Veröffentlicht: 16.09.2016
14.09.2016
Auch ein Meister muss einmal ruhen. Ich bin heute eindeutig außer Gefecht gesetzt, da ich wohl irgendetwas zwischen Eiweißüberschuss und persönlicher Rache des toten Lachses in meinen Gedärmen verspüre. So belasse ich es bei einer kurzen Einleitung und gebe Gudi die Möglichkeit, unseren überaus aufregenden Tag zu schildern. Dabei hoffe ich, dass sie mir, der ich nun endlich einmal wehrlos bin, als kleine Rache für die lyrischen Demütigen der vergangenen Wochen und Monaten sozusagen den „Goldenen Schuss“ verpasst. Somit übergebe ich das Wort und hoffe, dass meine Holde im Folgenden das Rätsel, wer „The Killer“ ist und vieles mehr, auflösen wird. Nur so viel sei verraten: meine ursprüngliche These, dass Lachsfischen in organisierten Gewässern der Fähigkeit des „ Holens der Bierdose aus dem Kühlschrank“ gleicht, wird niederschmetternd widerlegt.
An diesem Tag sollte es also soweit sein: Wir würden das erste Mal mit professioneller Ausrüstung Fischen gehen. Anatoki Salmon, eine von Holländern betriebene Lachszucht, wirbt damit, kostenlos Equipment zur Verfügung zu stellen und nach erfolgreichem Fang, den Fisch frisch und direkt nach Wunsch zuzubereiten. Zahlen müssten wir lediglich das Gewicht des gefangenen Lachses. Ein nicht ausschlagbares Angebot, wie sich Matthias dachte und freute sich darauf mir in Kürze seine männlichen Jagd und Überlebensinstinkte unter Beweis zu stellen – doch dazu kommen wir später.
Nach einer kurzen Einführung bezüglich Angel, Netz und „Mordwerkzeug“ (ein langer Nagel - dem Fisch sollte ein ausgiebiger Todeskampf erspart bleiben), suchten wir uns einen passenden Platz am Teich. Geschickt wusste Matthias die Angel rasch auszuwerfen. Breitbeinig und mit erhobenen Hauptes stand er also da und posierte mit seinem neuen Spielzeug für ein paar passende Blogfotos. Doch Fischen ist eine „lesson in pation“ wie man uns erklärte und so wurde Matthias schnell fad und ich durfte ran. Auch bei mir knabberten ein paar Lachse am Hacken, allerdings anbeißen wollte keiner. So kam es, dass wir uns in den nächsten zwei Stunden mit Angel halten und für Fotos posieren abwechselten.
Ausgerechnet in jenem Moment, in dem keiner damit rechnete, passierte es: Ein Lachs biss an. Aufgeregt begann Matthias die Schnur einzuholen und mir Anweisungen zu geben. „Mach ein Video! Halte das Netz bereit! Hast du schon ein Foto gemacht? Wo ist das Mordwerkzeug?“, rief er mir zu. Der Akku war, wie in solchen Fällen natürlich immer, leer und das gefragte Equipment weit verteilt, trotzdem versuchte ich so gut es ging zu Helfen. Nachdem der tollkühne Jäger endlich begriffen hatte, dass die Schnur zuerst gesichert werden musste um sie einzuholen, sahen wir nach einem schier endlos wirkenden Kampf den Lachs in der zur Verfügung gestellten Kiste vor uns liegen. Nun musste das Tier möglichst rasch mit einem Stich zwischen die Augen getötet werden. Doch während dieser um sein Leben zappelte, hüpfte Matthias auf und ab und machte dabei einen weitaus hysterischeren Eindruck als der Fisch selbst. Ein paar „Uhs“, „Ihhs“ und einem „Wähh, der lebt ja“ später analysierte ich: „Das wird so heut nix mehr“. Als Tochter eines Tierarztes und einer Biologin quasi bei den Wölfen aufgewachsen, störte es mich daher nicht, selbst den Lachs anzupacken und zu erlösen. Da der Fisch einen ausgeprägten Überlebensinstinkt aufwies waren mehrere Stiche notwendig. Schließlich besann sich auch Matthias mir zu helfen und stach noch einmal selbst zu – heldenhaft und selbstlos versteht sich. Halten musste ihn allerdings trotzdem ich. Es bedurfte einiger Überredenskunst und einen eindeutig toten Fisch damit auch der „Ernährer der Familie“ sich traute ihn schlussendlich mit einem Finger zu berühren. (Anm. Matthias: Also Bitte, ich war nur vorsichtig, diese Fische haben ja gerade, wenn die auf so engem Lebensraum vegetieren, fast alle die Pest!)
So angewidert Matthias von dem Tier in seiner ursprünglichen Form auch war, als es ans Essen ging schien er doch zufrieden. In Form von Sashimi und Lachssteak hätte das selbstgefangene Mahl besser nicht schmecken können. Auch wenn mein werter Freund bis dato darauf besteht er habe den Fisch eigenhändig und alleine gefangen und erlegt, so finde ich doch, dass die Welt ein Recht darauf hat zu erfahren, wer der wahre „Killer“ von uns beiden an diesem Tag war.
So, an dieser Stelle erst einmal ein herzliches Dankeschön für diesen Gastkommentar. Die Schilderungen waren zwar etwas prägnant und teils äußerst fragwürdig, doch jedem sei doch die eigene Version seiner Wahrheit vergönnt. Schlussendlich habe ich mich dann doch noch getraut, den Fisch anzugreifen, wenngleich ich dabei wohl etwas entspannter hätte sein können. Ich hoffe, die falsche Zeit (ich schreibe gewöhnlich in Präsens) hat nicht allzu sehr gestört und entschuldige mich, dass die Rubrik „Gudis glorreiche Gesetze“ heute ausfallen muss, allerdings bin ich der Meinung, dass sie heute sowieso genug ihres Senfs hinzugeben durfte.