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9.-11.12.2017: Mehrtageswanderung auf dem Routeburn Track

Veröffentlicht: 15.12.2017

Die 3-tägige Wanderung entlang des Routeburn Tracks, einem der beliebtesten der 9 Great Walks, sollte ein Highlight unserer Neuseelandreise werden, auf dass ich lange hingefiebert habe. Dutzende Postkartenmotive umgeben den Wanderer auf seiner 32 km langen Wanderung durch zwei Nationalparks Neuseelands.

Als es dann endlich soweit war, sehnten wir uns das Ende herbei. Schuld daran war der ausdauernde Regen. Natürlich ist mir bewusst, dass man nicht durchgängig Glück mit dem Wetter haben kann und einige Tracks büßen dadurch auch nichts von ihrer Schönheit ein, andere dagegen lohnen sich ausschließlich bei klarer Sicht - dazu zählt teilweise auch der Routeburn. Denn alles was bei schlechter Sicht bleibt ist ein netter Bushwalk, wie man ihn vielerorts in Neuseeland findet, und eine alpine Passüberquerung, wo man Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert ist. 500 NZD haben wir für die nur mit dem allernötigsten ausgestatteten Hütten sowie den Transfer hingeblättert. Dafür möchte man gern auch etwas sehen, wenn man schon nicht mal mehr auf Komfort in den Hütten hoffen kann, für die man pro Person doppelt so viel als für ein gemütliches Doppelzimmer im Hostel bezahlt.

Ich weiß, meine Einleitung ist alles andere als werbetauglich und ich hoffe, nach diesem Blogeintrag wieder weitaus positiver aus Neuseeland berichten zu können. Bereit für den wohl deprimiertesten Artikel aller Zeiten...?

TAG 1

Die Nacht vor unserer mehrtägigen Wanderung haben wir beide kein Auge zubekommen. Es hat durchweg sintflutartig geregnet, begleitet von Blitz und Donner. Die Geräuschkulisse des eimerweise herunterprasselnden Wassers war so laut, dass es durch meine Oropax drang und von meinen Ohren als Lärmbelästigung eingestuft wurde. Zweimal werfe ich einen Blick auf die Uhr und entsprechend müde reißt uns um 5:00 Uhr morgens der Wecker aus unserem dösigen Zustand. Wir packen das restliche Zeug zusammen und wuchten uns die Rucksäcke auf. Unser Auto parken wir am Department of Conservation (DOC) Besucherzentrum. Um 7:00 Uhr sammelt uns der Shuttlebus ein, holt noch einige Milford-Ausflügler ab und dann geht's los. Frühstück gibt es während der Fahrt und um 8:30 Uhr erreichen wir bei strömenden Regen den uns vertrauten Parkplatz an "The Divide".

Während Erics Laune bereits zu Beginn ihren Tiefstand erreicht, trage ich noch Hoffnung auf Besserung, die ich jedoch bald begrabe. Seit unserem Besuch vor zwei Tagen sind Rinnsale zu Bächen angeschwollen und vor sich hin plätschernde Wasserfälle haben sich in reißende Fluten verwandelt. Gut, dass wir den beliebten Abstecher zum Key Summit schon absolviert haben. So laufen wir bis zur Howden Hut durch, wo wir einen Snack einnehmen und einen Schluck trinken.

Es regnet bis in den späten Vormittag hinein. Der Boden steht unter Wasser, sodass ich bis auf zwei Ausnahmen darauf verzichte, den Rucksack abzusetzen und die darin befindliche Kamera hervorzukramen. Mein in der Regenjacke ruhendes Handy ist dauerbeschlagen, sodass es auch nur für die wirklich schönen Wasserfälle den Weg an die Oberfläche findet - mehr sieht man abgesehen von dem bemoosten Wald, durch den der Track führt, von der Umgebung ohnehin nicht.

Die 174 m hohen Earland Falls, die größten entlang des Tracks und damit ein Highlight, haben sich aufgrund der starken Regenfälle zu einer monströsen Naturgewalt entwickelt. Wir müssen die steile, rutschige Alternativroute entlang klettern, da der offizielle Trail unterspült ist. Ein Mann und seine Kinder haben sich dennoch für den Schönwettertrack entschieden und sind triefend nass geworden. Ich möchte wenigstens einen Blick auf den Wasserfall erhaschen, vom Weg schlägt einem lediglich die Gischt und das Dröhnen des Wassers entgegen. Doch mein "nur mal gucken" hätte ich mir besser gespart. Das Wasser peitscht einem hart ins Gesicht, sodass ich es partout nicht schaffe, die Augen offen zu halten. Binnen 20 Sekunden haben auch meine Regenklamotten ihre Belastungsgrenze erreicht und das Wasser ist von oben in meine Schuhe gelaufen. Prima! Und nicht mal ein Foto nehme ich mit nach Hause. 

