Reisefieber - Alltag ade
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Ayacucho: Semana Santa in den Bergen

Veröffentlicht: 03.05.2019

Wir hatten uns dafür entschieden, einige Tage der Osterwoche (Semana Santa) in Ayacucho (auf 2761m umgeben von Bergen) zu verbringen. Dies ist eine Stadt im zentralen Hochland, die für ihre Osterfeierlichkeiten weltbekannt ist (die größte Semana Santa weltweit nach Sevilla). Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen, wenn wir schon zu dieser Zeit in Peru sind. Obwohl die Osterwoche natürlich primär ein katholisches Ereignis ist, mit vielen christlichen Prozessionen und Veranstaltungen in den Kirchen, hat Ayacucho in dieser Zeit noch mehr zu bieten: viele Kunsthandwerksmärkte, zahlreiche bunte Straßenstände, Umzüge mit traditionellen Tänzen und Musik .

Außerdem war für uns bei dieser Station besonders, dass wir nicht in einem Hotel übernachteten sondern bei der Familie unseres Freundes aus Lima, eine Art Homestay also (Hotels sind bei den vielen Besuchern aus ganz Peru und international schon lange vorher ausgebucht). Die Mutti unseres Freundes holte uns vom Busbahnhof ab, nachdem wir früh am morgen mit dem Nachtbus aus Ica ankamen. Der Empfang war herzlich und wir lernten auch einen Teil der restlichen Familie kennen, unter anderem auch die Großeltern, die fast nur Quechua sprechen (die ursprüngliche Sprache der Inkas und heute noch vieler Menschen im Hochland).

Nach der Ankunft fuhren wir als erstes hoch auf einen Berg zu einem Aussichtspunkt von Ayacucho. Hier war der Straßenmarkt schon in vollem Gange und wir stöberten uns durch die vielen kleinen Straßenstände und probierten alles Neue und Unbekannte, z.B. kleine Maispuffer (die in großen Säcken verkauft werden), verschiedenes Obst, Puka Picante (Kartoffeln und Fleisch in roter Soße gekocht), Chicha morada (Saft aus lilanem Mais) und vieles mehr. Uns fiel gleich der Kontrast zu Lima und Ica auf: hier war alles sehr traditionell im Vergleich zu den eher modernen Städten an der Küste. Wir sahen viele Frauen in traditioneller Kleidung mit buntem Rock, Spitzenbluse und dem typischen Hut und viele Kinder wurden in dem für das Hochland typischen bunten Tragetuch getragen. Danach liefen wir mit schönem Blick auf die Stadt bergab zum Hauptplatz (Plaza de Armas). An diesem schmucken Platz tummelten sich schon viele Leute und auch wir besuchten ein paar der Handwerksmärkte in den angrenzenden Höfen. Anschließend bestiegen wir noch die Türme der großen Kathedrale am Platz. Ayacucho ist auch bekannt als die Stadt der 33 Kirchen und tatsächlich schauen überall die Türmchen der kleinen rustikalen Kirchen im spanischen Stil zwischen den Häusern hervor. Am Abend gönnten wir uns im Restaurant Via Via mit schöner Terrasse und Ausblick auf den Hauptplatz ein leckeres Essen und probierten das erste Mal Alpaka-Fleisch. Lecker, das hat Wiederholungsbedarf!

Nach dem umfangreichen und sättigenden Frühstück bei uns in der Unterkunft (typisches Brot, Quinua-Getränk, frische Soja-Milch, frittierte Kochbananen, Avocado, Ei, Papaya-Saft, verschiedene Kartoffeln, Käse usw.) brachen wir wieder zur Plaza de Armas - den Hauptplatz - auf.

Die Touristeninfo konnte uns nicht so richtig weiterhelfen, als wir fragten, ob es irgendeinen Plan gibt, wann welche Veranstaltungen in der Stadt zur Semana Santa stadtfinden. Der Platz war gerammelt voll mit Menschen, die größtenteils rote T-Shirts trugen. Heute sollte der Pascua Torro (der Osterstier) durch die Straßen laufen, ähnlich wie man es aus Pamblona in Spanien kennt. Wir waren uns nicht ganz sicher, ob wir lieber einen Bogen um dieses Ereignis machen wollten, oder ob man es sich mal anschaut. Nachdem wir ca. eine halbe Stunde dort gewartet haben und niemand zu wissen schien, wann es losgeht, entschieden wir uns der Menschenmenge etwas zu entfliehen und weiter durch den Boulevard und die kleinen Straßen Ayacuchos zu schlendern. Hier gingen wir wieder unser Hauptbeschäftigung nach: Essen und alles an den Straßenständen probieren, was interessant aussieht. Es gab Rocoto rellena (kleine schärfliche Paprika gefüllt mit Käse und Gehacktem), Maracuja-Limonade, Chorizo, wieder andere Kartoffelsorten (es gibt über 3000 in Peru), exotische Eissorten wie Cherimoya und vieles mehr. Immer wieder begegneten uns kleine Blaskapellen und singende Menschen in traditionellen Kleidern. Hier war Ostern deutlich fröhlicher, als wir es uns bei dem tiefkatholischen Glauben vorgestellt hatten. In der Nacht vom Samstag zu Sonntag sollte eigentlich die Hauptprozession als Highlight für Gläubige der der Semana Santa stattfinden. Wir entschieden uns dann jedoch gegen dieses Spektakel, da die Prozession von zwei Uhr morgens bis fünf Uhr morgens gehen sollte und die Messe in Quechua abgehalten wurde. Außerdem wurden es uns langsam zu viele Menschen, von denen durch die feucht fröhliche Feierlaune schon viele betrunken waren.

