maesas_blog_ecuador
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30. Mai 2017

Veröffentlicht: 04.06.2017

Nach einem frühstück auf mura, zubereitet von tzama (brötchen getoastet und frischem tee aus allerlei pflanzen), machte ich mich auf den weg hinunter zum dorf. maria, sie war grad am waschen, gab ich bescheid, dass ich schon gefrühstückt habe. danach machte ich mich auf den weg ins vivero und habe mit dem einpflanzen der gekeimten pflanzen weitergemacht. vor allem palmen. je kleiner sie waren, umso besser waren sie einzupflanzen. es ist nämlich gar nicht so einfach, eine junge palme, welche schon eine wurzel von 20 ch aufweist, in ein säcklein mit erde zu stecken, welches nur 15 cm lang ist und in dessen erde man zuerst mittels eines steckleins ein loch bohren muss, welches dann immer wieder zugeht weil die erde pappt. ich hoffe einfach, die pflanzen seien robust und sie verzeihen angesichts der nassen umgebung die fehler, welche sozusagen unumgänglich sind.
die frischen keimlinge, rote spitzen aus einer knolle so gross wie eine grosse rosskastanie, waren da viel einfacher zu handhaben. mit einem kleinen wurzelansatz waren sie einfach in die nasse erde im säcklein zu stecken und voilà. sie haben ja sowieso noch die nahrung von der knolle. da sind also meines erachtens keine probleme von wegen anwachsen.
mittagessen gab es bei maria flores im esszimmer vor der küche. reis mit krawattennüdelis und hühnchenfleisch. ich habe, weil ich als erster tisch erschien, die portion mit den wenigsten hühnchenbrocken gewählt. die verdauung funktioniert immer noch nicht ganz so, wie sie sollte und darum.
nach dem essen kam dann auch tzama, er auf dem sprung in das dorf, um irgendwas mit seiner 250er honda zu klären. valeria, das ist die argentinierin mit ihrem 4 jährigen sohn camillo, kam mit mir ins vivero. sie erklärte mir dann, dass es eine regel gibt, welche besagt, dass man eine pflanze erst umpflanzen soll, wenn sie drei blätter habe. das war dann also total gegen meine praxis, die keimlinge umzutopfen. aber gut so, ich bin hier zum arbeiten, nicht zum studieren. trotzdem bin ich überzeugt, dass es meine keimlinge schaffen werden. ich würde es, müsste ich entscheiden, sogar so machen, dass ich die palmen von anfang an im säcklein keimen liesse. wäre einfacher. wie gesagt, egal.
die beiden gingen dann wieder.
nach drei war die hitze so erheblich, dass ich mich entschied, in den pool zu gehen und zu baden. herrlich frisch. danach einseifen und sämtliche körperteile waschen. war diesmal recht einfach, weil grad sehr wenige leute da waren. ich hab da immer noch so meine mitteleuropäischen hemmungen.
danach aber in den nassen unterschläuchen mit dem arbeitleibchen hinauf zur mura. letzthin habe ich die distanz vom dorf zur mura mal mit dem gps bestimmt, luftlinie allerdings. es sind 593 m, was bedeutet, dass mit den kurven ungefähr ein weg von 750 m entsteht. dazu ein aufstieg von 50 höhenmetern. wenn ich an das abenteuer vom ersten tag mit dem koffer denke ...
in der nähe der unterkunft dann höre ich immer wieder die selben worte. irgend ein beschwörungssatz oder eine formel, welche valeria mantramässig wiederholt. immer wieder. hundertmal müssen es gewesen sein total.
Es
wird langsam ziemlich esotherisch hier. noch eine woche und dann bin ich zurück im nüchtern kühlen quito.
am abend dann fragt mich valeria, ob ich auch noch was essen mag. sie koche noch avena. das glaub ich ist das zeug, welches aline in einem säcklein mitgebracht hatte und in welchem sich dann plötzlich maden gezeigt hatten, welche die ganze küche und und vor allem andrea in aufruhr brachten.
als nun valeria im dunkel der kochhütte die packung mit avena in die hand nahm, konnte ich ebenfalls befallene stellen erkennen. als ich später die tasse mit dem heissen, gekochten avena in den händen hielt und den löffel reinsteckte, da verzichtete ich darauf, mit der taschenlampe hineinzuzünden. zum zweiten mal insekten.
trotzdem schmeckte die sache zusammen mit dem rohrzucker ganz gut. 

ja und dann war da wieder so ein moment, in dem ich am liebsten nein gesagt hätte, es aber nicht konnte, weil es mir die höflichkeit und vor allem die überraschung über das vertauen und die herzlichkeit eines menschen verboten haben.
valeria erschien mit einem in einen plastiksack gehüllten, in einzelteilen aufgelösten und vergilbten taschenbuch. "las venas abiertas de américa latina" von eduardo galeano. wiederum habe ich nicht alles wortwörtlich verstanden, aber die sache war doch irgendwie sonnenklar. sie habe dieses buch nun lange mitgetragen, ursprünglich von einer freundin erhalten, die es von einem freunde hatte usw. und sie gäbe es nun mir weiter, damit ich es weitertragen könne. also es war mir sofort sonnenklar, dass dies ein besonderes geschenk war, so, wie die shuar-lanze von nanki. ich konnte es nicht ablehnen. zwar habe ich vor ihr in lauten gedanken abgewogen, wie viel mühe es mich kosten wird, es zu lesen mit meinen spanischkenntnissen, aber ich brachte es nicht übers herz zu sagen: "hey du, wes'te wat? schenk dat ding enem anderen tüppen, ja? ik kann mit dat ding nischt anfangen, klar?!"
ich sagte bloss: "Esso es un regalo grande, no?", sie bestätigte das und ich bedankte mich gerührt und herzlich bei ihr.
später, in meinen gedanken, welche natürlich in der zukunft um das weitere vorgehen in sachen buch kreisten, habe ich mir vorgestellt, dass ich schlimmstenfalls das ding dann irgendwo in einem kübel auf dem flughafen von quito entsorgen kann. oder ich könnte bei der ankunft in miami in tränen ausbrechen und dem zollbeamten, typ latino, herzzerreissend gestehen, dass ich dieses buch nun seit vier jahren mit mir herumtrage, die sorgen der gente latinoamerica nun vollends begriffen und endlich genau auf dem flug hierher jedes wort verstanden hätte. und gerade jetzt, bei der ankunft in dieser halle des vermeintlich gelobten landes, sei mir die virgen de san francisco erschienen und hätte mir erdenbürger aufgetragen, dieses buch nun ihm, hermano guillermo, zu übergeben mit der botschaft, die enthaltenen worte aufzunehmen und weiter in die welt zu tragen.
er käme, angesichts der vielen zuschauer nicht umhin, dieses buch anzunehmen und seinerseits an einer strategie zu feilen, wie er das ding wieder loswerden könnte. 

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