Veröffentlicht: 01.03.2022
Die Nacht in meinem riesigen Bett war gut. Lustigerweise wenn ich aufwache sehe ich, dass ich maximal die Hälfte benutzt habe. Ich scheine mich also wenigstens nicht durch die Betten zu wälzen. Kleine Betten sind hier ein Zeichen von Schwäche. So wie kleine Portionen beim Essen. Und das Frühstück hier ist eher eine große Portion. Erstaunlich wie günstig das Zimmer im Vergleich war.
Zum ersten Mal auf dieser Fahrt bekomme ich Biscuit und Gravy. Also jeden Morgen wäre das nichts für mich. Was ist schon ziemlich füllend. Statt Obst gibt es Obstsalat aus der Dose. Der einzige Schwachpunkt. Ansonsten ist es hier wirklich ein Erlebnis. Das Essen unter diesen riesigen Pflanzen macht besonders viel her. Ich bleibe auch danach noch ein wenig sitzen und genieße diesen Anblick.
Wie schon erwähnt fahre ich heute auf die alte Route 66. in Teilen ist sie ja noch erhalten und diese Teile möchte ich befahren. Von meinem Quartier sind es nur 15 Minuten. Und obwohl es Richtung Downtown geht ist der Verkehr wirklich überschaubar. Was ein Kontrast zu den bisherigen Großstädten. Ich glaube sogar in Oklahoma City könnte ich es aushalten.
Nachdem ich aus der Stadt raus gefahren bin wird die Straße dann erst zweispurig und dann einspurig. Das Klacken der Reifen wenn man über die alten Betonplatten fährt hat etwas beruhigendes. Fast schon wie im Zug. Das Tempo ist natürlich mäßig. Man fährt eben nicht schnell auf der geschichtsträchtigen Straße. Die Interstate 40, die den alten Highway verkehrstechnisch ersetzt, ist manchmal nur ein paar Meter nebenan und Dort geht es natürlich viel schneller voran. Das ist mein Glück, dann kommen Auto ist auf dieser alten Route.
Während der Fahrt kommt man an vielen geschichtsträchtigen Orten, Motels und Tankstellen vorbei. In El Reno halte ich an. Roberts Grill sieht vollkommen heruntergekommen aus, ist aber seit 1926 offen und damit der älteste Hamburger Laden der Stadt. Zu schade, dass mein Frühstück erst vor kurzem war. Hier wird Geschichte geatmet. Fast 100 Jahre wird hier ein Burger mit gebratenen Zwiebeln verkauft. Eine Institution.
Noch vorhandenen Schneereste zeigen, dass der Winter noch nicht lange vorbei ist. Aber die Temperaturen sind inzwischen deutlich am Klettern und tagsüber werden es locker über 20°. Nach einem kurzen Spaziergang in Downtown El Reno fahre ich weiter.
Die nächste Station ist Lucilles Old Gas Station, die natürlich nicht mehr in Betrieb ist. Aber die alten Zapfsäulen sind noch gut erhalten. Und dienen so als quasi kleines Museum für eine längst vergangene Zeit. Lucilles roadhouse gibt es allerdings noch und dort kehre ich zum Lunch ein. Das Essen ist reichlich und schmeckt gut und auch nicht teuer. Wasser zum Essen zu trinken ist völlig üblich und umsonst. Hier wird oft ausschließlich am Essen verdient und die Bedienungen leben vom Trinkgeld. Deshalb sollte man hier auch nicht geizen. 15 % sind Standard, oft darf es auch ein bisschen mehr sein.
Den alten Highway ganz gemütlich runter zu tuckern macht immensen Spaß. Vor allem wenn man es nicht eilig hat. Dann lächelt man über die schnell vor sich hin fahrenden nebenan, wenn der Weg mal wieder nur ein paar Meter entfernt parallel zur Interstate verläuft. Dank Spotify hört man natürlich Roadmusic.
In Clinton gehe ich in das Route 66 Museum. Es ist unglaublich liebevoll eingerichtet und bietet Tausende von memorabilia. Die über 2000 Meilen lange Strecke von Chicago nach Los Angeles war die erste staatenverbindende durchgehende Straße. Und das vor fast 100 Jahren. In der Ausstellung wird gezeigt wie sich das Leben mit der Route 66 verändert hat und wie sie aus dem amerikanischen Alltag verschwunden ist. Heute ist sie eine geliebte Tradition vor allem von Bikern. Denen scheint es aber heute noch zu früh im Jahr zu sein.
Ganz gemütlich komme ich dann in einem der zahlreichen alten Motels, dem Flamingo Inn in Elk City zum übernachten an. Das Zimmer ist sauber, bis auf die Ausstattung mit TV, Mikrowelle und Kühlschrank auch relativ altmodisch und unglaublich günstig. 42 €, der absolut niedrigste Preis bisher. Und dafür wohnt man immerhin mitten in der amerikanischen Geschichte.
„Get your kicks on Route 66.“