Veröffentlicht: 01.12.2019
Wir beginnen mit einem speziellen, dafür aber ausführlichen Thema (gewöhnt euch nicht dran, heute ist nur Sonntag und wir haben Zeit ;)). Grund dafür ist, dass Simons Freund Otto (spricht sich „O-Two“), Bauingenieur und zukünftiger Geschäftsführer eines Bissingers Hoch- und Tiefbauimperiums, heute Geburtstag hat. Deswegen die Besten Glückwünsche von uns beiden und viel Spaß beim Lesen! :)
Schon beim Pre-Assignmenttrip im Juli fiel uns eine große Baustelle vor der Wohnung auf. Mit einemhervorragendem Blick vom Schlafzimmer aus können wir beobachten, wie hier ein ca. 50mx50m Hochhaus in die Höhe gezogen wird. Was träge klingt wirkt beim Anblick wie eine reale Ameisenfarm: Jeden Tag nachder Arbeit sieht der neue Stock anders aus, überall wuselt es und man kann jeden Bauschritt Stück für Stück verfolgen. Stunden wurden mittlerweile beim Beobachten verbracht.
Jeder Stock wird händisch verschalt und gegossen, es kommen keine wie mir bisher bekannte Fertigelemente oder vorgegossene Deckenelemente zum Einsatz. Dafür wird der komplette untere Stock mit einem Kunstwerkaus Stützen ausgebaut worauf dann das Negativ der zukünftigen Decke mit Schaltafeln geschreinert wird. Diese Enthalten schon die Aufzugsschächte, Treppenhäuser und die stützenden Unterzüge. Die gesamte Schalvorlage wird danach mit Bewährung ausgelegt. Besonders geformten Elemente werden von 2 Leuten im Hof zu tausenden Kreisen, Winkeln und Rechtecken vorgebogen, Tag ein, Tag aus.
Danach kommt der für uns zugleich störendste Vorgang: Das Gießen. Mittels zweier Betonpumpen am Boden wird der Beton nach oben gepumpt und mit einer Kranvorrichtungen über das Stockwerk verteilt. So werden nacheinander beide Stockwerkshälfte gegossen. Im 5-Minutentakt fahren Betonlaster an. Dieser Vorgang dauert pro Hälfte ca. 15h und findet immer über Nacht statt. Das laute Pumpen der beiden LWKs trifft unser Schlafzimmer ... perfekt. Nach dem Aushärten wird der blaue Sicherheitszaum in Segmenten um einen Stock nach oben verfahren und der gesamte Vorgang beginnt von Neuem.
Der gesamte Durchlauf für einen Stock dauert ca. eineWoche und verschlingt grob geschätzt 1500t Beton und 100t Stahl. Dafür sind in 12h-Schichten, 7 Tage die Woche, bei Wind und Wetter je 50 Mann auf dem obersten Stock und 50 auf dem Hof beschäftigt. Wassich parallel im Tiefgaragenausbau und den Zwischenstöcken abspielt, bleibt unseren neugierigen Augen verborgen.
Die Arbeiter machen generell einen armen Eindruck. Viele fahren abends mit verrosteten Fahrrädern oder zu zehnt auf den 3-rädrigen Elektro-Britschen nach Hause. Nur wenige haben einen sonst überall zu sehenden E-Roller. Wir vermuten die meisten sind Wanderarbeiter aus dem ländlichen China und verdienen hier ihr Geld, um das nach Hause zu schicken.