Veröffentlicht: 06.07.2018
Am Samstag, den 30.06.2018, schaue ich kurz vor neun vorsichtig aus meiner Behausung. Wenig überraschend bietet sich mir ein nach wie vor trüber Anblick. Der ändert jedoch nichts am, für heute geplanten, Weitermarsch. So frühstücken wir gemütlich. Rango war so nett mir ein Stück seiner reichlichen Portion Hühnerfleisch abzutreten, das ich mit Käse überbacke und mir mit dem letzten Brot schmecken lasse. Kurz nach halb zwölf sind unsere Sachen dann gepackt und wir können erholt und gut gestärkt losziehen. Meine Wäsche, die anderthalb Tage unter dem Pavillon hing, ist nach wie vor nass. Zumindest einen Teil kann ich "trockenlaufen". Nach anderthalb Stunden ist der gut 7 km lange Abstieg nach Putyla geschafft und wir kehren am ersten Magazin ein. Wie sich zeigt ist hier ganz vernünftiger Empfang und ich kann Bilder zu zwei Reiseberichten hochladen. Nebenbei gönne ich mir mehrere Kaffee und etwas Süßes dazu. Wir erregen wieder eine gewisse Aufmerksamkeit und werden liebevoll betreut. Ich bekomme ein paar Socken geschenkt (bei den Temperaturen können die Leute keine nackten Füße ertragen) sowie ein paar Himbeeren und eine Schüssel Borschtsch spendiert. Der für Osteuropa typ. Eintopf ist wesentlich schmackhafter und liebevoller angerichtet als das Süppchen welches mir in Lwiw serviert wurde - richtig gute Hausmannskost eben. So vergehen die Stunden wie im Flug und wir kommen erst kurz nach fünf zum Weiterziehen. Über Parkulina geht es nochmal knapp 8 km nach Osten. Zwischendurch stimmt der Blick nach Nordwesten, was das Wetter angeht, sehr zuversichtlich. Es scheint aufzuziehen. Auf gut 1000 m Höhe baue ich gegen sieben mein Zelt in einer kleinen Wetterschutzhütte auf. Über den trockenen Platz zum Übernachten bin ich in dem Moment sehr glücklich, ist der Boden rundherum doch mittlerweile ziemlich vollgesaugt. Ich hänge meine Wäsche auf (die Hoffnung stirbt zuletzt), gönne mir noch ein kleines Abendbrot und bin um neun in der Horizontalen.
Am Montagvormittag setze ich nach dem Frühstück ersteinmal mein Zelt wieder in Stand. Ich musste in der vergangenen Nacht mal raus und bin über eine Spannleine gestolpert. Es gab ein kurzes "Plopp" und ab war mein Dachfenster. So kommen wir erst gegen eins aus den Puschen, können aber während der Zwangspause die ersten Sonnenstrahlen seit längerem genießen. Sehr angenehm. Um weiter nach Osten zu gelangen müssen wir nocheinmal einen Bergkamm überwinden. Der Weg führt uns während der ersten Stunde auf knapp 1300 m Höhe, bei angenehmem Wanderwetter mit einem Wechsel aus Wolken und Sonne. Anschließend geht es knapp unterhalb des Kammes entlang völlig durchnässter Pfade und teilweise durch eine Art Hochmoor. So hat sich das Wandern in trockenen Schuhen trotz aller Vorsicht nach einer anderthalben Stunde erledigt und zu allem Überfluss beginnt es wieder zu regnen. Irgendwie passt es ganz gut zur Situation, dass der einzige Weg der mich hinunter nach Dolischnij Schepit führen kann, seit längerem unbenutzt, schwer auszumachen und völlig mit allerlei Grünzeug überwuchert ist. Neben meinen klitschnassen Schuhen ist jetzt auch die Hose bis zur Gürtellinie durchgeweicht. Auf dem Wegstück habe ich dann die äußeren Bedingungen gründlich satt - was mache ich hier eigentlich!? Nach einer weiteren Stunde wird mit dem Weg dann auch das Wetter wieder besser. Die Sonne lässt sich blicken und auch die Laune bessert sich wieder etwas. Kurz vor fünf erreichen wir den Ort und ich genehmige mir an einem Magazin zwei Kaffee und etwas Süßkram. Nach einer halben Stunde durchschnaufen geht es noch ein paar Kilometer den Ort entlang. Wir durchqueren die Siret, bevor wir unser Camp ein Stück außerhalb des Dorfes aufschlagen. Den Tag können wir bei Sonnenschein ausklingen lassen und die Strapazen vom Nachmittag sind wieder vergessen.
Der Dienstagmorgen beginnt sonnig und ich nutze den Vormittag um die letzten feuchten Sachen meines Gepäcks zu trocknen. Wir starten erneut gegen eins und besteigen die wahrscheinlich letzte größere Erhebung unserer mittlerweile elftägigen Karpatenexpedition. Auf die 1000 Höhenmeter sind wir recht zügig aufgestiegen. Unterwegs kann ich dem Angebot an Himbeeren nur schwer wiederstehen und der Dicke muss ab und an etwas länger auf mich warten. Nach einer anderthalben Stunde geht es bereits wieder bergab, wobei ich keinen anderen als einen Waldarbeiterweg finde. Dieser ist sehr steil und führt uns schließlich in eine kleine Klamm aus der es bis zum nächstgrößeren Gebirgsbach (gut 1,5 km entfernt) kein entkommen gibt. Die Schuhe kann ich nur für eine Weile trocken halten, irgendwann wackelt ein Stein doch mehr als ich ausgleichen kann und ich stehe im Gewässer. Davon lasse ich mir die gute Laune aber nicht mehr verderben, habe ich doch wieder trockene Reserveschuhe in die ich später schlüpfen kann. Nachdem die Klamm überwunden ist, geht es entlang eines gut ausgebauten Weges weiter gen Osten. Zwischendurch fülle ich ein Tütchen mit Himbeeren für das nächste Frühstück. Nach gut 10 km breche ich die Tagesetappe ab. Beim Blick zurück sehe ich den Dicken, auf der Suche nach weichem Untergrund, böse humpeln. Ich baue das Zelt etwa 3 km vor Hylcha auf einer Wiese auf und wir lassen den Tag gemütlich ausklingen.