Veröffentlicht: 24.03.2020
08.02.2020: Los ging es nach Zypern. Direkt oder mit Umstieg in Antalya? Dies war uns immer noch nicht so ganz bewusst, als wir bereits im Flugzeug saßen, da die Flüge die gleichen Flugnummern hatten. In Antalya wurden wir dann informiert, dass die Crew wechselt und wir doch alle sitzen bleiben sollten. Gesagt getan und mit einem anderen Piloten ging es dann in weniger als 30 min nach Zypern. Später erfuhren wir, dass es der politischen Situation geschuldet ist, dass es keinen offiziellen Direktflug geben darf und es immer zu einer Zwischenlandung in Antalya kommen muss. Am Flughafen wurden wir freundlich vom Reiseleiter Achmed in Empfang genommen und in unser erstes Hotel gebracht. Dieses lag in der langen östlichen Bucht von Famagusta und war ausgezeichnet ausgestattet.
09.02.2020: Geweckt wurden wir vom Sonnenaufgang mit Blick aufs mehr aus unserem Hotelzimmer. Danach gab es wie jeden Tag ein leckeres Frühstücksbuffet. Besonders lecker auf Zypern: gebratener Halloumi-Käse mit gerade fertig sonnengereifter Zitrone. Sonst war das Essen sehr türkisch angehaucht.
Satt und rund empfing uns Achmed danach im Bus und erzählte uns dann zu allen besuchten Orten immer wieder kleine Geschichten. Erster Stopp war an diesem Tage das Kloster St. Barnabas. In diesem Kloster besichtigten wir eine Ikonen-Ausstellung und spürten den mittelalterlichen Charme einer gut erhaltenen Klosterruine. Danach ging es weiter in die Hauptstadt Lefkosa/Nikosia, die letzte geteilte Hauptstadt Europas. Wir besichtigten den nördlichen türkisch-zypriotischen Teil. Hier zeigte uns Achmed eine ehemalige Karawanserei und eine ehemalige Kathedrale, die zur Moschee umgebaut wurde. Solch ein „religiöses Verschwimmen“ findet man immer wieder auf der Insel und es wirkt fast ungewollt, wenn aufgrund der Mekka Ausrichtung einer Moschee die gesamte Innenarchitektur schräg anmutet.
In der anschließenden Freizeit nahmen wir die Chance war und reisten kurz nach 2 maliger Pass-Kontrolle nach Europa bzw. Südzypern ein. Mitten durch die Altstadt zieht sich die Grenze, wie ein Band auch durchs gesamte Land und teilt den griechischen und türkischen Teil Zyperns. Beide Seiten werden jeweils gefördert vom jeweiligen Staat. Dies sieht man auch: zum einen der europäisch anmutende Süden, zum anderen der urige orientalische etwas verfallenere Norden und das alles in einer Straße mit einem unbewohnten verfallenem Areal (Grenzstreifen) dazwischen. Seit 1974, nachdem es zu Unruhen in Zypern zwischen Griechen und Türken kam und die türkische Armee in Zypern einmarschierte, ist die Insel geteilt und von UN Soldaten dazwischen bewacht. In der Hauptstadt findet man so andauernd blind endende beeindruckende kleine Gassen mit hohen Grenzmauern und Wachtürmen. Hier wird Geschichte doch auf einmal ganz lebendig und präsent.
Nach kurzem Grenzübertritt ging es dann weiter zur antiken Stadt Salamis. Hier bewunderten wir alte Steine und Säulen. Besonders gut erhalten ist noch das Amphitheater mit einem wunderbaren Blick aufs Meer.
Dann hatten wir den Tag geschafft und waren doch sehr durchgefroren, denn auf 5 Grad waren wir mit dünnen Jacken dann doch nicht eingestellt.
10.02.2020: Heute soll die Halbinsel Karpas erkundet werden. Los ging es mit dem Bus durch die landschaftlich schöne unberührte Natur der Halbinsel, die nur 120 km weit weg von Syrien ist. Wir besuchten das Kloster St. Andreas am nordöstlichsten Teil Zyperns. Dieses ehemalige Kloster ist heute eine griechisch-orthodoxe Kirche, obwohl auf Nordzypern eigentlich überall muslimische Moscheen vorherrschen, wurde diese christliche Pilgerstätte aufwendig dank Spendengeldern restauriert. Direkt darunter am Meer ist eine Süßwasser-Quelle, bei deren Genuss von ein paar Tropfen die Jugend wieder kommen soll. Wir haben nach einer ganzen Flasche nix gemerkt, aber vielleicht unsere 91jährige Mitreisende? Um das Kloster herum laufen freie Esel, diese sind auf Zypern heilig und sind sehr zutraulich bzw. wissen, dass wenn man sich vor Autos stellt Besucher meist etwas zu essen reichen, um weiter passieren zu dürfen.
