Salam ya Amman
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Entspannung in Jerusalem

Veröffentlicht: 09.02.2020

Freitag, 7. Februar

9:30 am. Wir stehen gerade so rechtzeitig auf, um das Frühstück in unserem Hostel nicht zu verpassen. Danach nehmen wir uns einfach mal Zeit für uns (draußen ist ohnehin so richtiges Schmuddelwetter), sodass es schon halb 1 ist, als wir das Hostel verlassen. Wir gehen zunächst durch Wind und Regen zum Mahane Yehuda Market, wo heute aus zweierlei Gründen die Hölle los ist. Zum einen ist es überdacht, weshalb dort einige Schutz vor dem stürmischen Wetter suchen. Zum anderen sind es nur noch ein paar Stunden, bis der Shabbat beginnt (immer Freitags zum Sonnenuntergang), weshalb die jüdischen Einwohner Jerusalems noch ein paar letzte Besorgungen erledigen, bevor der heilige Ruhetag beginnt. Wir können uns kaum bewegen und quetschen uns durch die Menge, aber schaffen es immerhin, ein paar Halawa-Nüsse und Obst zu besorgen.

Pünktlich um 2 Uhr treffen wir uns dann mit Clara und Aisha am Jaffa Gate, wo wir heute wieder an der Free Walking Tour teilnehmen wollen. Das Wetter sieht zwar wenig vielversprechend aus, aber in den kommenden Tagen ist es auch nicht besser gemeldet. Los geht es also durch das stürmische Jerusalem. Wir fangen wieder mit der Erklärung über die vier Viertel in der Altstadt an und laufen dann zuerst durch das armenische, das jüdische, das arabische und schließlich durch das christliche Viertel. Heute kommen uns sehr viele orthodoxe Juden in schnellem Schritt entgegen, teilweise mit großen Kochtöpfen. Die Shabbat-Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, erklärt uns unser Guide. Wenn Wasser aus den Häusern im jüdischen Viertel laufe, komme das vom letzten Hausputz – am Shabbat ist zumindest bei streng Gläubigen jeder Handschlag untersagt.

Wir schauen uns von einem kleinen Aussichtspunkt die Al-Aqsa Moschee und die goldene Kuppel des Felsendoms an und enden unsere Tour dann bei der Church of the Holy Sculptures – die Kirche, die an dem Ort steht, an dem Jesus gekreuzigt und begraben worden sein soll. Innen ist heute weniger los als sonst (zu Hochzeiten stehen Touristen bis weit vor das Eingangstor Schlange), weshalb wir beschließen, uns heute auch Jesu Grab anzuschauen. Bei meinem letzten Jerusalem-Besuch hatten wir das wegen zu viel Touristenansturm ausgelassen. 

Der Schein der kurzen Schlange trügt allerdings. Ein Gottesdienst der armenischen Gemeinde in der großen Kirche kommt dazwischen (insgesamt sind hier 6 verschiedene Konfessionen untergebracht), sodass die Menschenschlange während der Zeit steht und es am Ende doch zwei Stunden dauert, bis wir den heiligen Schrein betreten. Dort befindet sich die Höhle, in der Jesus begraben gewesen sein soll. Hier geht es ähnlich zu wie bei der Geburtskirche in Bethlehem. In 4er-Gruppen darf man für etwa 10 Sekunden in die kleine Höhle kriechen, in der Jesu lebloser Körper gelegen haben soll, dann ist auch schon das nächste Grüppchen an der Reihe.

Lea und mir kommt dieses Programm heute jedoch gerade Recht. Nach dem ganzen Wirbel in den letzten Tagen ist stumpfes Anstehen und heilige Steine anfassen genau nach unserem Geschmack. Wir schauen uns danach die anderen Räumlichkeiten der riesigen Kirche an, zünden ein Honig-Kerzchen an und laufen dann noch ein bisschen durch die Gassen der Altstadt Richtung Western Wall, die Lea noch nicht gesehen hat. Aber auch für mich ist der Anblick heute am Shabbat ein neuer. Schon auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle kommen uns extrem viele orthodoxe Juden in schon bekannter Kleidung entgegen, während sich auf dem Platz vor der Western Wall dann immer noch Dutzende tummeln. Wir werden von Sicherheitspersonal ermahnt, dass heute am Shabbat keine Handys hier erlaubt sind und schauen dann ein wenig den Männern zu, die in Scharen vor der Western Wall stehen und beten. Dieser besondere Anblick ist wirklich nur hier in Jerusalem möglich.

Wir stoßen zum Abendessen noch einmal zu Clara und Aisha und machen uns dann durch die ausgestorbene Altstadt auf den Weg zurück nach West Jerusalem, wo sich unser Hostel befindet. Außerdem auch der Mahane Yehuda Market, der sich gegen Abend in eine Bar-Meile verwandelt. Wir merken nun, dass jetzt am Shabbat nicht nur die Altstadt ausgestorben ist – auch in West Jerusalem, wo größtenteils jüdische Israelis wohnen, hat mittlerweile alles geschlossen und nur wenige Menschen halten sich auf den Straßen auf. Ich weiß nicht, warum keine von uns daran gedacht hat, dass die Bars im Mahane Yehuda Market auch nicht offen sein würden. Vielleicht, weil unsere verwöhnten Köpfe nicht damit rechnen, dass samstags eine Bar geschlossen haben könnte. So ist es aber – wo wir heute Vormittag noch fast Platzangst bekommen haben, herrscht jetzt gespenstische Stille.

Wir laufen also einmal durch die gesamte Marktstraße um uns zu versichern, dass auch wirklich jeder einzelne Laden geschlossen hat, dann machen wir uns wieder auf dem Weg zu unserem Hostel. Wo überraschenderweise der benachbarte Irish Pub geöffnet hat. Wir genehmigen uns also ein Bierchen, was wirklich gut tut. Generell hatten wir so einen entspannten Tag wie heute dringend einmal nötig. Ganz friedlich legen wir uns in unsere Bettchen.

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