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Die vierte Woche

Veröffentlicht: 05.11.2023

Tag 23- 27

In Há Tiên ließen wir es uns gut gehen! Wir lagen öfters am Strand oder schwammen oder guckten uns die Umgebung an.

Scheinbar hat man in Há Tiên ordentlich was vor, weil es ganz viele Gebiete gibt, die bereits Straßen und Bürgersteige haben, aber es fehlen noch die Häuser!

An einem Tag mussten wir ein bisschen planen. Schließlich wollen wir nach Kambodscha rüber und wir haben gelesen, dass man an der Grenze das Visum mit US-Dollar bezahlen muss. Aber wo findet man US$ in einem Land, in dem man als Ausländer in Banken kein inländisches Geld tauschen darf?!

Ivar recherchierte, dass man in Juweliergeschäften tauschen könnte. 

Das erste Geschäft war eine Niete, nannte uns aber eine Adresse, wo wir Geld tauschen könnten. Diese Adresse war ein dunklerer Ramschladen. Der Mann bot uns einen vernünftigen Kurs an. Aber ein komisches Bauchgefühl hatten wir bei ihm trotzdem. "Zum Glück" hatten wir eh nicht genug Dongs dabei und mussten erstmal zur Bank fahren. Auf dem Rückweg versuchten wir es bei noch 2 Juwelieren und wurden dann fündig. 

Wir haben von anderen Reisenden gehört, dass man in Kambodscha nur mit "schönem" Geldscheinen bezahlen könnte: keine Flecken, keine Knicke und nicht zu alt. 

Im Juweliergeschäft begutachteten wir die Dollarnoten sehr genau und schauten auch auf das Wassersiegel und so. Wir waren sehr vertieft und die Besitzerin des Geschäftes wurde langsam ungeduldiger und lauter. Zwar verstanden wir kein Wort, aber der Tonfall, die Melodie des Gesagten und die Blicke ließen wenig Interpretationsspielraum. Das junge Mädchen, das uns bediente, übersetzte nur "sie meint, dass das Geld für Kambodscha okay ist". Sehr diplomatisch!

Wir nahmen das Geld.

Weil es regnete, aßen wir auf der anderen Straßenseite eine Art Milchreis mit Kokosnussmilch. War sehr lecker! 

Anschließend fuhren wir zu einem Berg. Der Ort heißt Núi Đá Dựng. Es gibt viele Höhlen zu besichtigen. Wir liefen einmal drum herum und in jede Höhle einmal rein. Es folgten mehrere Treppenstufen, hoch und runter. Wir badeten im eigenen Schweiß! Schön war es trotzdem!

So viele Treppen!
Ivar trocknet sich in einem kühlen Luftzug

Am 01.11. hatten wir einen letzten Tag in Há Tiên und Vietnam. Im Hotel wurde unsere Wäsche gewaschen und dann zum trocknen draußen an die Straße hingegangen. Gut sichtbar für jede Person, die vorbei kommt. Die Unterhosen und mein BH (in erster Reihe) flatterten im Wind.

Obwohl es warm war, schaffte es das Hotel uns unsere Sachen abends noch leicht nass wiederzugeben! Somit "dekorierten" wir unser Zimmer mit der Wäsche. Naja.

Am frühen Morgen des 02.11. fuhren wir zur Grenze nach Kambodscha. Meine Güte machen mich Grenzen immer nervös! Wir mussten unsere Reisepässe insgesamt 8x vorzeigen: 

Einmal bei dem Typen an der Schranke, um überhaupt auf das Gelände zu kommen. Dann bei dem Typen, der die Papiere unserer Roller checkte. Dann bei dem Typen, der uns den Stempel zur Ausreise gab. Dann bei dem Typen an der Schranke zum Gelände der kambodschanischen Grenzkontrolle. Dann bei dem Typen, der uns gegen 40 US$ pro Person das kambodschanische Visum ausstellte (laut Botschaft soll das Visum nur 35 US$ kosten, aber Ivar hat vor der Reise mir gesagt, ich solle an Grenzen nicht diskutieren). Dann bei dem Typen, der unsere Fingerabdrücke nahm und auch noch ein paar Stempel in den Pass haute. Dann bei dem Typen im Raum namens "Quarantäne", der unsere Körpertemperatur maß (kostete 1 US$, die direkt in die super seriöse Schublade flatterte). Zu letzt noch bei dem Typen, der die Schranke raus aus dem Gelände betätigte. 

Eigentlich ist es ja oft so: man fährt über eine Grenze und erstmal ist es nicht viel anders. Schließlich halten Landesgrenzen Sedimente, Pflanzen oder sonstiges nicht auf. Ein Samenkorn weht auch über einen Zaun rüber.

Wir waren aber überrascht. Nach dem sumpfigen Mekong Delta präsentierte sich Kambodscha mit roter Erde! Richtig rostrot! 

Die Menschen fuhren viel entspannter und es wurde weniger gehubt! Ivar schwärmte von den Straßen, die nicht so willkürlich sind wir in Vietnam (mal Asphalt, dann Buckelpiste, etwas Schotter. Oder wie in Há Tiên: schöne Asphaltstraßen, nur nicht an Kreuzungen! Da war Schotter. Irgendwie haben die es verkackt oder niemand fühlte sich für Kreuzungen zuständig). 

Ivar sollte seine anfängliche Euphorie noch bereuen! 

Salzwiesen

Wir fuhren an Salzwiesen vorbei und dann sahen wir es. Mitten in der Landschaft. Etwas, was wir schon lange nicht mehr gesehen haben. Es offenbarte uns mit all seiner Schönheit! Die langen Linien, die sanften Biegungen, die leicht erhabene Präsenz: Ein Deich!

