Veröffentlicht: 09.10.2018
„Können wir nächstes Jahr bitte nach Ober St. Veit auf Urlaub fahren?“, wünschte sich Roby in den letzten Tagen irgendwann einmal ziemlich unglücklich. Für alle Nicht-Wiener und -innen: Wir sind in einem Stadtrandbezirk zu Hause, der aus vielen Ex-Dörfern besteht, die irgendwann einmal in Wien eingemeindet wurden und zusammenwuchsen. Unser „Dorf“ ist Hietzing, zwei „Dörfer“ weiter ist das noble Villenviertel Ober St. Veit, in einer guten Viertelstunde zu Fuß erreichbar.
Dass wir nach Indien gefahren sind, war richtig und gut. Wir haben Dinge besichtigt, die uns gut gefallen haben, und wir haben andere Sehenswürdigkeiten auf dem Plan gehabt, die uns bestätigt haben, dass wir mit vielem, was die indische Architektur der Vergangenheit ausmacht, wenig anfangen. An Hand von Fotos haben wir das bereits vorher geahnt, aber in der Realität sieht ja manches anders aus. Also war es gut, sich ein Bild zu machen. Wir wissen natürlich, dass es nur ein äußerst eingeschränktes Bild ist, Indien ist so riesig und deshalb auch nicht einheitlich.
Was aber schwerer wiegt: Hier funktioniert einfach zu vieles nicht (Bankomaten, Internet, Sim-Karten…), ist es überall zu schmutzig (Straßen, Hotels, öffentliche WCs, Lokale …), ist es wahnwitzig laut (so beginnen die indischen Gäste in den Hotels um 6 Uhr in der Früh mit ihren gut sitzenden Simmen lautstarke Unterhaltungen am Gang), und daher wird das Reisen wirklich unangenehm. Ein Beispiel: Unser Flug von Khajuraho nach Delhi wurde 48 Stunden vor Abflug abgesagt. Da der Flug am Tag zuvor auch nicht stattfand, saßen wir in einem Dorf fest, zehn Autostunden von Delhi entfernt, und mussten unseren Anschlussflug auf die Seychellen dennoch rechtzeitig erreichen. Der Angestellte der Fluglinie lachte uns buchstäblich ins Gesicht und sagte, das sei unser Problem. Wir könnten ja einen Tag später fliegen und einen Tag weniger auf den Seychellen verbringen. Er verstehe überhaupt nicht, worüber wir uns aufregen. Wir vergeudeten also viele Stunden damit, auf den Flughafen und zurück zu fahren, in einem Basarshop herumzutelefonieren und zu versuchen, das Internet in unserer Unterkunft in Gang zu halten. Schließlich erbarmte sich ein anderer Angestellter der Fluglinie (thank you, Mr. Rakesh!) und sorgte dafür, dass wir eines der letzten Tickets für den Nachtzug nach Delhi ergatterten (ohne von den Reiseagenten völlig ausgenommen zu werden). Der Nachtzug war dann mit einer Klimaanlage ausgestattet, die eiskalte Luft direkt auf mich blies (ich lag auf der obersten Liege), sodass ich nach eineinhalb Stunden trotz Decke völlig durchfroren die ersten Anzeichen einer Erkältung merkte. Also kletterte ich herunter, wärmte mich bei der Zugtür auf und brachte den Schaffner sogar dazu, die Klimaanlage wärmer zu stellen. Mit einer zweiten Decke und einem Schal über dem Gesicht war es dann auszuhalten. In der Früh hustete und schnupfte der ganze Waggon – ich scheine den Schnupfen gerade noch abgewendet zu haben, Roby hatte Fieber.
Auf diese Art bekamen wir einen Tag in Delhi dazu (um den Preis freilich, zwei Nächte hintereinander in Transportmitteln zu verbringen, die erste in dem eiskalten Zug, die zweite im Flugzeug Richtung Seychellen). Diesen Zusatztag verbrachten wir dann ganz ohne Betreuung – und fanden uns trotzdem gut zurecht. Das Fahren mit Tuktuks und Taxis funktionierte sehr gut und war deutlich billiger als unser Fahrer der ersten beiden Tage. Trotzdem ist für Einsteiger die Lösung mit dem Fahrer wirklich gut.
Was für Indien spricht: Die Freundlichkeit der Menschen (auch wenn sie sich in den vielen langen Schlangen mit Leidenschaft und Freude vordrängen) und insbesondere das hervorragende Essen. In welcher Vielfalt hier (vor allem) vegetarisch gekocht wird, ist ein Riesenspaß. Wir haben in der ganzen Zeit kein einziges Gericht zweimal bekommen (ganz anders als in Georgien und Usbekistan). Und die raffiniert gewürzten Currys sind so unterschiedlich: manche sehr scharf, andere dann wieder ganz mild und fruchtig. Verliebt haben wir uns in den Masala Tea, der uns immer wieder aufgebaut hat, wenn unsere Laune zu kippen drohte. Der könnte auch zu Hause hilfreich werden ;-)