterstütze. Mit ihr schleppte ich neue riesige Kühlschränke, die sich das Zentrum in dieser Zeit zulegten. Ich beneidete sie für ihren durch Leichtigkeit geprägten Umgang mit ihrem ebenfalls spärlichen Englisch. Und dann kamen in der letzten Woche noch ein französisches Pärchen, welches sich 3 Jahre frei nimmt, zuvor in Kanada gearbeitet hatte und nun mit einem Bus Neuseeland bereisen möchte. Und dann war da noch Rinjin, der Übersetzter und Englischlehrer für den Mönch. Er kam aus Tibet und seine Eltern zahlten ihn, als er 12 war, die Flucht nach Indien. Sie dauerte 20 Tage an und führte über hohe Berge und tiefen Schnee. Er erzählte, dass auf dem Weg auch Menschen starben und dies normal sei.

In der Zeit dort genoss ich die Gespräche mit den Bewohnern und besuchte sonst die Puja’s und las viel in der Bibliothek… sie hatten auch n paar deutsche Bücher dort. Die Verabschiedung war dann total herzlich und die Direktorin des Zentrums und ihr Mann, welche auch eine kurze Zeit da waren, luden mich dann noch zu Ihnen nach Hause ein, welches in Kerikeri liegt. Wohl ein schöner Ort im hohen Norden. Vielleicht werde ich sie dann im April dort noch besuchen.

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