Einige Minuten später gibt die dichte Wolkendecke nochmal einen Blick auf die Wasserfälle aus sicherer Entfernung preis, doch bevor ich das Handy hervorkramen kann, ist der Moment schon wieder vorbei. Auch sonst erhaschen wir durch die rasch dahinziehenden, tief hängenden Wolken immer nur kurze Blicke auf das uns umgebende Bergpanorama.

Dann kommt endlich unsere Unterkunft für heute Nacht in Sicht. Sie macht mit ihrem geräumigen, verglasten Gemeinschaftsraum einen sehr einladenden Eindruck - wir sind positiv überrascht. Dummerweise handelt es sich um die Lodge für ausschließlich geführte Wandertouren - unsere Hütte ist ein paar Minuten Fußmarsch davon entfernt. Begeisterung...

Wir schaffen es gerade noch rechtzeitig in die Lake Mackenzie Hut und uns eines der "besseren" Betten im 25-Mann-Zimmer zu sichern; Minuten später schüttet es wieder wie aus Eimern. Alle, die nach uns kommen, sind triefend nass, als wären sie einmal direkt durch die Earland Falls spaziert.

Eric und ich krabbeln zunächst unter einen ausgebreiteten Schlafsack, um uns aufzuwärmen. Als der Regen für 10 Minuten pausiert, nutze ich die Zeit für ein erfrischendes Bad im See, denn Duschen gibt es hier genauso wenig wie Strom oder warmes Leitungswasser. Der Schweinehund ist zu groß, um tatsächlich eine Runde zu schwimmen, aber bis auf Bauch und Rücken schrubbe ich mich zumindest ab, um dann klappernd das Handtuch zu nehmen, welches mein am Ufer wartender Freund, der meinen Ausflug gefilmt hat, für mich bereithält.

Abends unterhält uns der Ranger mit Geschichten wie schlecht bzw. abenteuerlich ausgestattet einige Wanderer den Track absolviert haben. Ein Mädchen zum Beispiel lief im Bikini, ein anderer in Joggingsachen, die im triefenden Regen immer länger wurden, mit nichts weiter als zwei mit unnützen Sachen bestückten Pak'n'Save-Tüten ausgestattet, und ein weiterer sogar barfuß. Letzterer musste schließlich mit einem Helikopter gerettet werden und verbrachte 10 Tage im Krankenhaus. Der Ranger erwähnte leider auch, dass das Wetter in den letzten 4 Wochen durchgehend schön bei Temperaturen zwischen 24 und 29 Grad war. Das hebt ja ungemein die Moral. Da hilft auch nicht, dass die Natur den Regen nach der langen Trockenperiode jetzt dringend braucht. Wenn auch ich die Beeinflussung des Wetters mithilfe von Silberiodid sonst strikt ablehne, hier wäre ich ausnahmsweise als 100%-iger Befürworter aufgetreten. Nach dem Abendessen und einem wärmenden Tee beenden wir den Tag und krabbeln in die Schlafsäcke.

TAG 2

Als der Wecker klingelt, liegt unsere Motivation aufzustehen bei Null, denn wir hören den Regen schwer gegen die Scheibe trommeln. Es spielt auch keine Rolle, zu welcher Tageszeit wir starten, die Vorhersage ist durchgängig schlecht. Nachdem wir missmutig unser Frühstück beendet haben und in die klammen Regensachen geschlüpft sind, brechen wir auf. Dafür dass der Routeburn ein Great Walk ist und der dritte, den ich komplett laufe, ist er unseres Erachtens erstaunlich schlecht instand gesetzt. Der Weg besteht fast zur Gänze aus einem unebenen Steinbett, das bei Nässe zur Rutschpartie wird und über deren hervorstehenden Kanten die müden Füße ein ums andere Mal stolpern. Erics gelegentliches Fluchen ist neben dem Regen das einzige, was meine Ohren vernehmen. 

