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Valparaiso ist bunt - die Atacama auch

Veröffentlicht: 08.04.2018


Wir sind zurück in Chile und hoffen, dass uns Land und Menschen im Norden mehr zusagen und Chile seinen schlechten ersten und zweiten Eindruck wettmachen kann. Man kann ja auch die Friesen auch nicht mit den Bayern vergleichen, das Rheinland nicht mit Westfalen.

Unser erstes Ziel ist Valparaiso, ehemals der bedeutendste Hafen im Pazifik. Nach der Eröffnung des Panamakanals verlor der Hafen seine Bedeutung, ist jetzt nicht einmal mehr der größte Hafen des Landes. Heute ist Valparaiso, die Stadt auf den 27 Hügeln, bekannt für ihre steilen Treppen und Aufzüge, für ihre bunten Häuser und Wandmalereien sowie ihre Altstadt, die sei 2003 Weltkulturerbe ist. Valparaiso gilt als kreativste, chaotischste und avangardistischste Stadt Chiles über die Pablo Neruda, dessen Haus eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt ist, schrieb: “Valparaiso, wie töricht du bist…..du kämmst nicht dein Haar, hattest nie Zeit dich anzukleiden, das Leben hat dich stets überrascht“ .

Wir suchen uns einen Campingplatz etwas außerhalb und als der Linienbus uns am nächsten Morgen nach einer halsbrecherische Fahrt im Zentrum der Stadt aussetzt, bescheißt uns der Busfahrer erst mal um ein paar tausend Peseten Wechselgeld (man bezahlt hier beim Aus- statt beim Einsteigen), bloody Tourists! Wir wissen nicht genau, wo wir sind und schlendern erst mal durch die Straßen und Gassen. Jedes Haus, jeder Winkel, jeder Stein scheint mit Graffities besprüht zu sein. Die bunten Häuser und Hütten kleben wie Schwalbennester an den steilen Hügeln, die Straßen, Gassen und Treppen sind ein einziges buntes Gewirr. Jede Ecke bietet neue Ausblicke und wir verirren uns prompt. Uniformierte Schulmädchen bieten ihre Hilfe an und freuen sich, ihre überraschend guten Deutschkenntnisse an uns zu erproben. Oben auf einem Hügel hält uns ein ältere Herr vom Betreten einer steilen langen Treppe abwärz ab – unter sei abgeschlossen. Er spricht etwas Englisch, plaudert eine Weile mit uns und zeigt uns dann den Weg zur richtigen Treppe. Wir schlendern weiter durch die Altstadt, auf einem alternativen Markt erstehen wir das beste Brot unserer bisherigen Reise und 2 köstliche Chutneys. Die Stadt pulsiert, scheint immer im Aufbruch und das kreative Chaos ist Programm. Es könnte tatsächlich eine Traumstadt sein – aber es ist gleichzeitig die dreckigste und miefigste Stadt, die wir jemals erlebt haben. Über all stinkt es nach Urin und Müll, im Straßengraben verwesen Tierkadaver, die Straßen sind übersät mit Müll und Hundekot, die Häuser verfallen. Von den spektakulären Aufzügen ist bei unserem Besuch keiner mehr in Betrieb. Der Kontrast ist gewaltig und macht es uns schwer, die kreativen und inspirierenden Seiten der Stadt zu würdigen. Den Abend wollen wir hier nicht verbringen und machen uns deshalb auf die Suche nach dem richtigen Bus. Ein Busfahrer, den wir fragen nimmt sich trotz der Hektik des Verkehrs die Zeit, sich nach unsere Hrkunft zu erkundigen. Als Barbara Alemania sagt, strahlt er, drückt ihre die Hand und heißt uns in Chile herzlich willkommen. Auch in den nächsten Wochen machen wir immer wieder die Erfahrung, dass Deutsche ganz besonders gern gesehen sind in Chile….. Wir tun uns etwas schwer damit, sind das als Deutsche ja nun nicht wirklich gewohnt und fragen uns, ob diese Vorliebe für Deutschland was mit der Nazizeit oder doch mit dem ehemaligen sozialistischem Bruderstaat DDR zu tun hat. Oder hat Frau Merkel den Weltfrieden hergestellt und wir haben es nur noch nicht mitbekommen? Zurück auf dem Campingplatz brauchen wir erst mal eine Dusche, um den Dreck der Stadt abzuwaschen. Da es am nächsten Tag regnet, erübrigt sich die Frage, ob wir noch mal in die Stadt hinein fahren. Wir packen alles zusammen und machen uns auf Richtung Atacama.

