Veröffentlicht: 27.11.2018
Nach nur ca. 2h Flug haben wir die 1540 km von Buenos Aires nach San Carlos de Bariloche überwunden, schon erstaunlich wie schnell man mit dem Flugzeug von Ort zu Ort kommt. Und immer wieder schleicht sich Lisa die Frage in den Kopf: Wie kann eine 60 Tonnen schwere Maschine eigentlich fliegen?
Bariloche erreichen wir bei Weltuntergangsstimmung, so viel Regen, Nebel und Wolken haben wir schon lange nicht mehr gesehen! Und das bei ca. 13 Grad, willkommen im patagonischen Frühling! Doch der Taxi Fahrer erzählt uns gleich, dass die nächsten 4 Tage bestes Wetter werden soll - und damit soll er Recht behalten. Leider müssen wir aber an diesem verregneten Abend noch mal das Hostel verlassen, da wir kaum Bargeld mehr haben und es in Südamerika leider nicht so sehr verbreitet ist, mit Kreditkarte zu bezahlen. Also machen wir uns auf zum nächsten Supermarkt mit Bankautomat und nutzen den Spaziergang gleich, um in einem empfohlenen Grill-Restaurant das erste argentinische Steak zu essen :) Die Qualität ist grandios und das Fleisch unglaublich zart. Und bei diesem Geschmack kann es sich nur um glückliche Wiesen-Kühe gehandelt haben :)
Wie angekündigt wird das Wetter die kommenden Tage wunderbar. Nachts und morgens sinkt die Temperatur zwar schon mal auf bis 3 Grad, aber tagsüber in der Sonne heizt es sich auch auf. Das perfekte Wander-Wetter! Und so nehmen wir uns an Tag 1 gleich Bariloches' "Hausberg" vor, den Cerro Otto. Unterhalb der Seilbahn kraxeln wir den ziemlich steilen Weg nach oben mit herrlicher Aussicht auf den Lago Nahuel Huapi und finden - abseits der faulen Seilbahn-Touristen - den perfekten Weg zurück nach unten. Stärken können wir uns mit dem - nach Aussage des russischen Bäckers - besten Brot des Landes, der uns am Morgen ganz stolz ein dunkles Brot unter die Nase hält und (auf Deutsch!) verkündet: "DAS IST ROGGENBROT!!!!" Wow - gekauft. Zusammen mit dem (ersten auffindbarem) Gemüseaufstrich gar nicht so übel!
Die Wanderung an Tag 2 auf den Cerro Catedral wird etwas anstrengender, dafür aber umso schöner. Der Weg ist einfach traumhaft, oberhalb eines Sees, durch einen wundervollen Wald (in dem die toten Bäume einfach sich selbst überlassen werden und nicht alles picobello aussieht wie in deutschen Wäldern) mit leckerem, schimmerndem Gletscherfluss und einem letzten, steilen Anstieg bis die Schneegrenze erreicht ist! Und so stapfen wir die letzten Meter mit kurzer Hose durch den Schnee, bis wir unser Ziel, das Refugium Frey, erreichen. Hier könnte man nächtigen und ein paar Zelte sind auch aufgeschlagen. Aber wir setzen uns nur an den wunderschönen, halb zugeschneiten See und genießen (auch heute) ein Roggenbrot. Leider haben wir nicht allzu viel Zeit für die Pause, denn aufgrund der nicht-vorhandenen Buspläne in Bariloche haben wir am Morgen 1,5h auf unseren Bus gewartet, was uns wertvolle Zeit gekostet hat. Nach knapp 3h sind wir wieder unten und dürfen netterweise bei einem Einheimischen mitfahren, der uns Nahe unserem Hostel absetzt. Er ist Tourguide und Ski-Lehrer, erzählt er uns, denn im Winter ist hier am Cerro Catedral das größte Skigebiet Südamerikas vorzufinden!
Nach 2 Tagen wandern beschließen wir mal wieder andere Muskelgruppen zu beanspruchen und so mieten wir uns Fahrräder um eine Tour durch die Seenlandschaft zu machen, den sogenannten "Circuito Chico" - Kleiner Kreis. Der Weg geht 36km lang auf und ab durch die herrliche Landschaft, mit diversen Aussichtspunkten. Und Fahrrad fahren hat uns wirklich gefehlt! Wir machen noch einen Abstecher in die Colonia Suiza, sind aber eher enttäuscht da außer ein paar netten Häuschen nicht mehr viel kulturelles von den Schweizer Einwanderern geblieben zu sein scheint. Unsere Hoffnung auf Käsespätzle wird schwer enttäuscht, denn auch hier gibt es wie überall nur Sandwich, HotDog, Pizza und Pommes. Aber macht nichts, zumindest kommen wir auf dem Weg an Schafen (!!) vorbei und haben ja auch unser eigenes Brot dabei (nein, heute nicht das ROGGENBROT sondern eins aus dem - vermutlich einzigen (?) halb-bio Laden ganz Argentiniens!). Das Radeln macht total viel Spaß und so genießen wir die Fahrt sehr, auch wenn Lisa der Heuschnupfen plagt - tja, hier ist halt Frühling!
Insgesamt ist die Umgebung von Bariloche wirklich traumhaft, wenn uns auch die Stadt noch einen Ticken zu groß und somit zu touristisch ist. Aber trotzdem sind wir nur in der Natur unterwegs...selbst in der Dusche des Hostels. Hier haben wir nämlich unseren eigenen Kleintierzoo und zählen in den 4 Tagen 2 Spinnen, 5 Schnecken und 16 Kellerasseln. Am ersten Tag duscht Lisa sogar zusammen mit Rafael - dem Regenwurm. Offensichtlich hat das Fenster eine Direktverbindung zum Garten und den Tierchen scheint unser Badezimmer zu gefallen. Glücklicherweise befördert Jan alle nach und nach wieder nach draußen und erhöht den Wohlfühlfaktor somit ungemein. Bei der Abreise überreichen wir unsere Strichliste feierlich dem Hostel-Personal, die hellauf begeistert sind von unserer Liste, sich aber entschuldigen und versprechen, das dem Besitzer weiterzugeben! Na dann :)