Mit Geschichte(n) um die Welt
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Der Weg nach Sydney führt ab Hamburg über Hövelhof und Hohengüstow

Veröffentlicht: 20.06.2023


Von Hamburg in die Welt I.

Hamburg hinter mir, die Welt voraus: Nachdem ich mit Sack und Pack und einem letzten Besuch im Staatsarchiv Hamburg verlassen habe, ging es nach Hövelhof. Wer kennt es nicht?!

Die Arbeit im „Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine“ in den letzten 1,5 Jahren ist wohl eine der wichtigsten Aufgaben, die ich in meinem bisherigen Berufsleben übernommen habe, aufgrund des Krieges nach dem 24.2.2022 auch machen musste, wie viele Kolleg:innen. Zum ersten Mal trafen wir uns als aktive Mitglieder des „Hilfsnetzwerks“ und dies nicht irgendwo, sondern in der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne in NRW. Das waren außergewöhnliche Tage, ein Arbeitstreffen, eine Tagung, zugleich auch und vor allem ein Austausch, um sich zu stärken und zu ermutigen, trotz allem.

Meine Hochachtung gilt den Kolleg:innen in der Ukraine vor Ort, die extra aus dem Kriegsgebiet angereist sind. Das Treffen war emotional, fordernd und auch – in all dem menschengemachten Drama – gut und wichtig. Es war auch meine letzte Veranstaltung als Gedenkstättenmitarbeiterin - und in Europa.

Es gab zuvor Momente in denen ich es „zu weit“ fand, nach NRW, nach Hövelhof. Und auch für mich „zu viel“ bevor ich „wirklich“ aufbreche – in Anbetracht der Tatsache, dass etwa 25 Kolleg:innen aus der Ukraine über Tage hinweg sich auf den Weg gemacht haben, waren das absurde, in Teilen lächerliche Gedanken.

Ehrenfriedhof sowjetischer Kriegstoter Stukenbrock-Senne. Mehr hier: https://stalag326.de/ehrenfriedhof/

Mehr zur Tagung und dem Hilfsnetzwerk: https://hilfsnetzwerk-nsverfolgte.de/tagung-erinnerung-die-leben-rettet-perspektiven-deutsch-ukrainischer-zusammenarbeit-im-hilfsnetzwerk-fuer-ueberlebende-der-ns-verfolgung/

Danach weiter nach Hohengüstow, meinem Heimatdorf, in die Uckermark, einmal quer durch Deutschland nach Osten bevor es gen West geht. Nochmal mit meinem Neffen im Regen im See spielen, Grillen zuhause, ein Bier (und Ausbildung) bei der Freiwilligen Feuerwehr, Gespräche mit meinen Großeltern, Fahrrad fahren und erneut packen, umpacken, auspacken, einpacken, Polnischkurs via skype; Bekannte, die mir im Vorbeifahren eine gute Reise wünschen; Bücher abfotografieren, viele; halbchaotisch in einen Ordner „einsortieren“, auf dem Laptop abspeichern – mit dem Gedanken, dass ich das wohl ohnehin eher erst nach Sydney wirklich tun werde, aber na ja, für’s Gewissen und so ist es „im Gepäck“.

Bist du aufgeregt?

Nein, ehrlich gesagt nicht. Vielleicht weil das (große) Unterwegssein schon längst begonnen hat. Nach London geht es morgen eher in Bekanntes. Kanada, Sydney alles erscheint mir derzeit – obwohl ich in nicht einmal 12 Stunden fahre – irgendwie sehr weit weg.

Cliffhanger – lt. Duden: „große Spannung (1a) hervorrufendes dramatisches Ereignis am Ende einer Folge (…), das die Neugier auf die Fortsetzung wecken soll“ – für den kommenden Post zum „polnischen London“, denn dort werde ich (erneut) die polnischen Exil- und Diaspora-Archive durchwühlen und vielleicht auch ein belarusisches.

Nachtrag

Mein (wirklich) erster Halt letzte Woche war das Staatsarchiv in Hamburg – ein weiter Weg, gesehen von der Hamburger Neustadt. Beim „Ankommen“ stellte ich fest, dass mein Rucksack zu groß für die dortigen Schließfächer ist. Ich durfte ihn netterweise im Lesesaal abstellen. Als die Aufsicht mich fragte, wo ich denn hinwolle und ich ohne Zögern „Sydney“ antwortete, mussten wir beide lachen.

Von Hamburg in die Welt II.
Das Motto nehme ich mit!


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