5 Stunden trennen uns von der Routeburn Falls Hut und bald schon verlassen wir den schützenden Wald und überqueren den Emily Pass. Es geht immer weiter bergauf; anfangs begleitet uns die Sicht auf den Lake Mackenzie zu unserer linken, dann sehen wir praktisch nur noch Nebelschwaden, einige kleine Bergseen, das bewältigen Tal unter uns und den unteren bis mittleren Teil der Berge. Hier und da hören wir die Rufe von Keas, in Neuseeland beheimatete Bergpapageien, zweimal bekommen wir sie sogar zu Gesicht. Am Harris Shelter machen wir eine kurze Mittagspause, um uns aufzuwärmen, denn der kalte Wind hat die Hände in Eiszapfen verwandelt. Doch mit jeder Pause kühlen wir auch immer sehr schnell aus und so drängt Eric zum Aufbruch. 

Ab hier geht es bergab und es wird spürbar wärmer. Das beste aber ist, dass die Schlechtwetterfront an der Spitze des Passes hängengeblieben ist - ihr könnt euch unsere Freude nicht vorstellen, als es endlich aufhört zu regnen und sogar die Sonne herauskommt. Wir sehen die schneebedeckten Bergspitzen und auch der Spaß am Wandern kehrt schlagartig zurück, über den man sogar den schmerzenden Rücken vergisst. Schnell fangen wir in den Regensachen an zu kochen und befestigen sie außen am Rucksack zum Trocknen. Auch die Kamera kommt endlich zum Einsatz; in zwei Stunden schieße ich mehr Fotos als in den letzten 1,5 Tagen. Beschwingt erreichen wir die Routeburn Falls und damit auch unsere Hütte für heute Nacht. Während Eric für die tägliche Katzenwäsche im Bad verschwindet, suche ich nach einer passenden Einstiegsstelle in den Fluss. Hinter dem Helikopterlandeplatz werde ich fündig. Schwimmen kann man hier nicht; die Fließgeschwindigkeit ist hoch, aber für ein kleines Bad im Uferbereich reicht es. Schnell in den Bikini geschlüpft und ab ins eiskalte Wasser. Brrrr. Abends gibt es Makkaroni mit Tomatensauce und die allabendliche Erzählstunde vom und mit dem Ranger im warmen Gemeinschaftsraum. 

TAG 3

Wäre der Regen nicht das erste gewesen, was wir heute nach dem Aufwachen vernehmen, hätten wir richtig Lust auf unseren letzten Wandertag. So aber sind wir einfach nur froh, dass uns lediglich 9 km vom Endpunkt und unserem Shuttlebus trennen. Der Routeburn Track führt heute erneut durch den Wald, über einige Hängebrücken, wobei der türkisfarbene Route Burn River die ganze Zeit präsent ist. Und als der Rucksack zunehmend unangenehm in meine Schulter schneidet und bevor ich deswegen quengelig werden kann, ist es vollbracht. Wir erreichen den Shelter und damit das Ziel. Es folgt das obligatorische Grinsefoto am Routeburn Track Schild. 

Während wir auf den Bus warten, vertilgen wir unser Mittagessen und haben das erste Mal seit Aufbruch vor zwei Tagen mit Sandflies zu kämpfen. Erschöpft lassen wir uns schließlich in die Sitze des Kleinbusses sinken, der uns zunächst nach Queenstown bringt, von wo aus es weiter nach Te Anau geht. Die Strecke von Glenorchy nach Queenstown ist malerisch, doch leider auch kurvenreich, sodass ich sie angesichts des rasanten Fahrstils unseres Fahrers nicht so recht genießen kann und stattdessen mit der Reiseübelkeit zu kämpfen habe.

In Queenstown haben wir noch eine Stunde Aufenthalt, bevor wir vom Shuttlebus eingesammelt werden und nutzen diese für einen kleinen Stadtbummel. Beeilen, um möglichst viel von der Stadt zu sehen, müssen wir uns nicht, denn wir kehren morgen schon hierher zurück. Das erste, was wir in unserem Hostel in Te Anau machen, ist duschen. Darauf haben wir uns die ganze Zeit gefreut. Zum Abendessen gibt es heute nur eine Dosensuppe - Lust zu kochen hat keiner mehr von uns, zumal es auch schon spät ist. Vor uns liegt eine wunderbar erholsame und schnarcherfreie Nacht im Doppelzimmer auf einer bequemen Matratze. Gute Nacht allerseits! 

Antworten (1)

Matthias
Es ist immer wieder sehr erfreulich deine wirklich lebhaft geschriebenen Texte zu lesen. 😁

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