Veröffentlicht: 31.01.2022
Liebes Reisetagebuch,
auch wenn Bilder und Berichte oft einen Katalogurlaub suggerieren, läuft nicht immer alles glatt. In Hostelrunden tauschten sich die Gäste oft über Reisemöglichkeiten aus. Tipps und Themen wie die merkwürdige Visavergabe - mal sieben Tage oder wie in meinem Fall sechs Monate - dienten dazu, das Eis zu brechen. Gewöhnlich ging man im weiteren Gesprächsverlauf dazu über, die unschönen Seiten des Reisens zu beleuchten: Lebensmittelvergiftungen, Touristenfallen oder auch Überfälle. Meistens tendierten diese Berichte zu Übertreibungen. In den vergangenen Wochen blieb ich von alldem verschont.
Das sollte sich am vergangenen Donnerstag ändern. Abends zog ich gerne noch einmal durch die Straßen, an diesem Tag durch den als sicher und ungefährlich beschriebenen, gutbürgerlichen Vergnügungs- und Ausgehdistrikt von Mexiko Stadt.
Plötzlich hielt ein Polizeiwagen und zwei Wachleute stiegen aus, um mich nach meinen Daten und wie lange ich reise zu befragen. Ich war nervös, denn über die mexikanische Polizei kursierten wenig schmeichelhafte Geschichten. Was folgte, war die Frage nach einer Drogendurchsungung. Die Polizisten inspizierten meine Taschen, besonders interessierte sie mein Portemonnaie. Dabei tauschten sie sich untereinander in spanisch aus.
Am Ende folgte dann, was ich bereits befürchtet hatte. Mit Verweis auf die Maskenpflicht erklärte mir der Wachtmeister, dass er mich wegen Missachtung für 24 Stunden unter Arrest nehmen müsse. Eine ähnliche Geschichte war anderen Hostelgästen widerfahren, mit dem Ergebnis, dass ein ziemlicher Geldbetrag herausgepresst wurde.
In meiner Situation war ich zuerst perplex, dann murmelte ich laut: "Bullshit", drehte mich um und ging weiter. Als man mir nachrief: "Sir?!", erklärte ich, während ich mich weiter entfernte, dass ich die Sprache nicht verstehe. Unglaublich, die Polizei!! Als mir das Auto folgte, wartete ich bei einem Restaurant inmitten der Gäste und orderte mir ein Taxi.
Tja, liebes Tagebuch, die Schattenseiten des Reisens möchte ich nicht verschweigen, jedoch auch nicht übertrieben dramatisieren oder herunterspielen.
Trotz dieser unschöne Begegnung überwogen auch in den vergangenen Tagen ganz klar die positiven Seiten. Am Freitag traf ich Andy wieder, mit dem ich über den Jahreswechsel gemeinsam gereist war. Samstag gab es dann noch ein Wiedersehen mit Oscar, den ich ebenso aus Puerto Vallarta kannte, in einem hippen Club. Auch wenn die Party so gar nicht nach meinem Geschmack war: größtenteils us-amerikanische Auswanderer auf Zeit, wahnsinnig überteuerte Getränkepreise und das Bier war ausverkauft. Wir hielten uns gezwungenermaßen an Tequila und Mezcal. Die Halbschattenseiten des Reisens.
Im Anschluss zogen wir mit der bunten Truppe noch in eine andere Bar. Als vermeintlich lustiges Partyspiel präsentierte der Wirt einen Elekroschocker. Alle hielten sich die Hände und die Spannung wurde nach oben geregelt. Ein Kribbeln durchfuhr unsere Körper. Verkrampfen und die alkoholinduzierte, pubertäre Freude daran, sich gegenseitig zu übertrumpfen sorgten für Kurzweil. Ich gehörte zu den letzten, die durchhielten.
Ich hoffe, diese zwei Reiseanekdoten tragen dazu bei, ein vielschichtiges Bild meiner Begegnungen mit Mexiko zu zeichnen.
Auf bald, mit vielen Urlaubsgrüßen
A.