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Nach dem Jetlag

Veröffentlicht: 22.10.2023

Nach der langen Reise mit einer Übernachtung in Cebu verbringen wir 9 Tage auf Camiguin, um neben etwas tauchen vor allem den Jetlag hinter uns zu bringen. Es ist wie ein nach Hause kommen in Camiguin: «unser» Cottage im «silent garden» beim Schweizer René mit seiner Frau Irene, Freunde und Bekannte, die wir treffen und der Tauchshop, der zwar ein paar hundert Meter weiter weg ist, aber sonst gleich wie vorher: vor allem bleibt uns aber unser Tauchguide Dondon erhalten, der kurz vor dem Abschluss zum Divemaster steht und nun vom Tauchshop angestellt ist, was uns sehr für ihn freut. Das einzige, was sich ändert, ist die Wassertemperatur (wunderbar warm, 30 Grad an der Oberfläche) und die Küstenlinie, da sich bei jedem Windrichtungswechsel (jetzt gerade wieder als Übergang zur kühleren Jahreszeit) durch Verschieben von Tonnen von Sand verändert.

Wir sind bereit für die ersten Interviews, die sogleich am Montag nach unserer Ankunft in Cagayan de Oro beginnen. Es ist spannend, mit den Kandidatinnen (es sind alles Frauen) zu sprechen, die es in die engere Auswahl geschafft haben. Von insgesamt 25 BewerberInnen für die Stelle als SozialarbeiterIn und Allrounder kamen 7 zum zweiten Interview (einer war krank, eine erschien nicht). Wir hätten uns drei davon als gute Mitarbeiterin vorstellen können, aber nur Aiza brachte alle wünschenswerten Voraussetzungen ideal zusammen: sie ist freundlich und nett, weder zu selbstsicher noch unsicher, offen und unkompliziert und verfügt über Erfahrung als Sozialarbeiterin. Wir freuen uns sehr, sie in unserem Team zu haben!

Aiza beginnt ihre Arbeit schon am Samstag in der gleichen Woche, weil dann das Sportsfest für die 4-6 Klässler geplant wird, das sie als Hauptverantwortliche zusammen mit Keno leiten wird. Unterstützt werden die beiden von Batulong-College-Studenten, die sich treffen, um die Organisation zu besprechen. Dieses Jahr haben wir eine Rekordzahl von 90! Anmeldungen für den Sporttag. Es werden dann vor allem Staffetten und Geschicklichkeitsspiele durchgeführt, die von den Studenten ausgedacht und später den Kindern erklärt werden. Schon während der Vorbereitung am Samstag wird viel gelacht beim Ausprobieren der Spiele: besonders bei der Staffette, bei der Mehl mit einer Spielkarte als Löffel von Person zu Person weitergegeben soll. Lachen verboten, denn sonst hat das Gegenüber ein weisses Mehlgesicht!

Es ist eine Win-Win-Situation: die Studenten lernen Führungsfähigkeiten mit jüngeren Kindern und unser Team wird organisatorisch unterstützt. Es freut uns, dass die Studenten mit Keno und Aiza nachher noch irgendwohin gehen, um noch etwas zusammen zu sein. Batulong will nicht nur Hilfswerk, sondern auch «eine Familie» sein, und Keno bringt die Mitglieder gut zusammen.

Für uns ist es oft spannend zu sehen, wie in der philippinischen Kultur zwischenmenschliche Probleme geregelt werden. Während normalerweise Konflikte nicht (oder zu spät) ausgetragen werden, werden wir am Samstag Zeugen einer recht organisierten Mediation. Ausschlag für den Konflikt war die Regel, dass während des Retreats für die College-Studenten auf einer Biofarm das Gelände nur mit Erlaubnis verlassen werden darf, aber einige offenbar an einem Abend heimlich raus gingen um zu rauchen. Nun sass also ein Angeschuldigter bei uns im Büro, zusammen mit zwei Zeugen zu seinen Gunsten, auf der anderen Seite seine Mutter und ein Student, der während des Retreats von Keno beauftragt wurde zu sehen, ob alle noch auf dem Gelände sind, und der aussagte, dass der Teenager mit anderen zum Rauchen war. Für uns scheint die ganze Sache eine Bagatelle, aber wir merken, dass es darum geht, ob der Junge das nächste Mal nochmals ins Retreat darf.

