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Odessa - "Welcome to Ukraine"

Veröffentlicht: 22.05.2019

Montag, der 06.05.2019 7.00 Uhr, der Wecker bimmelt. Zeit sich nochmal rumzudrehen. Gegen halb acht muss ich dann raus aus den Federn, in anderthalb Stunden geht der Zug nach Ruse. Halb neun bin ich startklar und mache mich mit Rango auf den Weg zum Bahnhof. Geld abheben, Ticket kaufen, Käffchen organisieren und schon kann die Fahrt losgehen. Dank des Dicken haben wir das Abteil ganz für uns allein und ich kann mein Zelt während der Zugfahrt trocknen. Letzte Nacht hatte es am Strand von Warna etwas geregnet. Gegen eins erreichen wir Ruse an der bulgarisch - rumänischen Grenze, ich kaufe ein Ticket für die Weiterfahrt nach Bukarest am Nachmittag und nutze die verbleibende Zeit anschließend für ein kleines Ringel in der Stadt. Am eigentlichen Zentrum der Kleinstadt laufen wir mangels Wifi und detaillierten Kartenmaterials vorbei, ich bekomme hauptsächlich Plattenbauten zu Gesicht. Etwas Futter für den Dicken und ein Käffchen für mich konnte ich natürlich trotzdem auftreiben. Wir erreichen den Bahnhof gerade rechtzeitig, es beginnt heftig zu regnen. Der Grenzübertritt nach Rumänien erfolgt problemlos und so erreichen wir Bukarest mit etwas Verspätung kurz vor sieben. Es bleibt gerade noch Zeit um Tickets nach Chişinau zu kaufen und zum Bahnsteig zu eilen. Dort hindert uns der Schaffner am Einsteigen. Trotz eines Tickets für den Dicken, soll ich nochmal zahlen. Wir einigen uns auf 20 €, alle Alternativen zu dem Nachtzug nach Moldawien sind nämlich wenig erstrebenswert. Sicher, dass wir dort ankommen, bin ich trotzdem nicht, wir müssen wieder über den Grenzübergang bei Ungheni. Vor einem knappen Jahr wurde mir die Zugfahrt von Iaşi dorthin ja wegen Rango verweigert. In der Kabine gibt es ein kleines Abendbrot und dann mache ich mich für die erste Hälfe der Nacht auf der Pritsche lang.

Gegen dreiviertel drei passieren wir Iaşi und erreichen eine Stunde später die Grenze zu Moldawien. Außer dem Hinweis einer Grenzbeamtin "Câine interzisă", hält sich die Aufregung wegen Rango in Grenzen, der Dicke ist im dunklen Abteil auch kaum zu sehen. Auf der moldawischen Seite nimmt es eine junge Polizistin dann etwas genauer. Rangos Pass wird von mehreren Beamten eingehend überprüft und ich muss meinen Rucksack teilweise auspacken und den Inhalt benennen. Am Ende können wir ohne Beanstandung weiterfahren und erreichen die moldawische Hauptstadt gegen neun am Morgen. Ich organisiere Bargeld und Frühstück für uns. Die Ortskenntnisse aus dem Vorjahr kommen mir dabei entgegen. Zurück am Bahnhof kann ich die Fahrtzeiten für den Zug nach Odessa erfragen. Leider fährt Selbiger nur noch von Freitag bis Sonntag. Das ist mir eigentlich zu spät. Also mache ich mich auf den Weg zum Busbahnhof und versuche Bustickets in die Ukraine zu ergattern, was sich wegen Rango wieder als recht schwierig erweist. Wir haben aber Glück und können am Abend mit einem Reisebus in die Hafenstadt am Schwarzen Meer weiterreisen. Nachdem wir in einem Bogen Transnistrien südlich umfahren haben, erreichen wir den Busbahnhof Odessa gegen zehn am Abend. Ich organisiere ein paar Hrywnja und begebe mich zur nahen Straßenbahnhaltestelle. Nach kurzer Zeit kann ich bis zum Hauptbahnhof fahren. Dort aktualisiere ich meine elektronische Straßenkarte mit Hilfe des Bahnhof-Wifi um mich dann umgehend auf den Weg zum Strand zu machen. Der Zeltplatz Skalodrom hat im Vorjahr einen guten Eindruck hinterlassen, liegt aber einen kleinen Fußmarsch entfernt. Kurz nach Mitternacht erreichen wir die Lokalität, offen ist um die Uhrzeit aber nichts mehr. So baue ich mein Zelt am Strand neben dem Zeltplatz auf und kann mich gegen eins in die Federn zurückziehen.

