Hinz&Cunz
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26.04.-12.05. - Cambridge / Dschungel

Veröffentlicht: 13.05.2023

Hallo zusammen. Ja, uns gibt es noch und ja, auch dieser Blog soll noch etwas weiter betrieben werden. Wir waren die letzten 2,5 Wochen mehr oder weniger "gefangen" im jamaikanischen Dschungel. Wir hatten keine Wifi-Verbindung und nur Internet übers Handy - das reicht nicht ganz zum Blog schreiben. Am 26. April sind wir also zu Thomas in den Dschungel gefahren. Thomas ist ein gebürtiger Schweizer, der seit nunmehr 27 Jahren im Dschungel auf Jamaika als Rastafari lebt. Die Fahrt zu Thomas war beschwerlich. Caro & ich mussten uns im Route-Taxi für gute 2 Stunden einen Notsitz mit einer anderen Person teilen. Unser Gepäck (ja, auch die 20kg-Rucksäcke) durften wir dabei auf den Beinen tragen. Uns sind die Beine so eingeschlafen, dass wir sie nicht mehr bewegen konnten. Das war eine der härtesten Taxifahrten bis jetzt. Vom letzten Haus im kleinen Dorf Cambridge muss man noch etwa 20 Minuten mitten durch den Dschungel laufen, um zu Thomas zu kommen. Thomas wohnt mehr oder weniger in der Mückenhölle. Wir waren keine halbe Stunde da und unsere Arme und Beine waren zugestochen, sodass kein Platz mehr frei war. Auch ansonsten waren die "Annehmlichkeiten" bei Thomas eher gering: es gab eine kleine Dusche (ein Schlauch, aus dem ein kleiner Rinnsal kam), die sich draußen befand.  Eine Freude für die Mücken. Ein Badezimmer o.Ä. gab es nicht. Die Toilette hatte keine Spülung, aber ein Eimer Wasser tut's auch (ein Plumpsklo gab es auch noch). Alle Zimmer waren nur mit Bambus verkleidet. In allen Zimmern, wie auch in der Küche gab es damit unzählige Mücken UND unzählige Kakerlaken. Supergeil. Ein paar Kakerlaken haben wir sogar in unseren Rucksäcken mit in die nächste Unterkunft gebracht... Über unseren (wahnsinnig unbequemen) Betten hingen Moskitonetze - mit unzähligen Löchern. Grundsätzlich waren die Netze schon gut, wenn jedoch erstmal 4-5 Mücken drin sind, kommen die auch so schnell nicht wieder raus. Und Käfer kamen auch rein. Und Kakerlaken auch.

Thomas hatte einen vergleichsweise schwierigen Charakter. Durch die jahrelange Isolation ist er vermutlich ziemlich einsam geworden und hat seine sozialen Interaktionsfähigkeiten mehr und mehr abgebaut. Er war krasser Verschwörungstheoretiker und abgesehen von der Flat-Earth-Theory hat er an so gut wie jede Verschwörungstheorie geglaubt, die es gibt (9/11 war von den Amerikanern geplant, Bill Gates will die Weltbevölkerung auf 500 Mio. reduzieren, Corona war eine PLandemie und die Impfstoffe sollen uns krank machen, in den Impfstoffen waren Mikrochips drin, den Klimawandel gibt es nicht usw). Warum er nicht geglaubt hat, dass die Erde eine Scheibe ist, weiß ich auch nicht.

Die Arbeit bei Thomas war vergleichsweise anstrengend. Wir arbeiteten in festem Schuhwerk, Winterstrümpfen, langer Hose und langem Oberteil - bei 30 °C und 85 % Luftfeuchtigkeit. Gegen die Mücken hat das jedoch wenig geholfen. Am ersten Tag durften wir Löcher auf dem Feld ausschachten, Bäume / Pflanzen pflanzen und ein bisschen gießen. Unsere Hauptaufgabe war jedoch der Bau eines Geländers für Thomas' Veranda. Die zur Verfügung stehenden Werkzeuge hielten sich in Grenzen und funktionierten - sofern vorhanden - eher schlecht als recht. Thomas hat nie gesagt, wie er etwas wollte. Aber wenn es ihm hinterher nicht gefiel, hat er einen das schon spüren lassen. Wertschätzung sieht für uns anders aus. Wir mussten alles "Jamaica-Style" bauen. Ohne Wasserwaage, ohne Abmessungen, Hauptsache es sieht alles halbwegs gut aus.

