Veröffentlicht: 16.08.2018
Der Wecker schellte um sieben Uhr, da unsere Pensionswirtin Michelle ab acht zum Frühstück gebeten hatte.
Alle Gäste der Pension saßen an einem großen Tisch, so daß sehr schnell eine lebhafte Unterhaltung in Gange kam. Mir gegenüber saß Kevin aus Minnesota, ein lustiger, sympathischer Mittsechziger, der von den Erlebnissen seiner Deutschlandreisen berichtet. Im Laufe des Gesprächs stellt sich heraus, dass er ein pensionierter Polizeibeamter ist, der in Des Moines/Iowa bis 2001 Dienst versehen hat. Und wie das so ist, wenn Polizisten zusammensitzen, ruck zuck wird über den Dienst gequatscht, und die Zeit vergeht.
Eigentlich wollten wir um 09:00 Uhr vom Hof rollen, da wurde dann zehn draus.
Das Ziel heute war der Weg.
Klingt komisch, ist aber so!
Wir befuhren heute den Cabot Trail auf Cape Breton Island. Das soll die schönste Küstenstraße Nordamerikas und einer der schönsten Weltweit sein. Ich weiß zwar nicht, ob es in dieser Hinsicht Wettbewerbe gibt oder wie jemand die Schönheit von Straßen misst, aber so steht es in allen Reiseführern.
Und während ich hier abends auf der Wiese neben unserem Hotel sitze, auf den Atlantik schaue und den Tag Revue passieren lasse, muss ich feststellen, alle Reiseführer haben untertrieben.
In den letzten Jahren habe ich viele schöne Landschaften gesehen, aber dass hier übertrifft alles.
Die Straße führt direkt am St. Lorenz-Golf vorbei, an steilen Klippen hoch, verläuft durch wunderschöne Täler und Seen im Gebirge, um schließlich am Atlantik zu enden.
Mit dem Wetter hatten wir Glück, zunächst war es bewölkt, lockerte aber immer mehr auf, je näher wir unserem Etappenziel, dem Örtchen Liscomb Ferry kamen.
Wir haben für 100 km fast vier Stunden gebraucht, weil wir laufend angehalten haben (ich weiss, laufend angehalten geht nicht, ist auch mehr als Metapher gedacht). Dummerweise hatten wir auch noch zehn Baustellen, die uns Zeit gekostet haben.
Gegen 18:30 Uhr kam dann unser Hotel in Reichweite.
Schließlich, ca. 100 Meter vor unserem Hotel, ein Schrei von Nicole: ein Elch!
Schnell rechts ran gefahren, Kamera rausgeholt und aus dem Auto gesprungen. Und was stand da im Gebüsch: Tatsächlich, ein Elch!
In aller Seelenruhe fraß er Baumkronen (natürlich von kleinen Bäumen, es war ja ein Elch und keine Giraffe) und schaute uns an.
Dann trottete er von dannen.
Und wir dann auch.
Zackig eingecheckt, und dann stellte sich die Frage, wo und was essen.
Die Küche im Hotel hatte zu, also ging es in den Ort Liscomb Beach, in dem sich wohl der kulinarische Hotspot dieser Region befindet. Zwei „Restaurants“ standen zur Wahl, und wir haben uns für das falsche entschieden. Es war kein Restaurant, eher eine Art Schnellimbiss, der sich im örtlichen Tante-Emma-Laden befand. Das positive zuerst: Die Pommes waren ok. Nicoles Thai-Hähnchen und Aarons Chicken-Nuggets waren auch gut frittiert. Meine Chickenwings stammten offenbar von ukrainischen Lilliput-Hühnern und hatten noch nie Bekanntschaft mit Gewürzen gemacht. Mit der Fritteuse jedoch schon, da drin wurden sie nämlich gebadet. Ich befürchte, den Rest des Abends habe ich Sodbrennen.
Jetzt sitzen wir hier, lassen den Tag ausklingen und genießen den Sonnenuntergang.
Herrlich...