Veröffentlicht: 18.05.2017
Es ist 7:45 Uhr. Tobias, Sabrina und ich sitzen verschlafen mit gepackten Rucksäcken am Busterminal in La Paz. In 15 Minuten soll uns ein Bus nach Copacabana zum Titicacasee bringen.
Vor vier Tagen sind wir nach einer zehnstündigen Busfahrt in La Paz angekommen, dem höchstgelegenen Regierungssitz der Welt. Der erste Eindruck der Stadt war erschreckend hässlich, das Hostel ganz schön. Wir haben hier in den letzten Tagen viel Zeit verbracht, Tischtennis und Billiard gespielt. La Paz hat abgesehen von den vielen Touren, die außerhalb der Stadt stattfinden, nicht viel zu bieten. Ein Meer aus unfertigen hässlichen Häuserkonstruktionen und jede Menge Märkte. Das Leben findet hier auf der Straße statt, einen gut sortierten Supermarkt sucht man vergeblich. Es gibt Tourimärkte mit haufenweise bunten Souvenirs, Hexenmärkte mit Kräutern und toten Lamaföten an der Decke, Kleider-, Essens- und Utensilienmärkte. Das Highlight des Märktedaseins bildet der Sonntagsmarkt in El Alto als größter Markt der Welt. Für drei Bolivianos sind wir nach 45 Minuten in der Schlange stehen mit der Gondel zum Gipfel der Stadt und zum Eingang des Riesenmarktes gefahren. Tatsächlich ist der Markt wenig touristisch. Man findet hier alles. Wir sind ein paar Stunden über den Markt flaniert, haben uns das außergewöhnliche Spektakel angeschaut, haben in einem kleinen Zelt auf Bierkästen sitzend Hähnchen, Gemüse und Nudeln mit der Hand gegessen und uns anschließend durch riesige Kleiderhaufen gewühlt.
Es geht los. Wir bezahlen noch schnell das obligatorische Ticket, um den Terminal benutzen zu dürfen, und steigen in den Bus. Nach ein paar Stunden kommen wir im recht übersichtlichen und staubigen Copacabana an. Wir kaufen uns die Tickets fürs Boot, um zur "Isla del Sol" zu gelangen und sichern uns nach einem netten Smalltalk mit dem Verkäufer auch direkt die Unterkunft auf der Insel. Die Fahrt zur Insel zieht sich. Wie Hühner auf der Stange sitzen wir alle nebeneinander auf dem Dach des Bootes, die Sonne lacht aggressiv, der Wind flüstert kühl und die Aussicht ist unglaublich. Nach eineinhalb Stunden kommen wir endlich im Süden der Insel an. Vom Boot geklettert geht der Touriwahn wieder los. Noch bevor wir uns orientiert haben werden wir von Hostelbesitzern, Eselvermietern und souvenirverkaufenden Kindern umworben. Zum Glück finden wir schnell unseren Kontaktmann. Wir steigen, wie alle hier, schweren Atems die steilen Inkatreppen hoch, vorbei an bunten Souvenirständen, verkaufsgeilen Kindern, Eseln, Schafen und genervten Einheimischen. In den Gesichtern der Bolivianer spiegeln sich gemischte Gefühle wieder. Einerseits brauchen sie die Touris, um ihr Geld zu verdienen, andererseits verabscheuen sie die hochnäsige Selbstverständlichkeit mit der allgemeine Touri hier umherstolziert. Unser Hostel ist ok. Die Aussicht ist wunderschön, die Räume kahl und das Bad kalt. Wir bringen unsere Rucksäcke ins Zimmer und machen uns auf Entdeckungstour. Die Luft ist dünn, wir kommen nur langsam voran, uns ist kalt. Doch der Aufstieg lohnt sich. Wir spazieren bis zum Sonnenuntergang über den Rücken der Insel, genießen die Aussicht und bewundern die Einfachheit mit der die Menschen hier in starker Zusammenarbeit ihrer Nutztiere leben. Zum Abendessen suchen wir uns ein Restaurant. Das Menü ist immer das Gleiche: Suppe, in der Regel Quinoa, danach Reis, zwei Kartoffeln, ein bisschen Gemüse und Hähnchen. Gesättigt stolpern wir durch die Dunkelheit zurück zum Hostel. Wir ziehen uns sehr dick an, setzen uns noch ein paar Minuten auf die Terrasse, um die Sterne zu bewundern und den Tag Revue passieren zu lassen und legen uns dann ins eiskalte Bett.