Veröffentlicht: 03.11.2024
Ich bin ein fleißiger Teetrinker und Grüner Tee ist quasi mein Standardgetränk. Hier in Hangzhou befindet sich ein berühmtes Anbaugebiet, was mich sogleich das Teemuseum als Ziel ins Auge fassen lässt. Meine Frau gibt schnell das Teemuseum in die App ein, um ein Taxi zu bestellen. Ich verfolge gern mit meinem Smartphone die Tour einer Taxifahrt und jetzt an der Kreuzung westlich des Westsees biegt es rechts in die Berge ab, während das Teemuseum links liegt. Meine Verwunderung diskutiere ich mit meiner Frau und beim Vergleich unserer Karten auf dem Smartphone stellt sich heraus, dass sie ein anderes Teemuseum als Fahrziel ausgewählt hat. Ok, das Schicksal wollte es so und wir steigen nach der Ankunft über eine Treppe den Hang empor. Weiter oben sind Ausstellungshallen in verschiedenen Pavillons verteilt. Ausführlich wird die Besonderheit der Aufbereitung der Teeblätter für die jeweiligen Sorten und Regionen in China anschaulich vorgestellt. Der regionale Tee ist der 西湖龙井 "Xi Hu Long Jing", also der Westsee Longjing Tee. Die Herstellung gehört seit 2008 zum nationalen immateriellen Kulturerbe von China. Die Teeproduzenten haben in jahrhundertelangen Experimenten eine Reihe unverwechselbarer Verarbeitungstechniken der Teeblätter beim Pflücken, Schütteln, Klopfen, Strecken, Pressen, Drücken, Wenden, Werfen, Reiben und Komprimieren entwickelt, wodurch sich der Westsee Longjing durch seine flache Form, zartgrüne Farbe, seinen hellen Teeaufguss, sein vollmundiges, kastanien- oder sojamilchartiges Aroma und seinen milden Geschmack auszeichnet. Diese Eigenschaften haben ihm den Titel „Königin des Grüntees“ eingebracht. Hinter den Austellungshallen befindet sich ein Wald mit Felsen und kleinen Pavillons, aber leider keine Plantagen. Deshalb fahren wir jetzt mit dem Taxi zum anderen Teemuseum und durchstreifen zunächst die dortigen Teeplantagen. Das trübe Wetter lässt mich beim Fotoschießen verzweifeln, außerdem entdecke ich keine Plantagenarbeiter, weshalb meine Frau und meine Schwiegermutter für das Foto in die Sträucher müssen. Seitlich des Museums ist eine fröhliche Statue von Lu Yu, der von ca. 733 bis 804 lebte, aufgestellt. Er schrieb während der Tang-Dynastie das weltweit erste umfassende Buch über Tee: 茶经 (Cha Jing), einem klassisches Werk zum Tee. Darin verbindet er das Teetrinken mit sozialen Normen und traditioneller Moral. Auch hat er den Begriff 茶 (Cha, chinesisches Wort für Tee) zur Verwendung bei Tee geprägt. Wir gehen in das Museum hinein, wo neben dem Grünen Tee auch die anderen Teesorten vorgestellt werden. Es gibt in China fast 400 registrierte Teesorten. Während der Tang-Dynastie verbreitete sich das Teetrinken auch in den Norden des Landes. Es gibt übrigens einige Theorien, wie es dazu kam, dass man die Blätter des Teestrauches in heißes Wasser zum Trinken geschmissen hat. Die favorisierte Theorie der Wissenschaft besagt, dass Tee als Medizin gestartet ist. Der berühmte Gelehrte aus der Qing-Dynastie Gu Yanwu schrieb 1695 in seinem Werk die Verbreitung des Teetrinkens der 223 v. Chr. erfolgten Eroberung des Shu-Volksstammes durch die Qin zu, welche das erste chinesische Großreich gründeten. Der Lebenszyklus von Teepflanzen ist sehr lang. Einige Teepflanzen wachsen aus Samenkeimung, andere entwickeln sich nach dem Abschneiden eines kurzen Zweigs. Die Lebensdauer von Teepflanzen kann über 100 Jahre betragen, während die wirtschaftliche Produktionsdauer im Allgemeinen nur 40 bis 60 Jahre beträgt. Im Obergeschoss des Museums ist ein kleines Modellhaus eines Teehauses aufgestellt. Teehäuser entstanden besonders während der Qing-Dynastie über das ganze Land verteilt. Während wir draußen vor dem Museum auf das Taxi warten, entdecke ich doch noch einen Plantagenarbeiter, der gerade die Sträucher verschneidet. Er ist weit hinten in der Teeplantage, so dass ich mein Kamerazoom überstrapazieren muss. Egal, gesehen ist gesehen, so dass ich den Arbeiten am Tee höchstpersönlich beiwohnen durfte.