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26/08/2018 - Tongariro National Park

Veröffentlicht: 24.09.2018

Nach nur einer Nacht verließen wir das kleine Örtchen „National Park Village“. Auch wenn die Gemeinde, die wohlmöglich den unkreativsten Namen von ganz Neuseeland erhielt, keine kulturellen Angebote bietet, muss man ihre perfekte Ausgangslage hervorheben. Sie spezialisiert sich ausschließlich auf Touristen und liegt zentral im „Tongariro National Park“ - dem Ältesten aller neuseeländischen Nationalparks. 
Das Wetter war wie erhofft (mehr als) gut - das längere Warten in der vergangenen Woche machte sich jetzt schon bezahlt. Bereits vor dem Frühstück waren die prominenten Wahrzeichen der Region zu sehen.

„Mount Ngauruhoe“ ist, ähnlich wie „Mount Taranaki“ an der Westküste, ein perfekt geformter Vulkan, wie man es aus Bilderbüchern kennt. Derselben Meinung schien auch der Regisseur Sir Peter Jackson gewesen zu sein, der den 2.287m hohen Berg als einen Drehort für die „Herr der Ringe“-Trilogie auserwählte. Genau hier endete die lange und beschwerliche Reise von Frodo und Sam, indem sie den Ring im Schicksalsberg (engl.: Mount Doom) zerstörten.
Doch allzu lange gibt es Mt Ngauruhoe noch nicht. Er ist der jüngste Vulkan der Nordinsel und brach bis zum Jahr 1975 alle neun Jahre aus!
In unmittelbarer Nähe befindet sich der Namensgeber des Nationalparks: „Mount Tongariro“. Ebenfalls ein Vulkan mit einer Höhe von 1.976m, dessen letzter, größerer Ausbruch vor sechs Jahren stattfand.
Der dritte und letzte Vulkan im Bunde ist gleichzeitig der höchste mit 2.797m. „Mount Ruapehu“ ist ein unberechenbarer Vulkan, der schon häufiger für Zerstörungen sorgte. Am Weihnachtsabend des Jahres 1953 kollabierte beispielsweise der Rand des Kratersees und gab dadurch eine große Welle Vulkanschlamm frei. Diese begrub eine Eisenbahnbrücke unter sich. Ein heranfahrender Zug konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und stürzte in die Tiefe. Über 150 Menschen verloren bei der Tragödie ihr Leben.

