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Tschornohora

Veröffentlicht: 30.06.2018

Aljoscha steht am Samstagmorgen (23. Juni 2018) gegen sechs auf und kocht Kaffee. Zeit auch für mich sich aus den Federn zu pellen. Nach einem gemeinsamen Frühstück - mir wird Brot, Wurst, Speck und Kaffee angeboten - verabschieden wir uns und ich mache mich mit Rango auf den Weg ins Gebirge. Ich habe mir eine Kammwanderung auf einem Stück der Tschornohora (Schwarze Berge) vorgenommen. Der Gebirgszug ist der höchste der Ukraine und Teil der westukrainischen Waldkarpaten. Nachdem wir Jasinja gen Südosten verlassen haben, führt uns der Pfad über eine nasse Wiese. Nach 10 min. sind meine Füße klitschnass. Anschließend geht es entlang eines öfter frequentierten Weges. So werden die nächsten Stunden zu einer ziemlichen Schlammschlacht. Besserung ist nicht in Sicht, es beginnt wieder zu nieseln. Nach etwa dreieinhalb Stunden und knapp 9 km machen wir ein Päuschen bei Polonina Schessa, einer Ansammlung kleiner Hütten. Einige Bewohner machen sich gerade mit Pferd und Wagen auf den Weg ins Tal, vermutlich um Milchprodukte zu verkaufen. Ich esse ein Schnittchen zur Stärkung und sammle ein paar Heidelbeeren die rundherum in Hülle und Fülle zu finden sind. Um länger zu verweilen ist das Wetter leider zu schlecht, Nieselregen und kalter Wind zwingen uns förmlich weiterzuziehen. Nach weiteren 90 min. Wanderns, bemerke ich, dass wir etwas vom Weg abgekommen sind und beschließe die knapp 500 m querfeldein zu gehen. Wir haben mittlerweile die Schneefallgrenze überschritten und so müssen wir uns Streckenweise durch Hüfthohe, schneebedeckte Büsche wühlen. Eine ziemliche Schinderei. Nachdem wir den Weg wiedergefunden haben, führt uns Selbiger über weiße Hänge hinauf zum Berg Petros. Ein dezenter Schneesturm begleitet uns dabei ein Weilchen. Gegen 14.45 Uhr erreichen wir den 2020 m hohen Gipfel. Das Wetter lädt nach wie vor nicht zum verweilen, geschweige denn zum genießen ein und so geht es unverzüglich wieder an der Abstieg. Durch die aufgeweichten Hänge erweist sich dieser als wesentlich unangenehmer als der Aufstieg. Teils rutsche ich regelrecht den Pfad entlang. Jetzt kommen uns auch etliche andere Wanderer entgegen, bis dahin waren wir scheinbar die einzigen, die zum Vergnügen in den Bergen unterwegs waren. Nach dem Abstieg bis auf etwa 1500 m geht es noch gut 5 km auf gleicher Höhe entlang des Gebirgskammes zu einer Schutzhütte in der ich die Übernachtung angedacht habe. Wir erreichen das Etablissement gegen Fünf und richten uns ein. Nach gut 21 zurückgelegten Kilometern in denen über 1300 Höhenmeter zu überwinden waren, sind wir beide relativ platt. Ich komme noch mit ein paar anderen Wanderern ins Gespräch, und kann mich zu warmem Tee und Keksen einladen lassen. Auch der Dicke sahnt reichlich Leckerlies ab. Meine vagen Russischkenntnisse kommen mir hier zu gute, die Netzqualität reicht hier oben nicht für meinen Übersetzer. Kurz nach neun ziehe ich mich dann ins Schlafgemach zurück.

Am nächsten Morgen ist gegen acht allgemeine Aufbruchsstimmung und so stehen auch wir auf. Zum Frühstück bekomme ich einen Kaffee spendiert und Rango eine Schüssel voll Couscous vom Vorabend. Wir tauschen uns noch ein wenig aus und gegen halb elf ist unser Krempel gepackt. Wir begeben uns wieder auf den Kammweg Richtung Südost. Niederschlag fällt zwar keiner, dafür weht ein straffer Wind, der permanent neblige Luftmassen den Berghang hinaufschiebt. So entscheide ich mich nach 45 min. gegen einen Aufstieg auf die Hoverla, mit 2061 m der höchste Gipfel der Ukraine. Wir wandern weiter an Berghängen und teils auf dem Kamm des Gebirgszuges ohne viel von der Landschaft um uns herum erkennen zu können. Das ändert sich erst gegen halb drei, in der Nähe des 2001 m hohen Pebra, als ich zum ersten Mal ein Stück blauen Himmel erblicke und die Wolken sich langsam verziehen. Eine halbe Stunde später können wir die ersten Sonnenstrahlen erhaschen und die Wolken geben den Blick frei in die umliegende Landschaft. Zeit für ein kleines Päuschen! Anschließend geht es noch eine anderthalbe Stunde entlang des Gebirgskammes, bis wir uns ca. 2 km vorm Pip Iwan an den Abstieg zu einer Hütte machen. Kurz denke ich über den Aufstieg zu der abgelegenen Burg nach, leider gibt es bis dorthin aber keine Frischwasserquellen mehr und meine Vorräte reichen nicht bis zum nächsten Vormittag. Mittlerweile hat der Wind etwas nachgelassen und wir können bei abendlichem Sonnenschein den Berghang hinunterlatschen. Wirklich eine herrliche Gegend in der wir wieder gelandet sind. Kurz nach sieben erreichen wir die angepeilte Hütte in der Nähe der Quelle Podnik. Eine Übernachtungsmöglichkeit gibt es hier nicht, dafür laut Schild versch. Milchprodukte zu kaufen. Wir gehen ein paar Meter zurück des Weges und ich schlage unser Lager auf einem ebenen Stück Weide auf. Rango fällt quasi ins Zelt. Wir haben wieder weit über 20 km im Gebirge abgerissen und sind entsprechend geschafft. Ich beschließe trotzdem an der nahen Quelle etwas Wäsche zu waschen und hoffe auf einen sonnigen Montagmorgen und eine steife Brise über die Nacht. So findet der Tag zwischen grasenden Kühen und zwei Pferden sein wohlverdientes Ende.

Am Montagmorgen (25.06.2018) wecken mich tatsächlich ein paar Sonnenstrahlen die gegen sieben an der Zeltplane kitzeln. Ich stelle meine beiden Paar Wanderschuhe (sind noch klitschnass) in die Sonne und hänge das Solarpanel ans Zelt. Dann geht es wieder in die Koje, wie weiterwandern fühle ich mich noch nicht. Gegen neun dann der zweite Versuch aufzustehen. Ich mache mir ein kleines Frühstück und checke die Lebensmittelreserven. Das Futter sollte bis zum nächsten Tag reichen, ich beschließe zu pausieren und lege mich nach dem Frühstück wieder hin. Auch Rango macht keine Anstalten das Zelt verlassen zu wollen. So dösen wir bis weit in den Mittag hinein. Dann ist es Zeit die Wäsche abzunehmen, das Wetter droht wieder umzuschlagen. Ich flicke erneut Rangos Rucksack, den er am Samstag an einem Stacheldrahtzaun zerlegt hat, schreibe an einem Reisebericht und kaufe am späten Nachmittag versch. Sorten Käse (Brinza, Burda und einen Schnittkäse) an der Alm. Am Abend kommt die Sonne heraus und entlockt der Umgebung nochmal ein anderes Antlitz. Ich koche mir zum Abendbrot einen Fichtennadeltee um der aufkommenden Erkältung etwas entgegenzusetzen und gehe früh zur Nachtruhe über.

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