Am Ostersonntag hatten wir in einem Flyer von einer Show mit traditionellen Pferden und einem Pferderennen in einem Stadion erfahren und dachten uns, dass das mal etwas anderes wäre. Mit deutscher Pünktlichkeit nahmen wir neben zwei älteren Omis in traditioneller Kleidung auf den Rängen im Stadion Platz und durften dann zwei Stunden warten, bis es dann wirklich endlich mit einer Tanzaufführung und dem Pferderennen losging. Da unsere Geduld zwischen den vielen Menschen etwas strapaziert wurde, aßen wir anschließend an den Ständen Pachamanca (ein Festessen, bei dem Fleisch und Kartoffeln gut gewürzt in Soße im Erdofen gekocht werden). Der anfänglich etwas befremdliche Anblick verflog schnell bei dem köstlichen Geschmack.

Da wir noch etwas Kultur mitnehmen wollten, entschieden wir uns noch einen Abstecher zum Museum der Erinnerung zu machen, dass aber dann doch leider geschlossen hatte. Ayacucho hatte in den 80er und 90er Jahren schwere Zeiten erlebt, da die Terrorgruppe Sendero Luminoso (der leuchtende Pfad) die Region mit Gewalt und Schrecken fest im Griff hatte und das ländlich geprägte Ayacucho über eine längere Zeit fast abgeschottet war vom Rest des Landes. Viele Menschen starben im Zuge dessen und unser Freund Richard erzählte uns, dass auch er als Kind fast täglich tote Menschen sah. Diese Erlebnisse scheinen noch ihre Spuren hinterlassen zu haben und so liegt Ayacucho etwas zurück in der Tourismusbranche im Vergleich zu anderen großen Städten. Dennoch haben wir es nicht bereut, hierher einen Abstecher gemacht zu haben und ein wenig das Leben im Hochland unabhängig von klassischen Touristenströmen kennengelernt zu haben und in den nächsten Jahren wird auch dies sich mehr und mehr herumgesprochen haben.

Diese gewisse Abgeschiedenheit bekamen wir bei dem Versuch, auf dem Landweg nach Cusco zu kommen, zu spüren. Gute Bus-Verbindungen gab es nicht wirklich (nur nachts und die gelten als unsicher) und so arrangierte unsere Gastfamilie ein Auto eines Bekannten, der uns als Taxifahrer bis nach Abancay bringen sollte. Wir waren aber nicht so glücklich, als am nächsten Tag ein kleines Auto samt Frau und Kind vor der Tür stand und unsere Koffer nicht mehr in den schon vollen Kofferraum gingen. Nach ein wenig hin und her und viel Nachdruck, dass wir für die Fahrt ja 600 Soles vereinbart hatten (ähnlich wie auch ein geräumiges Taxi für die Strecke gekostet hätte), blieben dann Frau und Kind doch da und wir fuhren die kurvige Straße über verschieden hohe Pässe Richtung Andahuhaylas. Bis dahin sollten wir jedoch gar nicht erst kommen, da unterwegs die Motorwarnleuchte anzeigte, der Motor sei überhitzt. Der Fahrer stieg seelenruhig aus und kippte allerhand kaltes Flusswasser unter die Motorhaube und schon ging es auch schon weiter. Nachdem wir den dritten Stop dieser Art eingelegt hatten, sah auch der Fahrer ein, dass wir in eine Werkstadt fahren mussten. Aber auch dort bekam man das Problem nicht richtig in Griff und so endete die Geschichte damit, dass wir in dem kleinen Ort Uripa doch noch ein richtiges Taxi arrangierten, um uns bis nach Abancay zu bringen. Unser vorheriger Fahrer, schien jedoch etwas besorgt zu sein, da in dieser Region viele Scharlatane ihr Unwesen treiben und so fotografierte er sich den Ausweis den Taxifahrers ab und initiierte uns, uns regelmäßig zu melden, wo wir seien. Das war ja ein guter Start für noch eine fünfstündige Fahrt mitten durch die Berge. Die Sorge war jedoch unbegründet. Unser neuer Fahrer brachte uns sicher durch wunderschöne Landschaft und über Pässe von mehr als 4000m Höhe nach Abancay. Das war schon ein kleines Abenteuer á la Perú. Am nächsten morgen fuhren wir dann mit dem Bus in die Weltstadt Cusco.

Antworten (1)

Karin
Eure Geschmacksnerven haben ja allerhand Neues angeboten bekommen. Schön, dass ihr bei Richards Familie so freundlich aufgenommen und betreut wurdet. Ich bin froh, dass die Fahrt nicht zu einem größeren Problem für euch geworden ist, wenn das Auto mitten im Hochland nicht hätte weiterfahren können oder ihr bei der Weiterfahrt an den Falschen geraten wäret. Gut, dass wir das alles erst erfahren, wenn ihr es schon überstanden habt. Da habt ihr ein weiteres Mal die Erfahrung gemacht, dass in anderen Ländern nicht alles so selbstverständlich, vertrauenswürdig und organisiert abläuft wie in Deutschland, nicht nur in Kuba. Also immer mit ein bißchen Vorsicht an die Dinge herangehen.

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