Am nächsten Vormittag (Mittwoch, der 08. Mai 2019) weckt mich Rango, der aus dem Zelt heraus einen anderen Hund anpöbelt. Es ist bereits nach zehn, Zeit zum Aufstehen. Nach einem Brunch mache ich mich auf den Weg in Richtung des Stadtteils Arkadia. Der Zeltplatz hat mittlerweile wieder geöffnet und ich überlege kurz nochmal umzuziehen, verwerfe den Gedanken aber schnell wieder. Wenn alles gut geht, bin ich eh nur eine weitere Nacht in Odessa. Laut Internet geht die nächste Fähre nach Georgien bereits am Donnerstag und ich hoffe direkt mitfahren zu können. Um das abzuklären brauche ich Internet. Am nächsten Hotspot schreibe ich eine Mail an NaviBulgar und dattel etwas rum. Dann geht es weiter, auch Rango braucht etwas zwischen die Beißer. An einer Kaffeebar bekommt der Dicke knapp 2 kg Hühnerhälse, die ich auftreiben konnte und ich gönne mir ein Heißgetränk. Mittlerweile hat auch Herr Tarasenko von NaviBulgar auf meine Mail geantwortet. Es scheint als könnte ich ohne langen Aufenthalt nach Georgien weiterfahren. Läuft grad wie geschmiert... Am Nachmittag mache ich mich entlang des grünen Uferstreifens wieder auf den Weg gen Süden und zu unserem Lagerplatz. Auf dem Abzweig zu unserem Strand hinunter, fällt mir schon von Weitem mein grüner Pullover auf. Den glaube ich, mit ziemlicher Sicherheit, im Zelt zurückgelassen zu haben. Sofort macht sich ein ganz ungutes Gefühl in mir breit. Und tatsächlich, am Zelt angekommen, wird aus dem Gefühl Gewissheit. Wir wurden bestohlen. Irgendjemand hat sich in den letzten Stunden meinen Rucksack und Rangos Tragetaschen unter den Nagel gerissen. Alles weg. Das einzig Positive, wir sind nicht obdachlos, das Zelt steht noch. Neben dem Zelt und dem Pullover bleiben mir die Matratze, der Schlafsack, mein Kochgeschirr und alles was ich während meines Ausfluges am Mann hatte (Kleidung, Perso, Kreditkarte, Handy). Ich laufe in der ersten Kurzschlussreaktion noch ein paar kleine Pfade in der Umgebung ab. Vielleicht hat der Dieb seinen Fang in direkter Umgebung aussortiert und für ihn Unnützes über Bord geworfen. Das Glück habe ich leider nicht. Als größtes Problem erscheint mir der Verlust meines Reisepasses und von Rangos Heimtierausweis. Beide Dokumente dummerweise im Rucksack. Ich packe den verbleibenden Krempel zusammen und stelle ihn auf dem nahen Zeltplatz ab um mich anschließend auf den Weg zur Polizeiwache nach Arkadia zu machen. Die Jungs dort fühlen sich eher nicht zuständig und schicken mich zur Wache an der Kanatna Straße. Dort schildere ich erneut mein Problem und mir wird, nach einem "Welcome to Ukraine", zu verstehen gegeben, dass ich jemanden zum Übersetzen brauche. Außerdem scheint das Timing eher ungünstig, am 08. und 09. Mai wird in der Ukraine der Tag des Sieges begangen. So ziehe ich mit Rango erstmal weiter und organisiere das Nötigste um bis zum nächsten Morgen zu kommen (Abendbrot, Zahnbürste und -pasta, Ladegerät fürs Smartphone). Zurück am Zeltplatz baue ich unser Lager wieder auf, bevor ich am Abend nochmal auf ein Bier nach Arkadia ausgehe. Irgendwie war mir danach...

