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Tag 41: Die Missionierung der Indigenen

Veröffentlicht: 15.08.2016

09.08.2016


Was für ein gemütlicher erster Morgen in Australien. Zwar begrüßen uns noch keine Kängurus in unserem Hostelbett aber mit gratis Tee und der Gewissheit, unseren eigenen Camper abholen zu können steht man trotzdem leicht und voller Elan auf. Bevor wir losziehen um die entlegene Abholstation zu finden heißt es noch ein extraausgiebiges und intensives Duscherlebnis zu genießen, da die nächste Wasserstelle in ungewisser Ferne liegt.

Die Navigation zum Abholplatz liegt heute ausnahmsweise in meiner Hand und ich laufe orientierungstechnisch zu absoluter Höchstform auf. So wundert es uns Beide, dass wir schlussendlich zwar zwei Busstationen laufen müssen, ich es aber tatsächlich geschafft habe, Richtung und Distanz unseres Weges ohne gröbere Zwischenfälle zu kalkulieren. Vielleicht sollte ich doch noch beim Orientierungslauf anheuern.

Nach einigem hin und her schaffen wir es nicht nur, unseren Camper zu bekommen, sondern uns auch noch fast die gesamte Palette an übergebliebenen gratis Lebensmitteln, die in der Abholstation angeboten werden, einzuhamstern. Auf diesem Weg kommen wir sogar zu einer vollen Flasche Absolut - Vodka, mit der wir zwar aufgrund von Abstinenz nicht viel anfangen können, deshalb aber noch lange nicht auf den australischen Wert einer Spirituose in unserem Vehikel verzichten wollen (wir reden hier immerhin von knapp fünfzig Dollar, vielleicht lässt sich damit ja noch eine Tankfüllung bezahlen).

Den Camper den wir bekommen, hätte ich mir nicht einmal in meinen kühnsten Träumen vorstellen können, so malerisch ist er. Man stelle sich einfach einen VW T3 (also wirklich das älteste busähnliche Gefährt der Welt vor). Nur dass unsere Koala Bomber (jeder gute fahrbare Untersatz braucht natürlich auch einen Namen) aus Japan stammt und von Mitsubishi gebaut wurde – ein Qualitätsmerkmal versteht sich. Die Innenausstattung ist nahe jener eines Penthouses: Bett, Sitzbank, Küche Kühlschrank, Kästen – und das alles auf 4 Quadratmetern. Außen kann man mit viel Phantasie die ursprüngliche Farbe des Busses zwischen den Rostflecken hervorschimmern sehen – ich denke es war weiß! Das Größte an Koala Bomber – K.B. - ist aber wohl ihr dicker, bunter Schriftzug auf den Seitenflächen, welcher „Hippie Camper“ besagt. So können wir sichergehen, dass jeder andere Verkehrsteilnehmer auf uns Rücksicht nimmt und die Polizei uns wesentlich weniger Strafen wird als die anderen Autos – sind wir doch deutlich als Touristen und daher als extraseriöse Fahrer gekennzeichnet (oder als die offiziellen Straßentrottel Australiens, ich denke das ist und bleibt Interpretationssache).

Da ich der Mann bin übernehme selbstverständlich auch ich die Verantwortung und schwinge mich auf den Fahrersitz. Zu meiner Verwunderung muss ich feststellen, dass Gudi es irgendwie geschafft hat, sowohl Lenkrad als auch Pedale auf den Beifahrersitz zu verfrachten. Nach längerer Diskussion und reiflicher Überlegung beschließe ich also, den – hier offensichtlich durchaus aktiven - Beifahrer zu markieren– Man(n) will ja auch ankommen.

