Veröffentlicht: 15.09.2018
Gestern war THE BIG DAY: das Treffen mit unseren Schulkindern stand an. Aber alles der Reihe nach, denn der Vormittag wurde zwar im Hostel verbracht, was nicht heißt, dass wir nichts zu tun hatten. Dermatologen, Augenärzte, Medical Clinics wurden gegoogelt, die bei diversen Krankheitsfällen in der Suppenküche weiterhelfen könnten. Hennie, eine der Angestellten, die bereits vor 8 Jahren hier im Chameleon arbeitete (und mit der ich damals brav in der Kirche war... man bestaune das Foto vom Foto, welches sie mir mitgebracht hat... ich halte eine Bibel in meinen Händen...) , half bei finanziellen Fragen weiter wieviel man beispielsweise für eine Konsultation bei einem Privatarzt einplanen sollte. 3 Kinder müssen dringendst behandelt werden, also heißt es aktiv werden!
Während wir uns am Biltong (getrocknetes Fleisch) über Mittag fast die Zähne ausgebissen haben, erledigten wir so einiges nebenher: für die Suppenküche, für die zukünftigen Zeltnächte (wo schläft man günstig, wird aber nicht von einem Elefanten zertrampelt), für die Sicherung unserer Fotos (man wird paranoid hier in Windhoek, ihr erfahrt gleich warum).
Seit dem Handywegnehmvorfall waren wir für Peacemaker nur noch über Facebook zu erreichen. Um kurz nach 15:00 Uhr dann die Nachricht, dass wir uns eine Stunde später in Katutura treffen, um mit den Schulkids essen zu gehen. Die Briefeschreiberei aus der Ferne ist zwar ganz nett, aber auf Dauer auch nicht das Wahre. Manche Kids kannten wir bereits, manche nicht - da muss so ein Treffen schon an der Tagesordnung sein.
Auch wenn's am Anfang ein bisschen awkward war bis die ersten Kiddies aufgetaut waren, war es gegen Schluss hin wirklich total nett. Die meisten bestellten "Game Wiener Schnitzel" - wir wissen leider bis heute nicht, ob es Zebra oder Gnu oder dergleichen war. Sie aßen das erste und wohl auch das letzte Mal ein Wiener Schnitzi, denn das Fleisch war mit dem Messer kaum zersägbar - fast so zäh wie das am Vormittag gelutschte Biltong. Da nutzt auch ein "In Austria, it tastes far better" nix mehr, sie haben es uns eh nicht mehr geglaubt.
Mit Gregs Freund, einem local taxi driver, ging es in flottem Tempo begleitet von überlauten Michael Jackson Songs (best rolling Jukebox ever) und waghalsigen Überholmannövern mit einem Fernlicht, von dem nicht mehr viel Schein zu sehen war, zurück ins Hostel.
Der heutige Tag führte uns zuerst per Taxi nach Katutura. Andy hielt ihren Rucksack die ganze Fahrt über so fest, dass man glaubte, sie würde sich dadurch selbst die Blutbahnen abschnüren. Der Rucksack musste diesmal mit, da wir Kameraequipment dabei hatten zwecks Fotoproduktion in der Suppenküche. Zur Auswahl stand: Kameratasche offensichtlich am Körper zeigen oder in den Rucksack schmeißen. Guad is gangn, nix is gschehn und schon waren wir bei Monica, sortierten Bücher aus, hoben Essensreste vom Boden auf, lernten Jungs Knoten in Seilen zu machen, hörten uns abenteuerliche Krokodilgeschichten von Michael an, der heute verantwortlich für die Halbierung und Verteilung der Eier war.
Tempo, Tempo, denn zu Mittag hatten wir gemeinsam mit Monica ein Meeting in der Stadt, dann ging's zum Handykauf (Andy,... eh schon wissen), anschließend zur Polizei, um den Bericht zu bekommen. Von Raum A im Parterre zu Raum B im 1. Stock, weiter zu Raum C, wieder runter ins Erdgeschoss, einmal um den halben Häuserblock zur sog. "Tourist Protection Unit". Ja, da waren wir endlich. Hätte man uns nicht gleich sagen können. Da standen wir nun also mit diesem Papierabriss, mit welchem wir den Bericht abholen sollten. Das starre Gesicht der Polizistin verriet, dass sie überaus erfreut war, uns zu sehen, denn wir bereiteten ihr Arbeit für mind. 30 Minuten. Nur das beste für die "Tourist Protection Unit": Fette Polstermöbel, Plastikpflanze und unfreundliche Beamte .
Während wir die weichen Polstermöbel genossen (im Zelt wird's dann härter), kam ein spanisches Pärchen - offensichtlich fertig mit der Welt - hereinspaziert. Unsere Beamtin hat sie gleich an ihre Kollegin abgetreten, da sie wohl überfordert war. Als die Spanier dann ihre Story erzählten, wurde uns einmal mehr bewusst, wie schnell es gehen kann. Sie hatten ihr Auto auf einem Parkplatz abgestellt, machten Besorgungen und bei ihrer Rückkehr stellten sie fest, dass alles, was sie noch besaßen, an ihren Körpern war. Bis auf das Auto selbst war alles weg.
Sichtlich betreten verließen wir die Polizeistation (mit Bericht), erledigten unser Zeug, verabschiedeten Monica bis September. Um auf die initiale Frage der Paranoia zurückzukehren: Wir kamen im Hostel an, keine Stunde später panische Schreie "Open up, open up, open up"- Überfall direkt vor dem Eingangstor der Unterkunft.
Der europäische Schein Windhoeks trügt, das Böse ist immer und überall. Unter diesen Umständen fällt uns der Abschied aus dem trügerischen Städtchen einiges leichter und wir brechen morgen Richtung Botswana auf.
Jetzt sitzen wir erstmal den Stromausfall aus, der Post wird vermutlich nicht wie geplant rausgehen...