Am Donnerstagmorgen komme ich beim Frühstück auf dem Zeltplatz mit Pavel ins Gespräch, der mir seine Hilfe bei der Polizei anbietet, dafür aber wegen Feiertags den Freitag favorisiert. Das passt für mich. So geht es wieder gen Odessa um die nächsten, dringend benötigten Dinge zu ersetzen (Rasierzeug, Handtuch, Wechselklamotten, ein Stück Seife). Auf dem Weg dorthin lege ich am Mittag ein Päuschen am AromaKava (Kaffeebar vom Vortag mit Wifi) ein. Dort gibt es ein Käffchen für mich und Futter für den Dicken, welches sich im nahen Silpo-Supermarkt recht abwechslungsreich findet. Zurück am Skalodrom nutze ich die dortige Infrastruktur. Nach einem kleinen Training am Strand und einer warmen Dusche, koche ich ein kleines Abendbrot in der Campingküche. Eigentlich kein schlechter Platz um etwas zu verweilen.

Am Freitag (10.05.2019) kann ich mit Paschas Hilfe den Diebstahl bei der zuständigen Polizei zur Anzeige bringen. Wobei mir zwei Varianten angeboten werden. Erstens, ich zeige einen Diebstahl an. Das bedeutet Ermittlungsarbeit für die Beamten, was natürlich seine Zeit dauert. Zweitens, ich zeige den Verlust der Ausweispapiere an. Das bedeutet weniger Arbeit für die Jungs von der Polizei und deutlich schnellere Bearbeitung für mich. Mir wird recht deutlich zu verstehen gegeben, das letztere Variante für alle Beteiligten die sinnvollere wäre. So bekomme ich nach einer guten anderthalb Stunde einen Schriebs ausgehändigt und werde aufgefordert in einer Woche nochmal vorstellig zu werden. Dann drehe ich noch ein Ringel mit Rango, schreibe eine Mail an das deutsche Honorarkonsulat in Odessa und lasse den Abend wieder auf dem Zeltplatz ausklingen.

Der Samstag beginnt regnerisch und so starten wir einigermaßen spät in den Tag. Außer dem routinemäßigen Gang zum AromaKava passiert dann auch nicht mehr viel.

Für den Sonntagvormittag hat mich Pavel zu einem Kayakverleih eingeladen. Dort ist Saisoneröffnung und es gibt die Gelegenheit gratis ein paar Sachen auszuprobieren. So bin ich mit Rango, nach einer Stunde Spaziergang, gegen elf am vereinbarten Strand und muss direkt an einem kleinen Rennen teilnehmen. Im Zweierkayak kann ich mit Pascha einen zweiten Platz erkämpfen. Beim anschließenden StandUpPaddeling- Contest bin ich dagegen nicht konkurrenzfähig. Immerhin stehe ich zum ersten Mal auf so einem wackeligen Brett. Zu allem Überfluss falle ich auch noch ins Wasser. Anschließend drehe ich noch eine Runde mit Rango im Zweierkayak. Dabei sorgt der Dicke wiedermal für Aufsehen. Nach der Siegerehrung geht es über den AromaKava zurück zum Zeltplatz.