Auf der Straße stelle ich bald fest, dass ganz Australien das Lenkrad auf der falschen Seite eingebaut hat. Des Weiteren sind die Australier wirklich katastrophale Autofahrer und neigen unglaublich konsequent dazu, auf der falschen Straßenseite zu fahren – dummerweise mir entgegen. Da ich nicht nur ein Mann sondern auch ein eingefleischter Europäer, ja sogar Österreicher bin, und als zukünftiger Lehrer zusätzlich noch den Drang verspüre, andere Personen zurechtzuweisen und zu verbessern, fahre ich ohne Rücksicht auf Verluste, dafür aber mit Hupe und wilder Gestikulation, auf die Verrückten zu. Offensichtlich wurde bei der Entdeckung Australiens und der darauf folgenden Kolonialisierung nur wenig darauf geachtet, den Wilden den Unterschied zwischen links und rechts beizubringen, weshalb ich es nun als meine Mission ansehe, aus einem Haufen retardierter Geisterfahrer eine Bande rechtsfahrender, gesitteter Bürger zu machen.

Nach einiger Zeit sehe ich den (im Nachhinein betrachtet) riesigen Sticker auf meiner Windschutzscheibe: „left driving!“ Wir recherchieren noch zusätzlich in einigen Reiseführern bevor wir uns ganz sicher sind: in Australien fährt man auf der linken Straßenseite. Muss wohl irgendwie an diesem „andere Seite der Welt Ding“ liegen – alles ist verkehrt. Ein anpassungsfähiger Europäer wie ich einer bin ist es natürlich kein Problem, auf der anderen Straßenseite zu fahren (da ich das in Österreich sowieso ständig unabsichtlich tue) und nachdem ich auch verstanden habe, dass K.B.`s 6. Gang unweigerliches Rückwärtsfahren bedeutet, schaffen wir es mit ach und krach in den Supermarkt – also auf den Parkplatz, nicht in die Tiefkühlabteilung.

Dort angekommen machen wir einen Großeinkauf. Gudi ist für den langweiligen Teil desselben zuständig und wirft Obst, Nudel oder Haferflocken ins Wagerl. Ich hingegen spezialisiere mich sehr schnell auf wesentlich schmackhaftere Utensilien. So greife ich nach einer 2L Packung Schokomilch oder einem 12er Pack Donuts. Zur Belohnung feiere ich meine Einkäufe mit dem Verzehr einer Torte – diese sind um 5$ zu erstehen und haben wohl in etwa 15cm Durchmesser, weshalb sie sich perfekt wie einen Donut essen lassen.[1]

Da wir noch ein paar Tage Zeit bis zu unserer Great Barrier Reef Tour haben, fahren wir in den Norden Cairns und besuchen ein – um 16h schon geschlossenes – Aborigine - Dorf. Kein Wunder das diese Kultur vom Aussterben bedroht ist, wenn sie täglich nur wenige Stunden arbeitet à könnte sich mal ein Beispiel an den Asiaten nehmen.

Da das Dorf auf einem Hügel liegt kann ich meine heimischen, hochalpinen Fahrkünste auspacken und die Serpentinen in australischer Rekordzeit absolvieren.

Am Abend führt uns unsere Australien App (welche uns alle Gratis - Campingplätze anzeigt) zu einem lauschigen Plätzchen, wo wir es uns gemütlich machen und den Vögeln beim Singen zuhören. Da die Sonne um sechs Uhr untergegangen ist wird bei uns ein mittlerweile automatisierter Müdigkeitsreflex ausgelöst und wir fallen in einen tiefen Schlaf.


Gudis glorreiche Gesetze:


Matthias, du musst in Australien auf der linken Straßenseite fahren!

Folgende Worte nehme ich, da ich mich doch sehr auf die Missionierung der indigenen Völker Australiens konzentrieren muss, nur sehr dumpf und weit entfernt wahr. Zum Glück entdecke ich nach einiger Zeit den Sticker an der Windschutzscheibe, Gudi hätte mich wohl nie eloquent genug auf die korrekte Fahrweise hingewiesen.


[1] Heute ist Tag 7 in Australien. Ich denke ich habe so an die 10 Kilo zugenommen und betrachte die Spitze des Eisbergs noch lange nicht als erreicht.

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