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#62 Caminito del Rey, der ehemals gefährlichste Wanderweg der Welt

Veröffentlicht: 06.02.2022

28. Januar 2022: El Chorro


J. Der Caminito del Rey, der Königsweg, liegt in den Bergen, hinter Málaga und ist bekannt dafür, dass er mal der gefährlichste Wanderweg der Welt war. Damals, 1999 und 2000 stürzten mehrere Wanderer ab und starben, woraufhin der Weg zunächst geschlossen wurde. Er führt nämlich entlang der Steilwände einer bis zu 200 m tiefen Schlucht und verläuft etwa 100 m überm Boden. Natürlich wollten einige Adrenalin-Süchtige es sich nicht nehmen lassen, trotz der Sperrung und hoher Strafe den Wanderweg zu bezwingen. Sodass der Weg 2015 grundlegend renoviert wurde und nun für die Öffentlichkeit wieder zugänglich ist.

Dass man hier in den Bergen gut klettern kann, haben wir schon am Abend vorher gemerkt. Wir verbrachten die Nacht auf einem wunderschönen Parkplatz unter Pinien zusammen mit unglaublich vielen jungen Leuten. Zum ersten Mal seit unserer Reise sind wir nicht mehr hauptsächlich von Rentnern umgeben, sondern von jungen Europäern, die auch im Van herumreisen. Die meisten von ihnen haben sich hier mit einer größeren Gruppe für mehrere Tage zum Klettern getroffen. Trotzdem blieben die Nationalitäten hauptsächlich unter sich, so gab es ein Belgisches, ein Französisches und ein Tschechisches Camp, zwischendrin standen noch viele einzelne Vans herum.

Um zum Start des Caminito del Reys zu kommen, haben wir einen Bus genommen und sind dann noch 30 Minuten auf einem schönen Spazierweg durch den Wald gelaufen. Da wir all das länger eingeschätzt hatten, waren wir 40 Minuten vor unserem, im Internet gebuchten Termin dort. Wir wurden allerdings auch schon 40 Minuten früher reingelassen.

Man muss im Internet einen Termin für einen Wanderweg buchen? Ja genau. Nachdem dieser Weg mal der gefährlichste der Welt war, ist er nun in jeder Hinsicht auf Sicherheit ausgelegt. Nur eine bestimmte Anzahl an Personen darf zur selben Zeit auf dem Weg sein. Der Weg ist aus Holz und Stahl über dem alten Weg aus Beton angebracht, hat selbstverständlich einen ordentlichen Zaun und auf beiden Seiten Geländer oder Stahlseile zum Festhalten. Am Eingang bekommt man einen Helm und alle paar Hundert Meter steht ein Mitarbeiter herum, vielleicht um sicherzustellen, dass keiner über den Zaun klettert. Das hört sich zuerst vielleicht langweilig an. Es gibt aber trotzdem eine atemberaubende Aussicht die Schlucht hinunter und auf die gegenüberliegende Berge. Oben um die Spitzen der Berge kreisten Geier, die beeindruckend anzusehen waren und weit unter uns floss der Fluss gemächlich durch die Felsen.

Alles ist auf Sicherheit ausgelegt, auch bezüglich Corona. Selbst mitten in den Bergen, gibt es Desinfektionsspender.

Da der Weg ein Bohlenweg ist, kann man durch die Bretter hindurch nach unten gucken. Oft verläuft der Weg direkt über dem alten, ziemlich zerfallenen Weg, der manchmal nur aus verrosteten Stahlträgern, manchmal auch aus löchrigem Beton besteht. Da würde ich nicht gerne drauf laufen, vor allem nicht in dieser Höhe.

Nach einer Weile kamen wir auf einen Schotterweg, der uns weiter durch das Tal brachte. Wir genossen die herrlichen Aussichten und das gute Wetter.

Gegen Ende des Weges wurde es dann aber noch mal richtig spannend. Nachdem wir eine Weile in einem ehemaligen, ziemlich schmalen Kanal gelaufen waren, begann der zweite Bohlenweg, der sich an die glatte Felswand klammerte. Doch leider war er geschlossen. Anscheinend ist der ehemals gefährlichste Wanderweg der Welt, immer noch gelegentlich sehr gefährlich. Dieser Teil des Weges ist nämlich nicht immer geschlossen, wie wir später herausfanden, letzte Woche war er noch geöffnet. Damit wir trotzdem bis zum Ende des Weges gehen konnten, wurden wir durch einen Tunnel umgeleitet. Es war ein sehr langer, sehr, sehr dunkler Tunnel. Auf einem Weg, der in jeder Hinsicht auf Sicherheit ausgelegt ist, fanden wir es verwunderlich, dass dieser Tunnel nur mit vereinzelten, mickrigen LEDs beleuchtet war. Ich glaube Teelichter wären heller gewesen. Wir tapsten uns also in der Dunkelheit voran und immer dann, wenn es mir gerade etwas zu unheimlich wurde, war Licht am Ende des Tunnels zu sehen und wir kamen zu einem kleinen Aussichtspunkt, von dem wir die Schlucht und den zurzeit gesperrten Weg sehen konnten.