Am Montagvormittag (13.05.2019) gehen wir, nach einem Abstecher zur Stamm-Kaffeebar, zum deutschen Konsulat in die Altstadt von Odessa. Da ich auf meine E-Mail noch keine Antwort erhalten habe, muss ich persönlich vorstellig werden. Die junge Frau, die sich meiner annimmt, macht einen rundum soliden Job. Ich fühle mich gut betreut. Quintessenz des Besuches ist Folgende: Ich kann in der deutschen Botschaft in Kiew einen vollwertigen neuen Reisepass erhalten. Dafür muss aber das Standesamt Chemnitz einen Scan meiner Geburtsurkunde an die Botschaft schicken. Nach einem Telefonat mit einer Angestellten in besagtem Amt in meiner Heimatstadt, stellt sich selbiges als problemloser denn befürchtet heraus. Man will sich kümmern. Ersatz für Rangos Papiere zu bekommen, scheint dagegen etwas komplizierter zu sein. Der Botschaftsmitarbeiterin, mit der wir im Konsulat telefonisch Kontakt hatten, fehlt dahingehend jegliche Erfahrung. Ich beschließe, mich darum selbst zu bemühen. Dann geht es erstmal zurück zum Skalodrom.

Den Dienstag verbringe ich wieder mit kleineren Besorgungen in Odessa. Ich muss mich langsam auf die Weiterreise nach Kiew vorbereiten und die Hoffnung irgendetwas meines gestohlenen Krempels wiederzusehen schwindet zunehmend. So gönne ich mir einen neuen Rucksack, bissel Kleinkram aus der Apotheke, einen Akkupack, eine Nagelschere und etwas Reparaturzeug. Beim Kauf meiner neuen Hose im SecondHand habe ich das Fehlen eines Knopfes übersehen, der jetzt ersetzt werden will. Am Nachmittag kann ich dann beim Tierarzt in Chemnitz einen neuen Heimtierausweis klar machen. Auch das, letztlich einfacher als befürchtet.

Mittwoch, der 15. Mai 2019, ist wieder recht vernieselt und ich belasse es bei einem Ausflug zur Kaffeebar und gammel ansonsten etwas rum.

Am Donnerstag ist es dann an der Zeit sich mal bei der Frau Hubatsch in der deutschen Botschaft nach dem Scan meiner Geburtsurkunde zu erkundigen. Liegt mittlerweile vor, super. Da hat das Standesamt Chemnitz recht schnell und unkompliziert weitergeholfen. Dann geht es zur Polizeiwache an der Kanatna Straße, einen neuen Schriebs abholen. Auffällig ist die Datenbank für Akten, welche noch überwiegend analog organisiert zu sein scheint. Kubikmeterweise Papierstapel in den meisten Büros. Nach einem Stempel auf meinen neuen Schriebs, den ich bei der Stempelbeauftragten der Polizeiwache bekomme, ist auch das erledigt. Dann geht es zum Bahnhof, Tickets für die Fahrt nach Kiew kaufen. Leider kann ich mit Rango nicht jeden Zug nutzen und für die Erlaubten gibt es übers Wochenende keine freien Plätze mehr. Nächstmöglicher Zug fährt am Montagabend. Auch die Preispolitik sagt mir nicht zu. Ich müsste wegen dem Dicken eine ganze Kabine kaufen. Ich beschließe mich um Alternativen zu bemühen. Also erstmal zurück zum Zeltplatz, ich bin für den Nachmittag zum Klettern verabredet.

Am Freitag, den 17.05.2019, kann ich, neben dem mittlerweile obligatorischen Kaffee an meiner Stammbar und der abendlichen Trainingsroutine am Strand, eine Mitfahrgelegenheit über BlaBlaCar für den Sonntag nach Kiew klar machen. Also vereinbare ich auch gleich noch einen Termin für den Montag in der deutschen Botschaft.

Nach einem Frisörbesuch am Samstag, fühle ich mich dann ganz gut auf den anstehenden Abstecher nach Kiew vorbereitet...

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