Auch die Verpflegung für uns Workawayer war spartanisch. Thomas lebt als Rastafari komplett vegan, d.h. er verzichtet auf jegliche tierische Produkte und ohne Salz. Es kommt nur unverarbeitetes Obst oder Gemüse (aus dem Garten oder vom Markt) zum Einsatz. Leider hat er noch nicht verstanden, dass vegane Küche auch abwechslungsreich möglich ist: es gab in den 2,5 Wochen fast jeden Tag ein und dasselbe Essen. Es gab täglich nur eine Mahlzeit, meistens zwischen 4 und 5 Uhr nachmittags. Vormittags gab es jeden Tag ein Stück Jackfruit. Jackfruit ist eine lokale Frucht, welche 20-50 kg schwer wird und 100-300 Samen (Kerne) enthält. Die Jackfruit-Seeds (Samen/Kerne) dienen als Fleischersatz und können auch gegessen werden. Das Fruchtfleisch der Jackfruit ist wahnsinnig süß, der Saft ist klebrig wie Sekundenkleber. Spätestens nach einer Woche hat man die Nase voll von dem Zeug. Beim Essen durften wir die Seeds immer rauspulen, damit wir die dann abends im Abendessen verarbeiten konnten. Thomas' Küche durften wir nicht betreten, es ist ein spiritueller Ort wo Workawayer (Nicht-Rastafaris) nichts verloren haben. Tierische Produkte durften nicht mal in die Nähe dieser Küche kommen und erst recht nicht in irgendeinem Teil des Hauses konsumiert werden. Thomas hält sich dennoch Hühner, Tauben und Fische in viel zu engen Behausungen. Die Hühner rupfen sich gegenseitig die Federn raus, weil sie keinen Platz haben.
Carolin durfte keine Haarbürste verwenden (Haarbürsten stehen für die Teilung der Menschheit und sind von Grund auf schlecht) und von grundsätzlich allen verarbeiteten Produkten (Kekse, Limo, Brot usw.) kriegt man Krebs bzw. schaden diese dem menschlichen Körper in irgendeiner Form.

Die Wasser- und Trinkwasserversorgung war - trotz der aktuellen Regenzeit - eher schwierig. Der Workawayer vor uns ließ aus Versehen den Hahn mit dem Trinkwasser offen, sodass der Haupttrinkwassertank komplett leer war. Es gab noch einen Reservetank, der auch beinahe leer war. Jedes Mal wenn man sich etwas zu trinken geholt hat hatte man daher ein schlechtes Gewissen und wenn Thomas es gesehen hat gabs meistens noch einen Spruch dazu, dass man sehr verschwenderisch sei. Wir haben selten mehr als 1-1,5 liter getrunken (bei über 30 °). Gleiches gilt für das Duschwasser. Auch das war knapp und Duschen fielen spärlich aus. Thomas meinte, wir sollen uns besser am Fluss waschen - so wie der gestunken hat war das aber nicht wirklich eine Option. Thomas' eigene Körperhygiene ließ zu wünschen übrigen. Er wusch sich meistens im stinkenden Fischtümpel (dementsprechend ohne Seife). Die Klamotten wurden von Hand in einer Plastikschüssel gewaschen, das sah bei Thomas wie folgt aus: dreckiges Regenwasser in die Schüssel, bisschen Waschmittel drüber, 5 Minuten einweichen lassen, fertig. Das (Seifen-)wasser kann man ja danach in die Natur kippen.

Grundsätzlich war nicht alles schlecht während unserer Zeit bei Thomas. Wir lernten viel über seine sehr einfache Lebensweise und wie er Tag für Tag über die Runden bringt. In manchen Belangen könnten auch wir uns davon eine Scheibe abschneiden und unser Leben und unser Konsumverhalten etwas einschränken bzw. vereinfachen. Ein Leben als Rastafari im jamaikanischen Busch kommt dabei für uns allerdings definitiv nicht in Frage. Des Weiteren lernten wir viele verschiedene Früchte kennen, von denen wir vorher nie gehört hatten: x-verschiedene Sorten Bananen (auch welche, die nicht süß sind), Jackfruit, Bilimbi, Black-Sapote (Schoko-Pudding-Frucht), Surinam-Cherry, Breadfruit, Stinky-Toe (riecht so wie es klingt, schmeckt aber besser), Starapple, Starfruit, Ice-Cream-Beans, Miracle-Fruit (wenn man die isst und danach in eine Zitrone beißt, schmeckt die Zitrone richtig richtig süß), Rusty-Mango und viele mehr, von denen wir uns die Namen nicht merken konnten.
Thomas erzählte uns von einer Höhle, die es auf seinem Grundstück wohl gibt. Er hielt es allerdings nicht für nötig, diese uns zu zeigen ('Vielleicht zeig ich sie euch, wenn ich Lust habe, vielleicht aber auch nicht"). Wir erkundeten das Grunstück auf eigene Faust und fanden durch Zufall ebendiese Höhle. Das war schon spannend, Zumal man gut 100 m reinlaufen konnte. Innen war es stockfinstere Nacht und es gab viele Stalaktiten und Stalagmiten.

Nach unserer Zeit bei Thomas sind wir nach Negril im Westen Jamaikas gefahren. Dazu suchten wir uns in Montego Bay ein Taxi, welches nach Negril fuhr. Sowohl den Taxifahrer, als auch dessen "Handlanger" fragten wir mehrmals (!), ob er denn nach Negril führe. "Yah Mon, Yes, Of Course, No Problem." Wir sind eingestiegen und wurden in Savanna-la-Mar aus dem Taxi geschmissen mit dem Hinweis, dass die Fahrt hier endet. Savanna-la-Mar liegt 30-40 min Fahrtweg entfernt von Negril. Sorry, aber da endet mein Verständnis echt. Ich kann verstehen, dass es vielen Leuten hier wirtschaftlich nich gut geht und dass viele Leute hier auf jeden Dollar angewiesen sind. Aber warum muss ich Touristen so plump und offensichtlich verarschen? Nicht mal am Taxi stand dran wo es hinfährt. Das ist uns einfach nur zu billig und wir sind derzeit nicht gewillt, irgendwann nochmal in dieses Land zurückzukehren. Vielleicht ist es angebracht, dass die Gesellschaft hier ihren Umgang mit Touristen überdenkt...


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