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Schlangenalarm

Veröffentlicht: 04.06.2017

31. Mai 2017

normalerweise schreibe ich am abend oder am nächsten morgen in aller ruhe und mit der kompletten übersicht über den gestrigen tag, was gelaufen ist. heute aber muss ich sofort berchten.
es ist ein regenmorgen. die ganze nacht durch und weit in den morgen hinein hat es geregnet. am morgen gabs aufgewärmtes avena (!?) und tzama, der heute irgendwie abwesend wirkt, sagt, dass an solchen tagen hier nicht gearbeitet werde. oh, welch willkommene abwechslung. so beginne ich nach dem ausgedehnten frühstück - mit valera unterhalte ich mich noch lange über alles mögliche, insbesondere aber über geburtshilfe, denn sie will hebamme werden - mit schreiben. von gestern. danach beginne ich in aller ruhe, in dem mir anvertrauten buch zu lesen. interessant und die stossrichtung der aussagen ist die, welche ich angenommen hatte. und ich bin damit übrigens voll einverstanden, soweit ich die aussagen bisher verstanden habe. irgendwann schaue ich zur decke hinauf und denke, das da oben könnte eine schlange sein, wenn sie nicht so unbeweglich wäre. ich habe aufgehört zu schreiben und und habe drum viel zeit und eh die blickrichtung, um an die decke zu gucken. wieso hab ich das nicht ganz so in erinnerung. das ding bewegt sich zwar nicht, aber hab ich das schon mal gesehen?
zur sicherheit bewege ich mich ein wenig. nix. zur absoluten sicherheit suche ich die brille aus meinem gepäck, denn bisher habe ich ausser einmal an einem abend in quito auf die verzichtet. brille an und der fall ist glasklar. es ist eine schlange, welche da an der decke hängt schräg über mir, den kopf voll auf mich fixiert, den körper auf dem firstbalken, mit grosser wahrscheinlichkeit überes dach zwischen den zwei blechseiten heruntergekrochen. was mich erheblich verängstigt ist der absolut fixierte blick auf mich, selbst wenn ich mit meiner shuar-lanze etwas schräg von ihr bewegungen mache. die schlangen hier scheinen auf die orientalischen tricks der schlangenbeschwörer nicht hereinzufallen. "valeria? tu conoces las serpientes de la selva? tu conoces algo sobre serpientes?" - "Porque? tiene una?" - "Si!"
sie kommt und muss erkennen, dass sie über diese hier nix weiss.
"venonoso?" - "no se."
die decke ist verdammt hoch. sie holt meinen wanderstock, weil die kleine gabelung am oberen ende scheint ihr ideal, mit der schlange umzugehen. ich weiss, dass die gabelung zu gross ist und die schlange innert hundertstelsekunden raus wäre. trotzdem grapsche ich nach ihr. gefällt mir aber nicht, weil ich in der höhe oben keinen halt habe und nur mit einer hand agieren, auf keinen fall aber kontrolliert reagieren kann. wir beschliessen, das sie hilfe holt und ich hier bleibe. ich bestehe darauf, denn ich will nicht, dass in meiner abwesenheit das viech unter meine decke oder in meine auf dem leeren nachbarbett ausgebreitete wäsche kriecht.
ihr sohn camillo bleibt hier. ich beobachte das viech die ganze zeit, bastle aber auch an der variante herum, die schlange mittels schlinge an meinem handstock fangen zu können. derweil löchert mich camillo mit fragen. das beste alter dazu, aber eigentlich stört er überhaupt nicht. ich kann ihm klar sagen, was er sein lassen soll.
so nach einer viertelstunde habe ich meine schlinge fertig, die schlange hat sich vom first einen balken entlang auf eine niedrigere höhe bewegt. sie hat auch mal dazwischen ihre gelangweiltheit mit einem grossen gähnemaul bekundet. dabei durfte ich ihre langen, oberen zähne bewundern. für mich war der fall damit klar: venonoso.
ich habe zweimal versucht, ihren kopf in die schlinge des stockes zu kriegen. bein ersten mal hat sie eine bewegung mit dem geöffneten kopf in richtung des stockendes gemacht. beim zweiten mal hatte ich ihn drin, hätte zuziehen müssen und sie gehabt.
aber was dann? warten, bis hilfe kommt und der mir mit seiner erfahrung sagen kann, dass die wirklich giftig ist und ihr mit der machete den garaus gemacht hätte? und wie lange müsste ich die verdammte schlinge mit der hand zuhalten, und zwar verdammt angestrengt, denn die schlangen haben gewaltige kräfte?
ich war einfach sehr zufrieden, dass mein system funktionierte und basta. 

die schlange hatte sich nun dem baum genähert, von dem ich annahm, dass er auch der weg hinauf aufs dach war. nun kamen valeria und jorge. der gute jorge, ja, auf ihn war verlass. mit dabei natürlich seine machete. die schlange war auf den baum gekrochen. jorge schüttelt diesen, gab mir die machete und sagte, ich sollte unten warten bis sie fällt und dann ... klar oder?
aber sie kam aber nicht, hatte sich gekonnt versteckt. erst nach fünf minuten entdeckte sie valeria im nebenbaum. jorge schüttelte, sie floh auf einen anderen baum, jetzt aber völlig schutzlos, denn der war klein, hatte kein blätter, welche deckung boten. jorge kam nun von der terrasse runter und schlug auf die schlange ein, bis sie im dritten anlauf auf den boden fiel. trotz schlarpen an den füssen und knapp am rande des steilabhanges sprang ich auf die schlange zu, schlug einmal daneben. im zweiten hieb hatte ich sie erwischt. der hals war zehn zentimeter hinter dem kopf beinahe abgetrennt. jorge warnte davor, nahe zu gehen. der kopf bewegt sich immer noch, der körper auch. das ging übrigens noch lange so.
wir suchten dann, die zähne sichtbar zu machen. tatsächlich zentimeterlange, spitze dinger.
ich fühlte mich nicht gut. immerhin hatte ich einem tier den kopf abgeschlagen. aber schliesslich hatte es nichts zu suchen in meiner wohnung. und zweitens machen die leute hier genau das, wenn sie eine giftige schlange finden.
und doch bin ich ein bisschen stolz: bisher habe ich bedenken gehabt, eine machete in die finger zu nehmen. mit dem zweiten schlag einem giftigen, zwanzigmeterlangen ungeheuer den kopf abgeschlagen? nicht schlecht! oder?
(faktor 10. / dann aber stimmts.)

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