Veröffentlicht: 10.08.2019
Eine Rundreise durch Deutschland mit dem Dachzelt ist seit wenigen Wochen unser Wunsch.
Wir, das sind unsere zwei Schulkinder und Ihre Eltern: Anja (das bin ich und mein lieber Ehemann Kai). Seit 10 Jahren leben wir in der Schweiz und sind gebührtige Brandenburger.
Ich schreibe gern und viel und ich fotografiere. Ich verdiene auch mein Geld mit der Fotografie. Natürlich begleite ich unsere Dachzelt Reise durch Deutschland mit Text und Bild. Ich habe auch die analoge Kamera meines Vaters bei mir und wage es, vier Filme mit Bildern zu füllen. Eine kleine Auswahl an diesen Fotografien wird auch diese Beiträge begleiten.
Unsere Inspiration unserer Reise 2019 wird verstärkt durch ein trauriges Ereignis in meiner Familie. Mein Vater ist mit 71 Jahren plöztlich verstorben. Die Nachricht erhalten wir zwei Wochen vor Sommerferienbeginn. Unser Wunsch nach Natur und aus den vier Wänden flüchten wird verstärkt. Wir legen uns daher auf folgenden Inhalt fest: Ja, es soll eine Reise der Inspiration werden, frei wollen wir uns fühlen und die Reisepläne sollen nach und nach entstehen zu einem grossen Ganzen.
Wir sind seit Monaten Fan von der Geschichte Dachzelt. Das hat uns ein ganz liebenswerter Mensch erfüllt. Hans, Du begleistest uns ebenso durch diese besondere Reise, wie mein Vater. Du hast uns auf den letzten Moment Dein selbst entwickeltes Dachzelt zur Verfügung gestellt. Deine Instruktion und der zweistündige Aufbau auf unserem Dach hat sich sehr gelohnt. Gehalten hat es und es passte auch auf unsere Dachträger. Jeder andere Anbieter wäre wohl abgesprungen. Wir wissen Deine Ruhe, Geduld und absolut kompetente Art und Weise zu schätzen und danken Dir hiermit für Deinen lieben Empfang.
Der Abend vor unserer Abreise ist der 29. Juli 2019. Wir sind vorbereitet, zumindest im Groben. Wir starten mal und packen alles Nötige zusammen für das draussen Leben und Essen. Taschenlampen, Batterien, Spüli, Lichterketten und genug Wäsche waren bisher der Bringer auf unseren Listen. Das nächste Ziel nach Abreise aus dem Zürcher Weinland soll maximal 3 Stunden entfernt sein. Dadurch, dass wir nun doch in Ostdeutschland starten müssen, verlegen wir kurzerhand Westdeutschland auf die Heimreiseroute. Auf der Autofahrt suchen wir einen Campingplatz für unsere erste Rast. Also "telefonieren wir mit dem Thüringer Wald". Es tut sich ein Platz am Hohenwarte Stausee auf. Wo wir gelandet sind, stellen wir fest, nachdem das Navigationsgerät kein Ziel mehr verfolgt und minutenlang sucht und die Smartphones auch nicht auf vollen Empfang stehen. Den Campingplatz finden wir jedoch und werden von einer Niederländerin herzlich begrüsst. Das Dachzelt ist innerhalb Minuten aufgebaut. Es war Regen zu erwarten, den wollen wir nicht abfangen während dem Aufbau. Der Campingplatz und das Restaurant sind inspiziert. Schlafplätze, Lichterkette und erste Kleider sind sortiert. Wir wandern am frühen Abend zum Badeplatz, den man uns empfohlen hat und kommen in einem Wald an, der uns regelrecht in seine Arme schliesst, oder besser: in seine Äste. Ich bin ein Kind der Natur, doch der Anblick dieses Grüns, der gigantischen Nadelbäume, des Mooses, des Gesteins und die bemerkenswerte Stille und Abgeschiedenheit faszinieren mich. Noch hinzu kommen Kindheitserinnerungen, weniger an dem Ort, eher am Begriff Hohenwarte Stausee, Thüringen.. Und dessen Atmosphäre berührt mich an einem Punkt, der bestimmt 38 Jahre zurück liegen muss. Wir laufen und laufen. Bis wir Stimmen vernehmen, Badegäste. Wir sind angekommen. Es ist zwar nur ein Zipfel des Gewässers, unsere Kinder und mein Mann haben jedoch grosse Freude, darin kurz zu baden. Ich bin noch kein Fan. Ich war bereits sehr viel im blau schimmernden Bodensee baden und geniesse einfach nur den wohltuenden Wald. Eine Stunde später sind wir zurück auf dem Campingplatz, da das Restaurant, die einzige Nahrungsquelle mit warmen Essen für heute, bald schliessen wird. Die Bedienung ist sehr herzlich, vermutlich der Vater der Campingplatzbesitzerin. Es regnet. Wir Vier sitzen mit ein paar wenigen Gästen auf der Terrasse des einzigen Versorgers weit und breit. Es ist bald 20 Uhr. Der Magen ist zunächst beruhigt und wir geniessen nach einem Smalltalk mit Niederländern die absolute Stille. Etwas WLan haben wir auch, um nach den Wetterprognosen zu recherchieren und wenigstens den Angehörigen mitzuteilen, wohin es uns verschlagen hat. Und mitzuteilen, dass wir heute auf eine ebenso abgeschiedene und sehr herzliche Tankstelle gestossen sind, unsere Lieblingsschokolade gekauft haben und mit den Ortsansässigen ins Gespräch gerieten, die wissen wollten, wohin wir gehen oder ob wir gerade ankommen. ( In meiner Phase der Trauer hätte ich gern geantwortet: "es trifft auf uns Beides zu" oder "Wir wissen eigentlich nicht, ob wir am gewünschten Ziel ankommen oder wohin wir wollen"). Vor und nach dem Regen bemerken wir wirklich gar keinen Vogel, keine anderen Tiere der Nacht, keine Grille, kaum Stimmen auf dem gesamten Platz. Es ist ein herrlicher Moment. Ich würde sagen, unter den Emotionen ist es fast ein Trost - nichts lenkt ab. Nur ich, nur wir - unsere Kinder und Mama und Papa, mit unseren Gefühlen, ohne Geräusche, ohne störendes Licht, keine Autos oder gar Flugzeuge hören wir. Wir sehen in der tiefen Dunkelheit nur die Silhouette der Natur. Ich mache mich nach dem Nachtlager einrichten nochmals auf den Weg zum Restaurant, weil man dort die einzige Verbindung mit dem Internet hat. Und ich will diese Dunkelheit und Stille in der Natur hoch oberhalb dem Campingplatz in meine Gedanken aufnehmen, einatmen. Ich bin etwas aufgewühlt und weine, weine nach meinem Vater, weine, weil ich ihn vermisse und weiss, er ist hier neben mir. Weine, weil ich ihn spüre, aber nicht greifen kann. Die Natur umarmt mich. Die Reise hat für mich begonnen und ich küsse wenig später meine Familie in den Schlaf. Die bunten Lampen unserer im leichten Wind wehenden Lichterkette bleiben die Nacht über an. Mein Nachtwächter. Ich wälze mich etwas hin und her und stelle dann jedoch eine gewisse Gemütlichkeit fest, welche verspricht, dass im Auto zu nächtigen schön werden kann. Vom Dachzelt tönt in leiser Lautstärke noch das Kinder Hörspiel über den Platz. Die Kinder sind fest eingeschlafen. Wir kuscheln uns in unsere Schlafsäcke und versuchen, zu schlafen. Die Luft ist herrlich.