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2023 - August - Tag der offenen Tür im Bundeskanzleramt

Veröffentlicht: 20.08.2023

Einmal dem Kanzler über die Schulter schauen, das geht evt. über ein Praktikum oder den steinigen Weg in der Politik. Die viel einfachere Variante zu einer Stippvisite ist es aber, am Tag der offenen Tür zu erscheinen. 

Wir haben das genutzt und hätten gar nicht vermutet, dass das wirklich spannend werden kann. Selbstverständlich steht am Beginn eines Besuches im Kanzleramt eine Personenkontrolle wie am Flughafen. Allerdings ging es hier wesentlich schneller als beim Check-in am Airport, denn alles war super organisiert. 

Einmal drin stehen einem zwar nicht alle Türen offen, aber viele. Am beeindruckendsten fanden wir aber das Planspiel. Hier fanden wir uns, mit anderen zufällig zusammengewürfelten Besuchern, zusammen in einem Sitzungssaal wieder. 

An großen Tischen für jeweils 8 Personen, bekam dann jeder ein Tablet ausgehändigt. Danach wurde offenbart, in welchem Ministerium man gelandet war. Wir waren plötzlich Mitarbeiter des Justizministeriums. Andere Tische stellten andere Ministerien bzw. auch das Kanzleramt. 

Konkret ging es darum, einen fiktiven Gesetzesvorschlag des Ministeriums für Arbeit und Soziales zum Sozialen Pflichtdienst zu verhandeln. Das tatsächlich einmal von unserem Bundespräsidenten Steinmeier vorgeschlagene soziale Jahr, birgt mehr Stolpersteine als man denkt. 

Wir im Justizministerium waren deshalb überhaupt nicht von diesem neuen Gesetzesvorschlag überzeugt: Was ist mit der sozialen Freiheit der jungen Menschen? Ist dieser Vorschlag sogar verfassungswidrig? Und dann die praktischen Probleme: Wie und wo bringt man pro Jahr ca. 700.000 junge Leute unter? Und was ist mit Deutschen im Ausland oder ausländischen Jugendlichen hier?

Schnell waren wir am Tisch in unserer Rolle und ebenso schnell hatte sich unter uns ein Wortführer gefunden, der dann zum Minister ernannt wurde. Der Nebentisch stellte übrigens den Kanzler, in unserem Fall sogar eine Kanzlerin. 

Zusammen mit jeweils einem Staatssekretär nahmen nun alle Minister und die Kanzlerin am großen Sitzungstisch Platz. Wir, als Mitarbeiter im Hintergrund, konnten aber unserem Minister über unsere Tablets Nachrichten schicken. Und das taten wir. Es stellte sich sogar heraus, dass wir eine holländische Juristin unter uns hatten, die dann die richtigen Artikel aus dem Grundgesetz heraussuchte.

Ihr glaubt gar nicht, wie viele interessierte Bürger es tatsächlich gibt und alle waren mit Herzblut bei der Sache. Darunter waren sogar Kinder und zwei stellten auch einen Ministerposten.

Der Kanzler/die Kanzlerin ist bei so einer Sitzung übrigens mehr ein Vermittler bzw. hat eine moderierende Funktion. 

Am Ende haben wir dann abgestimmt und die meisten Stimmen waren dann gegen den neuen Gesetzentwurf.

Mitten in unserem Planspiel betrat dann übrigens noch der echte Hausherr den Raum. Nein, nicht Kanzler Scholz, sondern der Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt. Er hat ja auch die Funktionsbezeichnung "Bundesminister für besondere Aufgaben". Natürlich kam er mit seiner kompletten Entourage inklusive Leibwächter und hat uns dann mal Einblicke in seine Arbeit gegeben. 

Aber natürlich haben wir auch das Bundeskanzleramt von außen und innen besichtigt und bei bestem Wetter mit Blick auf die Spree einen Imbiss eingenommen. Am Ende waren wir von diesem Besuch wirklich angetan. 

Selbst wenn ihr also keine Lust auf das von uns mitgemachte Planspiel hättet, kann ich euch einen Besuch im Bundeskanzleramt wirklich empfehlen!

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