Der Blitz meiner Kamera erhellt den dunklen Tunnel.
Blick vom Aussichtspunkt: Im Vordergund: der ehemalige Weg aus verrosteten Bahngleisen und bröckeligem Beton. Dahinter: der zurzeit gesperrte neue Weg.
Blick vom Aussichtspunkt: Auf der anderen Seite der Schlucht gräbt sich eine Bahnstrecke durch den Berg.
Aussicht vom Aussichtspunkt.

Nach drei dieser unendlich langen, dunklen Tunnel waren wir endlich wieder im Freien und wurden direkt mit einer schönen Aussicht belohnt. Wir wurden allerdings auch ein bisschen nass, ganz in der Nähe fiel nämlich ein Wasserfall die Steilwand herunter. Als wir um die nächste Biegung gingen, wussten wir auch warum wir von diesem Wasserfall nass wurden. Es wehte hier ein so starker Wind, dass der Wasserfall gerade einmal einen Meter fiel und danach in tausenden Wassertropfen zur Seite wehte. Genau an dieser Stelle ging eine Hängebrücke über die Schlucht. Auch bei Windstille ist diese Hängebrücke, bei der man nur auf Gittern 100m über dem Boden läuft, sicher nichts für Menschen mit Höhenangst. Jetzt wehte hier aber ein so starker Wind, dass ich selbst auf normalen Grund Angst hätte, umgeweht zu werden. Leider konnte ich die Aussicht, die von dieser Brücke sicher atemberaubend ist, nicht genießen. Ich war zu sehr damit beschäftigt, mich und meine Kamera festzuhalten, die sonst sicher weggeweht worden wäre und versuchte möglichst schnell ans andere Ende zu kommen.

Während wir auf der Brücke waren, kam ein Mitarbeiter mit einem Windmessgerät, vielleicht überlegten sie gerade den Weg zu schließen. Wir durften aber weiter gehen. Auf der anderen Seite hing der Bohlenweg auf halber Höhe an einer 200m hohen Steilwand. Die Schlucht öffnete sich hier in ein etwas breiteres Tal und wir konnten weit sehen. Der Weg ging nun allerdings, immer noch an der Steilwand, erst auf sehr schmalen Stufen nach unten und etwas später führte eine Treppe, durch deren Stufen man hervorragend die weite Leere unter einem sehen konnte, wieder nach oben. Natürlich immer noch bei sehr starkem Wind. Gut, dass wir keine Höhenangst haben. Trotzdem war ich froh als wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten und auch viele Leute nach uns kamen zitternd, sich am Geländer festklammernd am Ende des Weges an.

Es war ein atemberaubender Weg. Allerdings empfehle ich keinen mit Höhenangst, Platzangst oder Angst vor Dunkelheit diesen Weg bei starkem Wind zu machen. (Bei besserem Wetter kann man den Weg, um den Tunnel herum nehmen und hat sicherlich auch tolle Aussichten.) Später haben wir zwei US-Amerikaner getroffen, die einige Tage vor uns, bei nahezu Windstille diesen Weg gegangen waren. Allerdings hat einer der beiden Höhenangst. Sie haben ein Video darüber gedreht, in dem auch schöne Drohnenbilder zu sehen sind. (Bei Interesse, hier der Link: https://www.youtube.com/watch?v=aqKyIU9PyRM&t=24s)

Nach dem Ende des zweiten Bohlenwegs mussten wir noch eine halbe Stunde durch die schöne Landschaft laufen, bis wir unsere Helme abgeben konnten und wieder zurück bei unserem Van waren. Die ganze Strecke war zwar mit 4 Stunden angekündigt, darin sind aber alle Wege vor- und hinterher und sogar die Busfahrzeit enthalten. Wir haben auf dem Caminito del Rey, mit vielen Pausen insgesamt nur 2,5 Stunden verbracht. Trotzdem war es wunderschön und ein tolles Erlebnis!


Tag 105 – Gesamttour 6.749 km


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