Veröffentlicht: 03.04.2019
Diesmal reise ich mit einer Freundin in den Südwesten Marokkos, genauer gesagt in die Stadt mit dem Spitznamen „Die rote Perle“. Die Rede ist von Marrakesch, in der Ebene nördlich des Hohen Atlas gelegen und neben Rabat, Meknès und Fès eine der vier Königsstädte des Landes.
Der Ort mit rund 930.000 Einwohnern ist bunt und laut. Der Verkehr ist chaotisch, von Eseln gezogene Karren, aufheulende Motorräder und Autos mit heruntergekurbelten Fenstern fahren ohne jeglichen Sicherheitsabstand und in zügigem Tempo auf den Straßen nebeneinander, die Fahrer rufen sich lautstark Witze oder Beschimpfungen zu. Die Innenstadt ist ein einziger unübersichtlicher Markt, ein Labyrinth aus bunten Verkaufsständen, an denen man von Textilien über Kräuter und Schönheitsprodukte bis hin zu Haushaltsgegenständen alles bekommt. Das Verhandeln lohnt sich auf jeden Fall, die Preise halbieren sich in der Regel innerhalb von wenigen Minuten. Auf dem zentralen Marktplatz Djemaa el Fna findet man neben Essensständen Gaukler aller Art. Wenn man sich nicht stark genug wehrt, bekommt man im Handumdrehen eine Schlange umgehängt oder einen Affen auf die Schultern gelegt und im gleichen Moment den Hut für eine Vergütung vors Gesicht gehalten. Mit weniger als 200,- Dirham, sprich 20,- €, kommt man nicht davon, selbst wenn einem die Nähe zu den Tieren regelrecht aufgezwungen wurde.
Als wir die "Souks", sprich das kommerzielle Viertel mit den unzähligen Marktständen, verlassen und uns mittels Handy Richtung Königspalast zu orientieren versuchen, taucht ein Jugendlicher auf und bietet uns an, uns den Weg zu zeigen. Wir lassen uns ein paar Schritte führen, doch schon nach wenigen Metern erscheinen zwei weitere Jugendliche, die uns ebenfalls die Route weisen wollen. Nach etwa 5 Minuten sind wir regelrecht von jungen Männern umgeben, die uns allesamt begleiten möchten. Wir bekommen ein komisches Bauchgefühl und bringen deutlich zum Ausdruck, dass wir den Weg allein finden werden, doch es dauert lange, bis wir unsere "Helfer", die vermutlich auf gutes Trinkgeld gehofft haben, verscheuchen können.
Doch das ist auch die einzige Situation, die ein komisches Bauchgefühl bei uns verursacht, ansonsten bewegen wir uns sicher durch Marrakesch und besichtigen u.a. den El-Badi-Palast und (von außen) die Koutoubia-Moschee.
Nach zwei Tagen Marrakesch buchen wir für die verbleibende Zeit im Lande zwei Tagesausflüge: Zunächst geht’s nach Essaouira an der marokkanischen Atlantikküste, am Tag darauf fahren wir in ein Berberdorf in den Bergen.
Wir erreichen Essaouira nach rund vier Stunden, obwohl uns zweieinhalb in Aussicht gestellt wurden. Das liegt daran, dass wir unterwegs dreimal halten: Auf einer Raststätte, wo sich unser Chauffeur für über 30 Minuten in Luft auflöst, sowie einer Verkaufsstelle für Produkte aus Arganöl. Natürlich werden wir zum Einkaufen angeregt. Nach einem weiteren Stopp, bei dem wir gegen eine Spende Ziegen in Arganbäumen fotografieren können, erreichen wir schließlich die hübsche Hafenstadt.
Essaouira wurde von den Portugiesen erbaut und ursprünglich Mogador genannt. Die so genannte „weiße Stadt“ ist von einer vollständig erhaltenen Stadtmauer umgeben und gilt als eine der schönsten im ganzen Land. Die Altstadt wirkt viel beschaulicher als jene von Marrakesch und besitzt einen für Marokko untypischen, nahezu symmetrischen Grundriss mit geradlinig verlaufenden Straßen. 2001 wurde die bezaubernde Ortschaft als UNESCO Weltkulturerbe anerkannt. Nach einem gemütlichen Bummel durch die Gassen, einer Tajine mit Gemüse (typisch marokkanisches Gericht, zubereitet in einem Lehmgefäß) und einer halben Stunde Sonnenbad am Strand (- wo ich im Bikini die Aufmerksamkeit von drei Jungen im Alter von ca. 10 Jahren auf mich ziehe, die mich mit Steinchen bewerfen und „Küsschen“ rufen -), fahren wir wieder zurück nach Marrakesch.
Am nächsten Tag geht’s ins Ourika-Tal in den Bergen südöstlich von Marrakesch. Versprochen wurden uns bei der Buchung der Tagestour ein Frühstück bei einer Berberfamilie, ein 20-minütiger Ritt auf einem Kamel und die Führung zu den Asgaour-Wasserfällen. Nach etwa zwei Stunden müssen wir halten, da sich der Motor unseres Kleinbusses überhitzt hat. Nach einer weiteren Stunde aufwärts kommen wir in Setti Fatma an, einem Bergdorf in den Ausläufern des Hohen Atlas. Hier kommt ein Touristenführer auf uns zu und bietet an, uns für 3,- Euro pro Person und Wasserfall zu den 3 Wasserfällen in der Nähe zu führen. Unsere rund 10-köpfige Gruppe beschwert sich einstimmig, da uns die Führung zu den Wasserfällen bei unserer Reisebuchung als Inklusivleistung zugesichert wurde. Wir fragen auch nach dem übersprungenen Frühstück bei der Berberfamilie und dem 20-minütigen Kamelritt, doch unser Fahrer scheint von nichts zu wissen. Schließlich kommt ein Einheimischer auf uns zu und schlägt vor, uns gegen ein kleines Trinkgeld zu den Wasserfällen zu begleiten. Wir brauchen etwa 2 Stunden für die Route hin und zurück, wobei wir von 3 Wasserfällen nur einen zu Gesicht bekommen. Zumindest ist die Aussicht schön, und wir können unterwegs die Handwerkskunst der Berber kennen lernen. Das Highlight an diesem Tag ist für mich das späte Mittagessen in einem Flussbett in Setti Fatma. Und dann hat unser Fahrer auf dem Heimweg doch noch ein schlechtes Gewissen und bleibt für einen Fotostopp bei einigen Kamelen am Straßenrand stehen. Besser als nichts.
Ja, Touristen werden in Marrakesch schnell mit unterschiedlichen Tricks und leeren Versprechungen abgezockt, dennoch lohnt es sich absolut, die ehemalige Sultanstadt und ihre Umgebung zu besichtigen. Es ist eine derart fremde Welt, dass einem das Abschalten von der Arbeit überraschend leicht fällt. Außerdem sind die meisten Einheimischen sehr gastfreundlich (die Gastgeber in unserem Riad bieten uns jedes Mal einen Pfefferminztee an, wenn wir von unserem Ausflug zurückkommen), und die kulinarischen Spezialitäten nicht nur gesund (bis auf die überzuckerten Süßspeisen), sondern auch köstlich! :-)