Die Anhörung beider Seiten nimmt seinen Lauf, der Junge behauptet unschuldig zu sein und vor allem seine Zeugin klingt sehr überzeugend (soweit ich verstehe) und es stellt sich heraus, dass die Aussage, dass draussen geraucht wurde, nicht vom anderen Studenten gemacht wurde, sondern dass jemand aus dem lokalen Küchenteam ihm davon berichtete. Mäge und ich setzen uns dafür ein, dass im Zweifel (wegen Hörensagen) für den Angeklagten entschieden wird und die Sache ist soweit vom Tisch: der Ankläger entschuldigt sich, weil er nicht alle Fakten hatte und die beiden Parteien schütteln am Schluss die Hände, um zu bekräftigen, dass kein Groll mehr besteht.

Unsere Arbeitswoche ist sonst geprägt durch Aufräumen und Vorbereiten für die neue Mitarbeiterin. Wir realisieren, nicht zum ersten Mal, dass unser Büro im Batulongcenter zu klein geworden ist- nicht nur, wenn Mäge und ich dort sind. Oftmals wollen mehrere Studenten ins Büro, um z.B Schulmaterial abzuholen, aber es wird sofort eng und es gibt dann eine Warteschlange vor dem Gebäude. Wir wollen nun abklären, wie die Möglichkeiten für eine Verbreiterung um ca 1.50 m sind. Nächste Woche kommt ein Architekt vorbei.

Parallel dazu müssen wir die Küche renovieren. Nach 12 Jahren haben Feuchtigkeit und Termiten vor allem das Innenleben der Schränke zerstört. Leider ist auch das Hygiene-Verständnis eines Teils unserer freiwilligen HelferInnen etwas reduziert und beim Ausräumen der Schränke kommen mir viele Kakerlaken entgegen! Sie können natürlich durch alle Löcher hineinkriechen, aber das darf nicht sein. In der neuen Küche aus Beton werden wir noch genauer auf die Sauberkeit achten!

Immer wieder berichteten wir in der Vergangenheit von Marivic, der Frau mit Schizophrenie. Vor einem Jahr eskalierte ihr Gesundheitszustand wieder und wir mussten sogar akzeptieren, dass sie zu Hause eingesperrt oder angekettet wird. Selbst eine Neu-Einstellung der Medikamente schien nicht die erwünschte Wirkung zu zeigen und unser Projekt, dass sie zweimal pro Woche ins Batulongcenter zum Essen kommen kann, schien auf wackligen Beinen zu stehen. Sie brauchte zwei Personen, die sie vor «Dummheiten» bewahrten und wir mussten uns z.B jeweils im Büro einschliessen, weil sie sofort alles an sich gerissen – und nicht mehr zurückgegeben hätte.

Nun treffen wir Marivic wieder – praktisch eine neue Person. Sie kommt, schaut ins Büro und sagt Hallo und geht dann Mittag essen. Ihr Blick ist offen und sie kann einen anlächeln! Nach dem Essen wischt sie den Boden und irgendwann geht sie wieder nach Hause (mit einer Begleitperson). Sie ist normal gekleidet und stinkt nicht mehr nach Urin, in dem sie früher zu Hause gelegen hat. Die Medikamente wirken sehr gut und wir sind sicher, dass sie sich nun auch wieder viel besser fühlt. Was wir nicht mehr zu hoffen gewagt haben, ist eingetroffen: Marivic ist wieder ausgeglichen.

Wir sind gespannt auf die nächste Woche mit unserer neuen Sozialarbeiterin und viel Arbeit!

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#batulong#calaanan#sozialarbeiterin