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Ciudad Perdida - the lost city - fernab der Komfortzone

Veröffentlicht: 26.10.2017

Ciudad Perdida ist eine 1972 wiederentdeckte Stadt der Teyuna im kolumbianischen Dschungel der Sierra Nevada de Santa Marta. Die über 1000 Jahre alte Stätte liegt mitten im Urwald und ist nur über eine Mehrtagestour erreichbar. 

Es ist Freitag, der 20. Oktober, und wir sitzen gemütlich beim Frühstück in unserem Hostel (Mulata) in der Altstadt von Santa Marta. Es kommt eine Email von Expotur (unser Veranstalter); "Wo bleibt ihr? Wir warten...". Hups, das geht ja gut los. Wir schnappen unsere Taschen und sprinten zum Expotur-Office um die Ecke. Als erstes fällt uns auf, dass unsere Wanderkumpanen zum Teil professionelles Equipment haben. Wir haben uns natürlich nicht so genau informiert und sehen daneben etwas leger aus, aber wandern kann nun auch nicht so schwer sein. 

Unsere Gruppe besteht aus ca. 12 Touristen und 3 Guides. Nach dem Bezahlen fahren wir mit Jeeps etwa zwei Stunden bis nach Machete und nehmen dort unser Mittagessen ein. Auf dem Weg kaufen wir am letzten Kiosk noch ein zweites Mückenspray und Klopapier (Tipp vom Guide Hugo). Dann kann es endlich losgehen und wir starten den Track. Der erste Tag ist eher ein Warm-Up und es geht gemächlich bergauf. Die Aussichten von der Strecke sind durchgehend fantastisch, allerdings ist man durch das Kraxeln über Stock und Stein mit den Augen meist auf dem Boden. Noch vor der Dunkelheit treffen wir im ersten Camp ein und sind durch die Sonne und hohe Luftfeuchtigkeit ordentlich ausgepowert. Der Sprung vom Felsen in einen natürlichen Pool (Gebirgsfluss) ist damit sowohl willkommene Erfrischung als auch Duschersatz. Nach Abendessen, Bier und Kartenzocken (Arschloch) geht es in die etwas zu kleinen und stark durchgelegenen Stockbetten.

Am nächsten Morgen klopft es um 5 Uhr an unseren Betten. Dieser Tag wird lang werden. Kaum einer von der Gruppe hat in den Betten wirklich gut geschlafen. Direkt nach dem Frühstück geht es los. Heute laufen wir bis zum Camp vor der verlorenen Stadt durch. Die Route ist steil, rutschig & matschig, eng und verläuft häufig ohne Sicherung direkt am Abgrund. Das ist definitiv nichts mehr für jedermann. Am Wegesrand finden wir ein paar Koka-Pflanzen und probieren das mit dem Kauen mal aus. Man muss aber wohl sehr viel von den Blättern konsumieren, damit man etwas merkt. Die Rock-Climberin (Australien) aus unserer Gruppe stuft die Wanderung derweil von leicht auf mittel hoch. Nach dem Mittag setzt der Regen ein. Das kalte Nass von oben ist als Erfrischung ganz angenehm, doch hoffentlich bleiben die Klamotten im mit Mülltüte umwickelten Rucksack trocken. Heute müssen wir auch das erste mal einen größeren Fluss durchqueren und Stephan verliert seinen Wanderstock in den Stromschnellen. Wir laufen weiter durch den Regen. Die Gruppe ist mittlerweile verstummt und jeder setzt wie ein Roboter den einen Fuß vor den anderen. Ein falscher Tritt und man würde im Abgrund landen. Als wir gemeinsam heil das geplante Camp erreichen, ist die gesamte Gruppe erleichtert. Nach der kalten Dusche erfolgt der Schadensbericht. Mist, alle Wechselklamotten sind nass geworden. Ein regendichter Rucksack oder Drybags für die Kleidung sind ein Muss! Nach dem Abendessen geht es für uns direkt ins Bett, weil Nina sich nicht so gut fühlt.