Die Atacama ist eine Küstenwüste und die trockenste Wüste außerhalb der Polargebiete. Wir durchfahren diese Wüste von Süd nach Nord auf der gesamten Strecke von 1200 km und nehmen dabei zum Teil die autobahnähnlich ausgebaute Panamericana, zu einem großen Teil aber die Küstenstraße. Dadurch verpassen wir zwar das touristische Highlight San Pedro de Atacama, die Wüstenstadt hat sich aber in den letzten Jahren zu einem einzigen Andenkenladen entwickelt und reizt uns nicht besonders. Daher entscheiden wir uns für die touristisch gar nicht erschlossene Küstenstraße und werden nicht enttäuscht. Eine bizarre fremde Landschaft und immer wieder spektakuläre Ausblicke auf den Pazifik, winzige Fischerdörfer aus Hütten und Wellblechverschlägen, kleine Badeorte, Pelikane und rotköpfige Geier. Erschreckend sind die unzähligen Kreuze und Schreine am Wegesrand. Viele richtig groß, mit Fotos der Verunglückten, persönlichen Gegenständen oder Hinweisem auf den Unfall, bis hin zu halben Autowracks malerisch in die Gedenkstätte eingebettet. Ein halbes Dutzend Helme auf dem Zaun vor den Kreuzen lässt uns vermuten, dass hier Bauarbeiter bei der Arbeit am Straßenrand verunglückt sind. In der oft eintönigen Wüstenlandschaft sind diese Schreine auch Mahnung, mal wieder auf das eigene Tempo zu achten. Wir übernachten mal direkt am Pazifik völlig ungestört, mal kurz hinter Antofagasta an einer Steilküste mit Blick auf die Stadt und La Porteda, einem riesigen Felsentor in der Brandung und das Wahrzeichen der ganzen Region. Hier stehen wir mit der Sonne auf und beobachten bei einem Morgenspaziergang die Meeresvögel. Am beeindruckensten ist eine Nacht in der Wüste. Im Angesicht des „Giganten der Atacama“, des größten von ca. 5.000 Geoglyphen, die vor ungefähr 1.000 Jahren in die Berge der Wüste gescharrt oder gelegt wurden, parken wir in völliger Einsamkeit den Dubs. Das Übernachten in der Wüste ist ein einzigartiges Erlebnis und kaum zu beschreiben. Noch nie haben wir so viele Sterne gesehen und noch nie einer solch grenzenlosen Stille gelauscht.

Unsere letzte Station in Chile ist Arica, eine Stadt am Pazifik, wenige Kilometer vor der peruanischen Grenze. Hier bleiben wir zwei Tage auf dem Campingplatz Don Pedro, duschen kalt, tanken nochmal alles auf, was aufzutanken ist. Nur der Kühlschrank bleibt wieder leer, auch nach Peru darf fast nichts an Lebensmitteln eingeführt werden. Wieder versucht ein Tankwart uns falsch rauszugeben, vielleicht ein Versehen, aber wir sind misstrauisch und wachsam geworden.

Unser Chile Resümee? Sehr ambivalent. Die Landschaft ist grandios und unvergleichlich, abseits der Hauptreiserouten vor allem im Norden touristisch nur wenig erschlossen und nahezu ausschließlich von chilenischen Besuchern frequentiert, was natürlich reizvoll ist. Aber vieles ist in einem völlig maroden Zustand, Wege hören irgendwo einfach auf, Straßen zu Sehenswürdigkeiten versanden buchstäblich, Absperrungen verrotten, Mauern zerbröckeln, alles, wirklich alles ist voller Müll. Manchmal scheint es, als würden die Menschen ihren Müll schlicht aus ihren Fenstern werfen, ganze Wohnblocks stehen wie auf einer Müllhalde. In einem Top Zustand sind die Autobahnen, die die gleiche Beschilderung wie in Deutschland haben. Da fühlt man sich gleich heimisch. Uns voraus haben die Chilenen die Maut, alle paar Kilometer zahlt man einen Kleckerbetrag, am Ende des Tages kommt ein ordentliches Sümmchen zusammen und strapaziert die Reisekasse. Ebenfalls wie in Deutschland zahlt man für öffentliche Toiletten, aber hier bekommt man sogar das Toilettenpapier rationiert in die Hand gedrückt. Im Norden sind uns mehr Menschen freundlich, ja herzlich begegnet, aber viele auch mürrisch und wenig hilfsbereit.

Uns hat Chile nicht überzeugt, aber dass ist eine ganz eigene und subjektive Erfahrung und sollte niemanden davon abhalten, dieses Land für sich zu entdecken.

Antworten (5)

Kerstin
Hallo Ihr Lieben, was für ein toller Bericht! Schöne Fotos! Ich bin total begeistert und warte schon auf den nächsten Bericht aus Peru. So einen tollen unvergesslichen Sternenhimmel hatten wir in Namibia. Lg und weiter so! ☺

anna
Hach, da kriegt man Reiselust ... passt schön uff euch uff!!!

Petra
Hallo ihr Lieben. Wieder mal tolle Bilder. An Chaos müsstet ihr ja schon gewohnt sein. Peru wird sicher etwas ruhiger. L.G. aus Moers

Ulli
Valparaiso - das klingt ja nach Fernweh! Nach Seefahrerromantik und Weltreisen. Und dann die Atacama! Wüste direkt am Meer. Wie in Namibia. Wünsche Euch viel Spaß in Peru. Gruß vom Hartmut.

Barbara
Ilse: Zwischen all dem vielen Müll und Unrat habt Ihr unglaublich viele schöne Winkel entdeckt, alles hat eben auch zwei Seiten.