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Chontasamen

Veröffentlicht: 09.06.2017

5. Juni 2017

ich gebe zu, dass ich die arbeit heute nicht gesucht habe. nochmals schmutzig werden? nochmals ins vivero gehen und dort ein bisschen aufräumen? eigentlich habe ich nicht sooo lust dazu. eine minga mitmachen? sehr gerne. da läuft immer was.
es wäre auch im vivero viel interessanter, wären ein paar leute dort. so zu viert z.b. da könnte man locker einen halben tag intensiv arbeiten, käme ordentlich auf leistung und hätte danach spass beim baden oder sässe zusammen und könnte bei einem bierchen über dies oder das parlieren. vielleicht gelingt es ja, die volontärsidee etwas zu propagieren. vielleicht wäre es möglich, eine universität mit einem austauschprogramm oder wohl eher einem weiterbildungsangebot ganz an der basis unten zu interessieren?
das die reforestation de la selva knochenarbeit ist, habe ich heute beim einsammeln von samen erlebt. tzama ging mit mir, anfangs auch mit valeria, die musste dann aber zurück zu ihrem sohn camillo, in der umgebung des hauses den chontas nach. Das ist eine palme, welche ich von der minga her kenne. dort haben wir am ersten montag fünf chontastämme in den boden zementiert, welche die grundstützen der bühne bilden. erst jetzt, drei wochen später, habe ich gemerkt, dass diese palmen verdammt tückisch sind. denn im pflanzenstadium haben die nadeln rund um den stamm, ganz verrückt. es sind bäume wie langgezogene seeigel. stacheln mehrere zentimeter lang, und diese finden sich auch am boden, was man ziemlich schnell beim aufsammeln der roten, grünen oder halbverfaulten, schimmeligen und verwurmten früchte merkt. die samen kann man aus all diesen früchten herausnehmen, die schönen, gesunden früchte kann man sogar kochen.
warum ist das knochenarbeit?
1. es schwirren dir die ganze zeit viecher um den kopf. die pieksen auch ab und an, doch ich glaube, die tags über sind nicht die gefährlichen. aber lästig.
2. du musst die früchte suchen und wirklich zum teil aus vermoderten früchten herausgrübeln oder sie mit der machete oder dem sackmesser herauslösen. machete ist von vorteil, dann kannst du damit auch mal gröbere dinge aus dem weg räumen oder den stacheligen untergrung mal planieren und sicherstellen, dass du in keine tarantel greifst. (hab immer noch keine gesehen. muss auch nicht)
3. die verdammten stacheln stechen durch die sohle und die seiten der stiefel ohne probleme. mehrmals musste ich da intervenieren und stacheln entfernen.
nach etwa einer stunde musste tzama weg, ich suchte weiter, aber wie eingangs schon gesagt ...
was ich dringend vor dem zmittag noch machen wollte war, das hemd zu waschen, welches ich mehrmals getragen hatte und - piece de resistence - das weisse leibchen, welche ich seit sicher zwei wochen jeweils nachts trage. das war nun nämlich nicht mehr weiss, sondern wies einen speckigen kragen und einige kleine blutfleckchen auf. das, was man halt so in der nacht unbewusst oder auch anders aufgrübelt.
ich sage nicht, wie lange ich hatte und wie genau ich es gemacht habe, aber das ding ist ...weiss!
zu hause habe ich keine ahnung, wie ich die waschmaschine bedienen muss. aber ich könnte ... egal!
zmittag kochte valeria auf mura für tzama, mich, ihren sohn und sich. danach hielt ich siesta und liess mich von camillo nicht aus dem konzept bringen. er kann manchmal lästig sein. logisch, in dem alter. aber ich lasse mich von ihm zum beispiel nicht rumkommandieren. wenn er ruft "oyo" und "mira", so nützt das bei mir nix. er muss schon fragen und auch dann kann ich ihm sagen, dass ich arbeite, oder jetzt schlafe oder keine zeit habe.
heute um vier ging ich ins dorf runter. ich hatte gewaltig lust nach cola oder sowas. da mir der kleine beim laufen nicht im weg ist, nahm ich ihn mit und valeria hatte ihrerseits ruhe für eine siesta. unten war maria erst nicht da, kam dann aber grad zum zeitpunkt, als ich aufbrechen wollte. dunkle wolken standen parat. jedenfalls kaufte ich ein sprite und pünktlich mit dem bezahlen fing es an zu regnen. aber nicht soo stark. ich gabe camillo den schirm und wir zogen los. leider etwas langsam und als der regen zunahm und wir auf den bergweg zugingen, nahm ich ihn auf den buckel, damit es schneller ging. noch nicht in der mitte des anstieges forderte mich der kleine knirps auf, schneller zu gehen. mas rapido, como mama! - tu quieres ir mas rapido? - si.

dann nahm ich ihn runter, stellte ihn auf den weg und sagte. 

va, pero rapido. 

er schaute etwas verdutzt, lief dann aber los. und lief. mas rapido, von mir und er lief und der arme kerl stieg hoch und es war nie ein thema, dass er nicht mag oder so. fast ganz oben wollte er aufgeben, denn es war verdammt streng führ ihn. no, va! estamos muy cerca. y tu haces muy bien. ich hab ihn noch weiter gelobt und er ist gegangen und alles war am ende wunderbar. ich hab ihn übrigens dann nur noch gelobt und gesagt, er sei der schnellste junge, den ich kenne. das hat er natürlich geglaubt und das ist gut so. 

ich kann nichts dafür, aber es geht mir einfach gegen den strich, dass kinder den erwachsenen sagen, was zu tun ist. so kann es nicht sein, das ist falsch herum. und doch seh ich es tagtäglich bei uns in der schweiz.
hier übrigens nicht. die kinder dürfen viel und sie spielen an flüssen und rennen auf balkonen ohne geländer herum und ziehen schon mit der machete durch die gegend, kaum können sie gehen. aber den erwachsenen ungehorsam kommen? ihnen ins wort fallen?
nie gesehen.

Antworten (1)

Franziska
schön, die Szene mit dem Kleinen!