Amman'na teach'n'read
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Woche 1: „War on Peace“ und der erste Eindruck

Veröffentlicht: 04.11.2018

Das erste Buch mag überraschend erscheinen, es ist „War on Peace“ von Ronan Farrow aus diesem Jahr (deutscher Titel: „Das Ende der Diplomatie“). Aber es beginnt in Amman. In der Nähe der US-amerikanischen Botschaft. Auch meine Zeit, über die ich berichten möchte, beginnt in Amman. In der Nähe der US-amerikanischen Botschaft.

Ronan Farrow bezeichnet die Gegend, in der ich nun die nächsten Wochen leben werde, als „posh“ (2018, S. 12). Mit diesem Bild im Hinterkopf bin ich nun in Amman angekommen. Ich bin jedoch abends gegen 20:00 Uhr Ortszeit gelandet, wo es um diese Jahreszeit schon dunkel ist. Orte haben in der Dunkelheit ihre ganz eigene Magie, aber durch das mangelnde Licht wird der erste Eindruck, den man von ihnen gewinnt, verzerrt.

Ich werde mich ewig an einen Besuch bei einer Freundin in der Nähe von Halle erinnern (Grüße an Maria an dieser Stelle), der zu einem ähnlichen Sonnenstand stattgefunden hat. Sie hat uns abends vom Bahnhof abgeholt und wir sind durch die dunkle Landschaft gefahren. Diese ist rundherum von aufblitzenden roten Punkten sekündlich erleuchtet worden. Es hat auf mich wie eine Alien-Invasion, wie sie in Filmen dargestellt wird, gewirkt. Am nächsten Morgen dann die ernüchternde Erkenntnis: Man ist durch eine Landschaft mit unzähligen Windkraftanlagen gefahren. Die Umgebung ist deutlich nüchterner und weniger spannend gewesen – und hat dementsprechend einiges an Magie eingebüßt.


Zurück in die Ferne. Als wir über Israel geflogen sind, bin ich erstaunt gewesen, wie hell erleuchtet dies ist – es ist mir vorgekommen, als ob es unfassbar dicht besiedelt sei, da jeder Quadratzentimeter beleuchtet erschienen ist. Ob dem wirklich so ist, vermag ich aber nicht zu sagen, vielleicht sind wir auch einfach direkt über Tel Aviv geflogen, so genau war die Anzeige im Flugzeug leider nicht.

Auch Amman hat seinen ersten Eindruck auf mich nicht besonders gestalten können, für mich hat bei der Taxifahrt vom Flughafen alles ausgesehen wie bei einer typischen südländischen Stadt. Hätte man mich mit verbundenen Augen in einen Flieger gesetzt und mir erst im Taxi die Augenbinde abgenommen, hätte ich nur anhand der vorherrschenden Aufschriften erkannt, dass ich mich in einem arabischsprachigen Land befinde und nicht bspw. in Spanien (wobei meine Kenntnisse von Spanien bei Nacht auch eher oberflächlich sind). Was mir aufgefallen ist, sind die vielen heruntergekommen wirkenden Lastwagen und Transporter – wohingegen die PKWs nicht besonders anders ausgesehen haben, als ich es kenne. Ich bin gespannt, in welcher Art sich dieser erste Eindruck in den nächsten Wochen noch revidieren wird.


Die Beschreibung meines zukünftigen Wohnviertels als „posh“ habe ich jedoch bei einer ersten Durchfahrt nachvollziehen können: Je näher wir laut der Google Maps-Anzeige des Handys des Taxifahrers der Wohnung gekommen sind, umso schicker und gepflegter sind die Häuser geworden.