Diesen fuhren wir bis nach Kampot. Leider war alles Schotter kombiniert mit roter Erde. 

Rote Schotterstraße 

Mit feinem roten Staub bedeckt kamen wir in Kampot an. 

Kolonialbauten in Kampot

Nachdem wir unser Zimmer im Hostel bezogen und geduscht haben, aßen wir etwas.

Da Kambodscha etwas internationaler ist, gibt es hier Pizza und so. In der Pizzeria vielen uns 7 Männer auf. Weiß, grauhaarig, ab 55 Jahre aufwärts. Manche mit einem breitkrempigen, speckigen Lederhut, die verbliebenen langen Haare zum Zopf, manche einfach nur in Shirt und Shorts oder auch nur Shorts. Ähnliche Kaliber fuhren an der Pizzeria vorbei. Was ist hier los???

Ich recherchierte, dass man in Kambodscha leicht ein Visum bekommen kann, weswegen gerne Rentner her kommen. Verständlich. Schön warm, gutes Essen, nur das Gesundheitssystem ist so naja. Eine Freundin aus Deutschland, Isabelle, die schon einmal in Kambodscha war, hatte noch eine andere Idee.

Wir besorgten uns neue SIM-Karten und chillten danach ein bisschen im Hostel. Abends aßen wir in einem der Garküchen. 

Eine Durian (eine Frucht) als Statue in einem Kreisverkehr 

Wir liefen an Bars vorbei und nun erkannten wir, warum die weißen, älteren, grauhaarigen Männer vielleicht auch noch hier sind (und bestätigte die Idee von Isabelle): Sextourismus. Die weißen, älteren, grauhaarigen Männer saßen in Bars mit den jungen kambodschanischen Frauen. Zum Glück sahen die Frauen auch wirklich aus wie Frauen und nicht wie junge Mädchen, die vielleicht auch U18 sein könnten. Ein bisschen ekelt mich das ganze an.

Wir wohnen im "Sweet Pepper" Hostel. Es gibt hier eine Bar. Eines Abends kamen wir wieder und die Bar war gut besucht mit weißen, älteren, grauhaarigen Männern. Wir gingen auf unser Zimmer. Ivar meinte "Ich glaube, wir sind im Zentrum des alten Männertreffs!" Super.

Kambodscha ist noch ein Land in Entwicklung und besonders die Frauen sind bekannt für ihre Schönheit. Für uns Europäer und US-Amerikaner ist es hier günstig. Somit auch die kambodschanischen Frauen, die mit dem ältesten Gewerbe der Welt ihre Familie ernähren. Oder sich eine bessere Zukunft außerhalb von Kambodscha erträumen.

Am 4.11. fuhren wir mit den Rollern in den Bokor Nationalpark im Elefantengebirge. Auf dem Weg dorthin durften wir die ersten Affen auf unserer Reise bestaunen! In dem 1580km2 großen Nationalpark gibt es wohl die größte Population an wilde Elefanten in Kambodscha. Es soll auch Tiger, Bären, Gibbon-Affe und über 250 verschiedene Vögel geben! 

Das Eingangstor
Das königliche Anwesen 

Einst florierte die Gegend. Es gab viele Häuser, Hotels, ein Krankenhaus, eine katholische Kirche und einen chinesischen als auch einen buddhistischen Tempel. Zeitzeugen berichten, dass die Straßen nie leer waren.

Jetzt wird es etwas ernst und wir tauchen ein bisschen in die Geschichte Kambodschas ab (aber nur oberflächlich. Kein Tauchgang, eher ein schnorcheln). Denn das Land erlebte einen Bürgerkrieg und der Bokor Berg wurde sich selbst überlassen. Die rote Khmer erlangten 1975 die Macht und wollten einen Bauernstaat errichten. Es gab kam zu Zwangsumsiedlungen der städtischen Bevölkerung aufs Land, zum arbeiten. Es entstanden Geisterstädte. 12-Stunden Arbeitstage waren normal. Alle Intellektuellen des Landes, Minderheiten und solche die man dafür hielt wurden hingerichtet, einschließlich deren Ehepartnern und Kindern. Wer nicht zu den Intellektuellen gehörte, musste hart arbeiten. Da es keine Ärzte mehr gab, die Infrastruktur schlecht war, starben viele an Krankheiten und Mangelernährung. Je nach Quelle wird von 1,6- 2,2 Millionen Tote ausgegangen. Das waren etwa 30% der Bevölkerung. Ein Genozid. 

Diese Schreckensherrschaft ging bis 1978. Die letzten roten Khmer versteckten sich im Elefantengebirge, am Bokor Berg. 

Es gibt Einschusslöcher, als stumme Zeitzeugen der grausigen Geschichte.

Die Stadt auf dem Bokor Berg verschwand wieder aus dem täglichen Leben. Die kambodschanische Bevölkerung hatte nach dem Regime der roten Khmer wahrscheinlich wichtigeres zu tun.

Die Straße zur Stadt hoch verfiel und wurde irgendwann nur noch für Geländefahrzeuge befahrbar. 

Mittlerweile gibt es wieder eine gute Straße und man kann die Ruinen mit dem Roller besichtigen. Da hin und wieder eine Wolke vorbeizieht, bekommt das Ganze einen mysteriösen aber auch gruseligen Touch, wenn man an die Geschichte des Ortes denkt. 

Die katholische Kirche 
Einschussloch in der Kirche

Wir liefen an den einzelnen Gebäuden herum und gingen auch in manche hinein. Scheinbar finden hier auch Parties statt, da man auf viele Flaschen Alkohol und Kartons mit Essensresten stößt. 

Zur Abenddämmerung fahren wir wieder runter nach Kampot. 



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