Im Kojteich
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Hiroshima - Tag 2

Veröffentlicht: 03.04.2023

Good morning, Hiroshimaaaaaaaa

Ich ziehe los, will einen Hut besorgen. Für den heutigen Ausflug wäre es sinnvoll. Von Miho habe ich gestern Abend noch einen Tipp bekommen, der Don Qiujot könte was haben. 05:00. Alles klar, krass früh für die Öffnungszeit; aber gut, ich setze auch deutsche Standards an. Ich ziehe los, kenne mich gut genug aus, dass ich anfangs aufs Navi verzichten kann. Als ich nach 10 Minuten auf mein Navi schaue, bin ich etwas Irritiert. Der Laden öffnet erst um 10:00. Aber wieso? Warum? Ich checke Miho's Nachricht. Es gibt einen Unterschied zwischen "ab" und "bis". Egal wie herum, ich bin erstaunt, dass ein Kaufhaus von 10 Uhr morgens bis 5 Uhr morgens geöffnet hat. 

Ich gehe wieder zurück Richtung Hotel, dabei läuft Robbie Williams und Nicole Kidman in meinen Kopfhörern. "Something stupid". Ich weiß nicht wieso, aber die Musik vermittelt eine Stimmung, die zur gerade wachwerdenen Umgebung passt, durch die ich gerade durchspaziere. Auf der linken Seite erkenne ich einen Obdachlosen wieder, der einzige in der Gegend hier. Er ist eingehüllt in Chipstüten, um sich vor der nächtlichen Kälte zu schützen. Bisher hatte ich nur zwei andere Obdachlose gesehen; einen Schlafenden in Tokyo direkt nach meiner Ankunft. Und einen in Kyōto. Letzterer war eingehüllt in unzähligen Plastik-Einkaufstüten, die man bei jedem Einkauf beim 7/11 angedreht bekommt.

Let's go to the beach

"Can we go swimming?" Diese Frage hat keiner von uns erwartet. Mc Charming läuft bereits die ganze Zeit in Strandklamotten rum, da passt diese Frage ganz gut.
"Yes.", antwortet Miho ihm nach kurzem Überlegen. Sam macht sich umgehend auf den Weg, um seine Badehose aus dem Zimmer zu holen. "But it's too cold!", schiebt Miho schnell nach.
Ohne sich umzudrehen oder seinen Schritt zu verlangsamen lautet die trockene und akzentgetränkte Antwort:
"I'm Scottish!"

Im Zug Richtung Süde packt es uns wieder. Wir singen im Zug, unterhalten als nette Dreingabe noch andere Fahrgäste. Steven und Leaf sind mittlerweile unserem Tom-Rob Gesangsteam beigetreten, ein Name fehlt uns bisher. Mittlerweile haben wir die Backstreets Boys aufgefahren. "You are my fire!"
Ich will etwas ausprobieren. Eine Übung, die ich beim Impro gelernt habe, über Vertrauen. In diesem Fall wird sich die Übung auch auf die Notwendigkeit von klarer Kommunikation ausweiten. Es zeugt von beidseitigem Respekt, wenn beide Seiten das gleiche Verständnis haben.
Ich deute Rob, dass ich gerne eine Vertrauensübung mit ihm machen würde. Er soll die Hände ausstrecken, ich möchte mit ihm den Akrobatengriff machen, damit wir uns gegenseitig rückwärts fallen lassen können. Ich erkläre ihm nur die Hälfte. Ich rechne damit, dass er mir die Hände reichen wird. Während ich warte, schließt er die Augen und fällt mir entgegen. Er ist leicht und somit passiert nichts, aber überraschend war es allemal. 

Nach einer Stunde Bahnfahrt kommen wir an der Fähre an und besteigen diese und setzen über. Es sind nur zehn Minuten Fahrt, Titanic-Momente inkludiert.

Auf der Insel angekommen machen wir uns breit. Die Insel ist im Grunde ein bewaldeter Berg mit einem Dorf am Fusse des Berges. Wir ziehen los und genießen es. Die Gruppe wird immer kleiner, bis nur noch Steven der Australier und ich zusammen wandern. Es ist wahrlich die schönste Wanderstrecke, die ich jetzt gesehen habe. Auf dem Weg nach oben begegnen uns drei Dinge.

1. Schreine. Schreine, so weit das Auge reicht.
2. Japaner, die uns mit Konichiwa freundlich begrüßen. Wir grüßen zurück, mache eine spaßige Gewohnheit draus. Wir machen Platz und lassen komplette Gruppen an uns vorbeiziehen, grüßen jeden einzelnen.
3. Ich stelle Steven eine Theorie vor, die ich irgendwann mal aufgeschnappt hatte und die sich bisher als sehr akkurat erwiesen hatte. "Ist ein Deuter auf dem Rücken, wird ihn ein Deutscher drücken."
Wir werden zwei Mal bestätigt. Beim dritten Mal ist es ein Japaner. Wir entscheiden uns dafür, dass er ihn in Deutschland gekauft hat.

Später finden wir wiede zusammen, treffen uns auf dem Gipfel um die Aussicht zu genießen. Nach ein paar schönen Gruppenfotos gehen wir Richtung Seilbahn. Irgendwie kommen wir auf das Thema "Spirit Animal".

