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Zwischen Nebelschwaden und brodelnd kochenden Wasserbecken

Veröffentlicht: 28.10.2017

Als sich nach fünfstündiger Fahrt die Türen des Busses öffneten, kam uns direkt ein beißender Geruch entgegen. Dabei sollte man doch meinen, dass die Luft im Bus bei 45 Fahrgästen schlimmer sein müsste als alles andere. Aber am liebsten wären wir direkt wieder eingestiegen, denn Rotorua roch eindeutig nach einer Mischung aus faulen Eiern und dem letzten Toilettenbesuch. Genauer gesagt roch es stark nach Schwefelwasserstoff, aber da wahrscheinlich nicht jeder diesen Geruch einordnen kann, aber wohl mal auf einer öffentlichen Toilette war, dachte ich mir, dass dieser Vergleich passender wäre. An diejenigen, die das unsachlich und kindisch finden, geht eine Entschuldigung raus. Aber ich kann nicht anders. Also… wo waren wir...

Um die Quelle des Geruches zu finden, musste man sich nur etwas genauer umsehen. Aus vielen Erdspalten stieg weißer Dampf hinauf und verteilte sich in alle Richtungen. Rotorua liegt auf dem Pazifischen Feuerring und ist deshalb Neuseelands geothermaler Hotspot Nummer eins.

Da wir den Geruch ja nun auch wohl oder übel ertragen mussten (sogar das Hostelzimmer roch danach, weil das Fenster defekt und deshalb durchgehend geöffnet war), machten wir uns direkt auf den Weg zu einer kleinen Parkanlage bestehend aus einer Ansammlung von brodelnden Schlammbecken, heißen Quellen und kochenden Seen. Der Anblick war gleichermaßen beeindruckend wie angsteinflößend. Jegliche Pflanzen rund um dieses Spektakel waren abgestorben und wiegten seicht im Dampf. Wenn wir es nicht besser gewusst hätten, wäre dieser Anblick nahezu als Wolkenproduktionsmaschine durchgegangen. Die Maori nutzten die geothermische Kraft Rotoruas bereits zum Kochen und je nach Temperatur zum Baden. Auch heute werden die Becken noch zum Heizen von beispielsweise Thermalbecken und sogar ganzen Straßen genutzt, wenn sie nicht gerade als Touristenmagnet fungieren.

Nachdem uns die Schwefelschwaden schon ganz wirr gemach hatten, entschieden wir uns noch für einen Abstecher zum Lake Rotorua. Auch dort fanden sich gelegentlich brodelnde Becken, sogar mitten im See selbst. Doch die ansässigen Tiere schienen genau zu wissen, wo es sich gut baden lässt. Aus einiger Entfernung konnten wir eine Ansammlung von Vögeln beobachten, die gemächlich die Sonne genossen oder ein Bad nahmen. Die Schwäne waren allerdings schwarz. Was das nun an einem geothermalen Hotspot zu bedeuten hat, darf jeder für sich selbst entscheiden.

Neben Brodelwasser, Nebelschwaden und eher nicht so farbenfroher Vogelwelt fiel uns besonders die Maori-Kultur ins Auge, die hier immer noch ganz groß geschrieben wird. Die meisten Straßennamen stammen noch aus der Sprache der neuseeländischen Ureinwohner und nahezu überall findet sich neben englischsprachigen Texten eine Übersetzung auf Maori. Auch kleine Tempel tummelten sich an fast jeder Ecke. Trotzdem steht Rotorua keiner anderen Stadt in irgendwas nach. Altansässige Kultur, Globalisierung und Technisierung treffen aufeinander und kreieren ein unverkennbares Bild. Faszinierend. In Deutschland wäre das vermutlich nicht möglich.

Wenn der Eier-Toiletten-Schwefelgeruch hier nicht so beißen würde, wäre Rotorua also eine wirklich schöne Stadt. Aber es soll ja Menschen geben, die sich schnell an einen solchen Gestank gewöhnen. Wir gehören leider nicht dazu. Atemberaubend war es trotzdem.

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