Um 5 Uhr erfolgt das bekannte Weck-Szenario. Nina geht es zum Glück besser. Wir müssen wohl oder übel wieder in unsere nassen Schuhe und Klamotten schlüpfen. Das ist wirklich nicht sehr angenehm, aber bei der hohen Luftfeuchtigkeit will einfach nichts trocknen. Nach einer erneuten Flussquerung geht es schließlich die 1200 Stufen (Steine) zur verlorenen Stadt hoch. Erschöpft kommen wir in der "grünen Hölle" an; wir haben es geschafft. Wir müssen natürlich auch alles wieder zurück, aber das ist erstmal egal (der angefragte Helikopter ist unverschämt teuer ;). In der Stadt, die übrigens die Brutstätte aller Mücken sein muss, erhalten wir von unseren Guides einen längeren Vortrag über die Ciudad Perdida, die Teyuna und ihr Verschwinden sowie die Wiederentdeckung der Stadt durch Grabräuber. Das bislang freigelegte Areal ist nur ein Bruchteil der ehemaligen Stätte und es wird weiter an allen Ecken und Enden geforscht. Staunend laufen wir durch die Ruinen. Auf einer Mauer will uns Hugo zeigen, warum wir nicht auf die Randplatten treten sollen und fällt prompt in die Tiefe. Er verletzt sich erstaunlicherweise nur leicht am Knie. Auf jeden Fall hat er seine Aussage deutlich gemacht und keiner aus der Gruppe stürzt von einer Kante. Nach einiger Pause und etlichen Selfies, darunter auch ein Foto mit dem aktuellen Mamo (Oberhaupt der Indios), geht es dann schließlich wieder die Treppen hinunter und unsere Gruppe macht sich auf den Rückweg. Bis auf ein Mandarine-trifft-Auge-Drama verläuft der Rückweg zu Station 3 ohne nennenswerte Probleme. Unsere Australierin stuft den Trek noch auf schwierig hoch und wir erreichen das überdachte Camp kurz vor dem schweren Regen. Am Abend erhalten wir noch einen interessanten Vortrag von einem Schamanen über das Leben der Indios in der Sierra Nevada.

Tag 4 bricht an und die Stufen zur Toilette sind schon eine Hürde. Die Beine sind schwer, der Kopf ist müde und alles ist nass und müffelt. Unsere Australierin muss krankheitsbedingt mit einem Muli weiterreisen. Alle anderen kämpfen sich durch den letzten Wandertag. Durch den starken Regen sind alle kleinen Bächlein nicht mehr so einfach zu durchqueren und die Schuhe werden zwangsläufig nass. Auch die vormals trockenen Passagen sind an vielen Stellen ein einziger Matsch-Sumpf. Wir erreichen das letzte Stück der Strecke (Tag 1) und erinnern uns an unsere anfängliche Naivität. Kam es uns auf dem Hinweg noch anstrengend vor, ist es nun ein besseres Auslaufen. Keine Kletterpassagen, breite Wege, moderate Steigungen und kein Abgrund. Kurz vor Machete (Basislager) kommen uns die "neuen" Wandergruppen entgegen. Noch sind sie alle trocken, wohlduftend und unbeschwert. "Have fun" sagen wir und grinsen besserwissend in uns hinein.

Im Nachgang betrachtet ist der Track eine super Erfahrung. Die Ruine ist was ganz besonderes und der Weg dorthin holt einen durchgängig aus der eigenen Komfortzone. Währenddessen fragt man sich des Öfteren; warum mache ich das eigentlich freiwillig und zahlt auch noch Kohle dafür? Hinterher ist es ein super Gefühl und diese Erfahrung schweißt auch eine Gruppe von Fremden zusammen.

Danke an unsere tollen Guides Hugo, Enrique und Oscar sowie an unsere super Wanderkumpanen aus Holland, Australien, England, Irland, Neuseeland und Deutschland. :) 


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