Rob's Spirit Animal sei ein Red Panda. Yup, dass kann ich sehen. Leaf erklärt, dass jeder 3 Spirit Animals habe; Zu Wasser, zu Lande und zur Luft.
Leaf sagt, sei ein Hummingbird, also ein Kolibri. Auch das kann ich sehen.
Robt stellt fest, dass Alex eine Katze sei. Yup, Fotobeweis ist da.
Ich werde gefragt, was ich sei. Ich hatte bei mir bisher das Bild eines Wolfes vor Augen. Rob und Leaf sehen das nicht so. Leaf bemerkt, dass es natürlich auch "Wie sehen andere dich?" und "Wie siehst du dich?" Tiere gibt.

Das Thema wird mich noch eine Weile beschäftigen. "Wie sehen andere dich?" Ich stelle für mich fest, dass es natürlich auch auf den Kontext ankommt. Für andere werde ich anders erscheinen. Später kommen Leaf und Rob zur Übereinkunft, dass ich ein Mircat sei, ein Erdmännchen. Alex stimmt zu. Erdmännchen, diese Geselligkeit. Diesen Aspekt kann ich sehen. Vor allem aus dem Kontext der letzten sieben Tage. Dennoch lässt es mich unbefriedigt zurück, eine bis aufs weitere, definitve Antwort vermisse ich.

Auf dem Weg nach unten nehmen wir die Seilbahn. Wir sind abenteuerlich, aber auch hungrig. Den Weg gehen wir definitiv nicht zurück. In der Bahnstation stehen mehrere Getränkeautomaten. Rob besorgt für die Truppe Wasserflaschen. Jedes mal, wenn eine Flasche in die Ausgabe fällt, gibt der Automat eine Tonfolge von sich. Ich schaue Rob an, er schaut zeitglich mich an. Yup, "Darude - Sandstorm". Es gibt für uns kein Halten, vollführen die nächsten 3 Sekunden unseren Automatentanz. Acht mal in Folge. Wir sind versorgt, aber unbefriedigt. Wir haben uns noch nicht ausgetanzt. Wir haben keine Wahl, gesellen uns wieder zur Gruppe zurück in die Schlange. Während wir uns Schritt für Schritt der Seilbahn nähern, warten Rob und ich sehnsüchtig auf jemanden, der noch mal ein paar Yen in den Automaten schmeißt. Wir rufen "Someone please by a boatle o' wata!". Unsere Gebete werden erhört, eine japanische Grundschülerin nähert sich dem Automaten. Wir warten gespannt, hören das Poltern der Flasche in der Auslage, dann geht's wieder los. Wir widmen unseren Tanz dem Vending Machine Gott, seine Schreine stehen überall im Land verstreut.

Unten angekommen bestaunen wir die fallenden Blütenblätter der Chery Blossoms. Blühend sahen die Bäume schon großartig aus, das Fallen der Blätter setzt noch mal einen drauf. Ich bin wirklich glücklich. Die richtige Truppe zur richtigen Zeit; alles richtig gemacht. Die Bäume stehen vielleicht 2-3 Wochen in ihrer Pracht, dieses Jahr sind die relativ früh dran. Ich hatte die Reise vor über 7 Monaten gebucht, die Tourdaten waren eine Punktlandung. Yup, ich bin glücklich.
Mit einem Frittierte-Austern-Spieß in der Hand und dem warmen Sand unter meinen Füßen ziehen wir am Strand Richtung Fähre, zurück zum Hostel.

Mit Liebe zum Detail

Gegen Abend ziehen wir los, Nohran hat uns ein Restaraunt rausgesucht. Burger. Amis. 😁 Wir gehen d'accord damit, sind zu zwölft. Auf dem Weg dorthin sagt mir Nohran, dass sie auf genügend Platz hoffe. Der Laden sah auf den Bildern klein aus.
Als wir vor dem Laden stehen, bekomme ich niederländische Vibes; er ist vielleicht 3 Meter breit und in die Tiefe gebaut. Wir gehen rein, zählen dabei durch. Der Laden hat nur zehn Sitzplätze. Zwei Leute erklären sich bereit im Stehen zu essen. Ich setze mich an die Theke und frage nach dem Burger des Monats. "Sauerkraut with sausages." Ich lehne dankend ab. 😅 Entscheide mich für den Chili Burger.
Ich lasse die Handwerkskunst des Kochs auf mich wirken. Da ist es wieder, diese Magie der Achtsamkeit und der Hingabe. Viel Fokus und noch mehr Liebe zum Detail. Er nimmt die Avocadohälfte, schneidet sie horizontal. Wow, gutes Messer, gutes Handwerk. 
Beim ersten Bissen fest stelle ich fest, dass es mein bester Burger ist, den ich je gegessen habe. Bei so viel Liebe nicht weiter verwunderlich.
Ich zahle als letztes beim Rausgehen, lasse ihn an "bester Burger in meinem Leben" teilhaben. Der hier üblichen, reservierten Freundlichkeit weicht ein zufriedenes Strahlen.

Rob, Ali, Andrew, Rike, Nohran, Sam, Steven, Ava, Lucy, Leaf, Thomas, Alex


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