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1.2.2018: Ein wetterverückter Tag

Veröffentlicht: 03.02.2018

Bereits gestern Abend zeigte sich der Himmel unheilverkündend und heute morgen ist es nicht nur sehr windig, sondern regnet noch dazu. Zyklon Fehi gewinnt über den Tag zunehmend an Kraft. Beim Frühstück fragt mich gar jemand, ob ich ihn in 5 Minuten zu seiner Mietwagenfirma fahren könnte, weil er nicht nass werden möchte, aber dafür schlinge ich nicht mein Müsli hinunter und renne in Gammelklamotten zum Auto. Als ich 9:30 Uhr starte und Picton gerade hinter mir gelassen habe, drehe ich (wie schon damals in Westport) um und fahre wutentbrannt zurück - allerdings nicht zur Tankstelle, sondern direkt zu Apex. Statt um 3 km ging die Anzeige der verbleibenden Kilometer um 13 km herunter. Eine junge Frau prüft den Reifendruck. Der linke Vorderreifen hatte wieder etwas zu wenig, aber das Ventil leckt wohl nicht. Sie konsultiert trotzdem einen Mechaniker, der mir sagt, dass alle vier Reifen in Ordnung sind und ich mich von der Anzeige der Reichweite, die lediglich ein grobes Indiz ist, nicht verrückt machen lassen soll. Okay, dann werde ich sie ab jetzt ignorieren und nur noch auf die Tanknadel achten.

An Blenheim bin ich bei meiner ersten Neuseelandreise vorbei gefahren. Heute erübrige ich 30 Minuten meiner Zeit, um mir einen groben Eindruck zu verschaffen. Die meisten Nicht-Einheimischen arbeiten auf den Weinbergen und können Blenheim nicht besonders viel abgewinnen. Tatsächlich gibt es abgesehen von dutzenden Angeboten für Verkostungen auf diversen Weingütern nichts außergewöhnliches, was einen für längere Zeit in der Stadt halten könnte.

Also geht es weiter zum Lake Grassmere, wo eine Salzfabrik betrieben wird. Die Fotos, die online zu finden sind und mich zu dem kleinen Umweg bewegten, stellen sich als nachbearbeitet heraus, denn so unglaublich pink sind die Salinen nun wirklich nicht, allenfalls zartrosa. Da man sich auf dem Gelände der Salzgewinnungsanlage nicht frei bewegen darf, treibt mich der starke Wind nach wenigen Minuten zurück ins Auto.

Mittags halte ich an einem frisch wiedereröffneten, gut besuchten Café, wo es mir beim Aussteigen glatt die Tür aus der Hand reißt und Basecap sowie Sonnenbrille einen halben Meter weit durch die Luft schleudern. Aus dem Sortiment spricht mich nichts sonderlich an, doch weil mein Magen knurrt, entscheide ich mich dann doch für eine Quiche.

Jetzt beginnt der baustellenlastige Teil des erst vor 1,5 Monaten wiedereröffneten SH 1. Die armen Arbeiter klammern sich an ihre Stop & Go Schilder, die einer harten Hand bedürfen um nicht umgerissen zu werden. Die kleinen orangefarbenen Pylonen haben dem Wind noch weniger entgegenzusetzen und liegen mehr als dass sie stehen. Ich lausche währenddessen den Nachrichten, wo vor allem im Süden der Nordinsel und im Norden der Südinsel geraten wird, das Haus nicht zu verlassen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Der Zyklon trifft, wie ich später erfahre, die Westküste besonders stark, wo der gesamte Highway gesperrt wird und dutzende Urlauber in überfluteten Gebieten, wie zum Beispiel Westport, festhängen.

Wehmütig passiere ich auf meinem Weg nach Süden die gesperrte Zufahrtsstraße für meine als sehenswert eingestufte Wanderung zu und durch eine(r) Schlucht und wenige Kilometer vor Kaikoura den als Must-see klassifizierten Ohau Stream Walk, welcher in nur 5 Minuten zu einem kleinen Pool führte, in dem im Sommer bis zu 200 Robbenbabys herumtobten. Doch der Pool wurde beim Erdbeben letztes Jahr zerstört und die Robbenmamas mussten sich eine neue Kinderstube für ihren Nachwuchs suchen.

Der direkt an der Küste verlaufende Highway ist einer meiner Lieblings-Coastal-Drives in ganz Neuseeland, doch die Veränderungen durch das Erdbeben sind deutlich sichtbar. Der Meeresboden wurde dabei angehoben und ragt jetzt zerklüftet und damit recht unschön aus dem Wasser. Fotos kann man nur an sehr wenigen Stellen machen. Sämtliche Haltebuchten sind abgesperrt und nicht selten beeinträchtigen Bauzäune und schweres Gerät den Blick. Starke Betonmauern schützen den Highway vor etwaigen Steinlawinen von den fragilen Felswänden. Das Bild von vor vier Jahren hat sich komplett verändert.

Kurz vor Kaikoura lädt eine Lavendelfarm zu einem Schlenker abseits des Highways ein. 2 NZD Eintritt für den Garten sind fair. Allerdings bin ich für die lila Farbenpracht zu spät dran. Der Lavendel blühte diese Saison bereits sehr zeitig und so ist nicht mehr viel davon zu sehen. Trotzdem war es ein netter Zwischenstopp.

Kurze Zeit später erreiche ich das Fischerstädtchen Kaikoura, wo ich vom Hostelbesitzer erfahre, dass der SH 1 von Picton nach Kaikoura wegen Geäst auf der Straße dicht gemacht wurde und er schon eine Stornierung von Leuten bekommen hat, die es im Gegensatz zu mir nicht mehr durch geschafft haben. Nach dem Check-in laufe ich zunächst ins 1 km entfernte Stadtzentrum, doch vom Vibe von damals ist nichts mehr zu spüren. Der Four Square Supermarkt und die Fish Tank Lodge haben ebenso geschlossen wie viele der kleinen Läden, die sich einen Wiederaufbau ihrer Geschäftsräume nicht leisten konnten. Auch sind kaum Menschen auf den Straßen unterwegs. Durch den starken Wind sind offenbar alle Touren zu Wasser für heute abgesagt. Ich kehre um und laufe in sengender Hitze an meinem Hostel vorbei in die andere Richtung zum New World Supermarkt. Teilweise ist der Wind so stark, dass ich mich wegdrehen, die Augen zusammen kneifen und mein Basecap festhalten muss. Winzig kleine aufgewirbelte Steinchen und sonstige Staubpartikel werden zu Wurfgeschossen, die beim Aufprall ganz schön weh auf der nackten Haut tun. Da der Kühlschrank im Hostel heillos überfüllt ist, kaufe ich nur das nötigste ein; vor allem Obst hat es mir angetan. Zumindest den Rückweg kann ich mir sparen. An der Kasse remple ich versehentlich einen älteren Mann an, der mich am Parkplatz in sein Auto winkt und netterweise den halben Kilometer bis zum Hostel fährt. 

Antworten (1)

Matthias
Ja, auch hier in Deutschland war es zu der Zeit sehr windig.

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