Danach ging es auf der Halbinsel zurück, vorbei am Golden Beach, dem schönster Strand der Insel. Dann verspeisten wir eine große Dorade bei Meerblick und anschließend fuhren wir in ein altes Dorf, in dem man uns Traditionelles, wie z.B. Granatapfelsirup, Johannesbrotsirup u. a. anbot.
11.02.2020: Heute verließen wir das erste Hotel mit Ziel Kyrenia/Girne mit Zwischenstopp in Famagusta. Dort besuchten wir eine orientalische Teppichvertriebsfirma, die es sogar durch eine reißerische Präsentation schaffte uns ein wenig für das Thema Qualität bei Teppichen zu sensibilisieren. Dann besuchten wir die Altstadt von Famagusta. Wir besuchten eine Ex-Kathedrale-jetzt-Moschee und erklommen die ehemalige beeindruckende Stadtmauer. Von hier oben konnte man sogar das alte Stadtviertel Varosha sehen, welches früher eine Touristenhochburg war und nach dem Konflikt 1974 zum Sperrgebiet erklärt wurde. Leider ist der Zutritt aufs strengste verboten. Abschließend probierten wir noch originales handgemachtes Baklava und dann ging es nach Kyrenia in ein neues Hotel.
12.02.2020: Nach Besuchen in einer Schmuck- und Ledervertriebsfirma besuchten wir das ehemalige Kloster Bellapais. Dieses alte gotische Gemäuer bietet einen herrlichen Blick über Kyrenia und die Nordküste. Nur leider regnete es an diesem Tage und die Sicht war sehr getrübt. Wir spazierten durch das kleine Bergdorf und ernteten Orangen, Zitronen und eine Kaktusfeige.
Dann ging es weiter zum malerischen alten Hafen von Kyrenia und wir besuchten, geführt durch einen freilaufenden Hund, die massive Festungsanlage. Hier war auch ein 2300 Jahre altes Schiffswrack ausgestellt, welches heute auf der südzyprischen 20 Cent Münze abgebildet ist.
13+14.02.2020 Nun gingen wir es etwas ruhiger an, spazierten nach Kyrenia, plünderten lokale Supermärkte und genossen die Zeit.
15.-22.02.2020: In der zweiten Woche war nun Erholung angesagt. Tägliches riesen Frühstücksbuffet mit Blick aufs Meer genießen, Strandspaziergänge inkl. Besichtigungen von verlassenen Bauruinen, Sauna, Schwimmen und so verflogen die Tage. Einmal waren wir sogar kurz im gefühlten Eis-Meer baden.
Dann ging es wieder nach Deutschland zurück natürlich mit Zwischenhalt und Crewwechsel in Antalya.
Die anfängliche Skepsis aufgrund des niedrigen Preises der Reise war absolut nicht berechtigt. Ganz im Gegenteil. Es waren wunderschöne 2 Wochen mit fremden Kulturen und tollen Erlebnissen für uns. Der türkische Staat subventioniert übrigens jeden Nordzypern-Urlauber, um den Tourismus auszubauen auf der Nordseite. Sehr interessant war Geschichte und den aktuellen Status quo in der geteilten Hauptstadt und an anderen Orten zu erleben. Dies zeigte immer wieder, dass vergangenes politisches Geschehen von vor über 45 Jahren scheinbar ein Land auf Dauer nachhaltig spalten kann und konträre Kulturen koexistieren, obwohl sie eigentlich die gleichen Wurzeln haben. Durch gigantische Bauprojekte wird die Teilung weiterhin zementiert. So bekommt der komplette Nordteil der Insel sein Leitungswasser mit großem Aufwand aus dem Taunus Gebirge der Türkei durch eine Unterwasserpipeline. Teile der Bevölkerung Zyperns sind wohl für eine erneute Abstimmung mit eventueller Vereinigung von Nord und Süd. Ob diese Einigung wie in Deutschland gelingen kann, wird die Zukunft zeigen.