Nun, mittlerweile bei Tageslicht besehen, kann ich das mehr als bestätigen. Abdoun, so heißt das Stadtviertel, ist übersät von Botschaften, weswegen wohl auch viele Diplomaten hier wohnen. Auch die Tochter von Saddam soll hier um die Ecke ein Haus haben. Es gibt hier viele wunderschöne Häuser, modern verwinkelt und zum Teil mit Glaselementen oder Bepflanzungen ausgestaltet, aber sie haben alle die gleiche Farbe: Wäre man boshaft, könnte man es als „greige“ bezeichnen, die Standardfarbe des deutschen Touristen im Ausland: ein heller Braun-Grau-Ton („greige“ als Kunstwort aus „grau“ und „beige“). Aber es passt eher die Häuser wohlwollend zu beschreiben: Sie haben vielmehr die Farbe des Sandes der Wüste. Eine Farbe, die auch bei starker Sonneneinstrahlung nicht verbleicht und die auch von Regen nicht verwaschen werden kann. Eine Farbe, die einen guten Kontrast zu Jasminblüten bildet, die über einer Mauer wachsen.

Je weiter man sich Downtown nähert, umso mehr gleicht sich auch die Form der Häuser: Wüstenfarbene Kästen mit einer regelmäßigen Anzahl an Fenstern. Das ist, wodurch sich Abdoun hervorhebt: Zumindest anhand ihrer Form kann man die Häuser voneinander unterscheiden und ihr Besitzer kann seine Individualität zeigen.


So viel zu meinem ersten Eindruck von Amman, zurück zum Buch: Noch habe ich vergleichsweise viel Zeit zum Lesen, da mich mein noch nicht funktionierendes Internet überwiegend ans Haus kettet (und die Tatsache, dass die Schule für mich noch nicht angefangen hat). Eigentlich habe ich einen guten Orientierungssinn und auch kein Problem damit, mich in fremden Städten zu bewegen, aber im Notfall nicht um Hilfe fragen zu können, verunsichert mich: Ich kann mein Handy nicht fragen, da ich kein Internet habe, und kann mich nicht darauf verlassen, jemanden auf der Straße zu fragen, da meine Arabischkenntnisse weniger als rudimentär sind und man sich nicht zu 100 % darauf verlassen kann, dass sein Gegenüber Englisch spricht (wenn es doch bisher in den meisten Fällen zutreffend gewesen ist). Aber zum Thema Sprache werde ich mich voraussichtlich noch einmal äußern.

Also sitze ich noch viel in der Wohnung und lese. Übrigens auf einem E-Book-Reader, weil ich auch schon so, ohne meinen halben Bücherschrank mitzuschleppen, wie ich das gerne getan hätte, auf dem Hinflug Übergepäck hatte. Bislang ist Farrows Buch recht empfehlenswert, es stellt einen Abriss der amerikanischen Diplomatie-Geschichte dar, der Autor hat sich mit unfassbar vielen Menschen unterhalten, kann auf reiche eigene Erfahrungen zurückgreifen und liefert dabei interessante Einblicke und Erkenntnisse: So überträgt er die englische Floskel „If you break it, you own it.“ auf den Umgang der USA mit dem Irak (vgl. 2018, S. 49), sieht den Untergang der Diplomatie auch in der zunehmenden Verbreitung von Technik begründet (Wozu benötigt man einen Überbringer einer Nachricht, wenn man eine Mail schreiben kann? ibd., S. 37 f.) und stellt interessante Parallelen zu Orwells „1984“ her, wenn er darlegt, wie schnell sich diplomatische Beziehungen um 180 ° wenden können (ibd., S. 157) – und ich bin erst auf S. 163 von 1179. Also auch hier nur die Darlegung eines ersten Eindrucks.

Ob es mit diesem Buch im nächsten Blogeintrag weitergehen wird, wird sich zeigen; ich habe auf jeden Fall noch einiges zu lesen.

Antworten (1)

Rebekka
Ich bin die Erste, die kommentiert!!!! Und ganz aufgeregt, auch mal einem Blog folgen zu können. Schreib fleißig und bebildere schön! Mich freut es auf jeden Fall :)

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