Doch von all den Fakten ließen wir uns nicht einschüchtern und fuhren geradewegs auf die Vulkanlandschaft zu. Hierbei ergaben sich natürlich einige Fotomöglichkeiten am Straßenrand. So entstand zum Beispiel das tolle Bild von einem Hinweisschild, welches vor herumlaufenden Kiwis warnt, zusammen mit Mt Ngauruhoe. :)
Nach gut 30 Minuten näherten wir uns dem Bergdörfchen „Whakapapa“. Dabei gerieten wir ohne jegliche Vorwarnung in einen Stau! Die Hauptstraße (und beinah einzige Straße in diesem Ort) war überfüllt mit Autos und Wintersportfreunden. Mehrere Busse transportierten die Ski- und Snowboardfahrer in das nahgelegene Ski-Gebiet.
Glücklicherweise fanden wir einen Parkplatz direkt im Stadtzentrum - und mussten nicht 15 Minuten oder länger die Landstraße entlanglaufen, auf der die Autos mit hoher Geschwindigkeit an einem vorbeisausen.
Wir verschafften uns in dem heillosen Sonntags-Trubel einen Überblick und waren schon kurz danach auf einem Wanderweg unterwegs. Der zweistündige Rundweg zu den „Taranaki Falls“ führte zu Beginn durch flache Steppe, wodurch man die drei Vulkane stets im Blick behalten konnte. Anschließend wanderten wir durch ein dichtbewachsenes Waldgebiet entlang eines Bachlaufs. Quasi aus dem Nichts tauchte nach 50 Minuten der 20m hohe Wasserfall auf. Durch einen Spalt in der Felswand suchte sich der Taranaki Fall seinen Weg ins Tal. Ein beeindruckendes Bild, was ihn in unserem persönlichen Ranking unter die 15 schönsten Wasserfälle von Neuseeland katapultierte.
Vom Auffangbecken des Wasserfalls ging es für uns weiter zu seinem höchsten Punkt. Wir folgten dem Rundweg und standen schon bald selber auf der Felswand, die wir eben noch von unten betrachteten. Von hier eröffnete sich ein weitläufiger Blick auf die Ebene - sogar Mt Taranaki war in 250km Entfernung auszumachen!
Jetzt mussten wir eine schwierige Entscheidung fällen. Belassen wir es beim zweistündigen Rundweg und kehren zurück nach Whakapapa oder ist unsere Motivation groß genug, um noch zu einer weiteren Sehenswürdigkeit zu marschieren? Ins Auge gefasst hatten wir hierbei den 7km langen Track zu den „Tama Lakes“. Die Laufzeit wurde mit weiteren 90 Minuten für den einfachen Weg angeben. Dies bedeutete: Wir sind mindestens die nächsten vier Stunden unterwegs …
Wir wollten es versuchen. Das Wetter war heute einfach zu gut. Also bogen wir gegen 11:45 Uhr am besagten Wegweiser ab und hatten nur noch ein Ziel vor Augen: die Tama Lakes. Wegen des (größtenteils) flachen Gebiets gelang es uns, immer mal wieder den weiteren Wegverlauf zu erahnen. Doch ein Ende der Reise war lange nicht zu sehen. Nach knapp 40 Minuten kamen erste Zweifel auf. Der Schicksalsberg, welcher sich ständig in unserem Blickfeld befand, war mittlerweile von einer Wolkendecke umgeben. Zudem verschwand die Sonne hinter Wolken, was die Außentemperatur auf über 1.200m Höhe nicht angenehmer machte.
Nach weiteren 20 Minuten tauchte ein erster Hoffnungsschimmer auf. Ein Schild wies die weitere Strecke bis zu den Seen mit weniger als 30 Minuten aus. Von diesem Punkt an gab es nur noch eine Richtung: Vorwärts!
Noch schnell eins, zwei Bachläufe überquert, erreichten wir nach über 2,5 Stunden (inkl. dem halben Rundweg zu den Taranaki Falls) den unteren Tama Lake. Wir kamen am Aussichtspunkt an, tranken einen großen Schluck Wasser und bestaunten sprachlos das Bild, welches sich vor uns eröffnete. Wo vor über 10.000 Jahre noch aktive Vulkankrater wüteten, hat sich heute ein Süßwassersee gebildet. Der hellblaue See, eingerahmt von bewachsenen Berghängen und die vielen, dünnen Flussadern, die in ihn münden - unglaublich. Mittels Fotos und Videos versuchten wir die Dimensionen einzufangen, die nur schwer nachzuempfinden sind.
Da die Anstrengung bis hierhin verfolgen war, folgten wir hochmotiviert dem restlichen Wanderweg. Umso weiter wir liefen, umso winterlicher wurde das Drumherum. Der Trampelpfad war teilweise vereist, gelegentlich lag knöchelhoch der Schnee und auch die Wegweiser waren nicht immer auf Anhieb zu erkennen. Zu unserem Glück konnten wir Sichtkontakt zu einem weiteren Pärchen halten, die nur einige Meter vor uns herliefen und nach einem geeigneten Weg suchten. ;)
Nach ungefähr 20 Minuten baute sich vor uns der anspruchsvollste Abschnitt der Wanderung auf. Die Strecke führte über einen steilen Berghang, der ausschließlich aus losen Steinen bestand. Abgesehen von der Steigung war es vor allem die Ausrutschgefahr, auf die wir nun achtgeben mussten! Wir drosselten die Geschwindigkeit, setzten ein Fuß nach dem Anderen und erklommen die Passage ohne Zwischenfälle. Auf den letzten Metern gesellte sich immer mehr Schnee dazu, unsere Oberschenkel begannen zu brennen und die Stimmung drohte zu kippen. Genau in diesem Moment begegnete uns ein Backpacker, der uns Mut zusprach: „It’s absolutely worth it!“. Also los jetzt, es ist nicht mehr weit.
Minuten später kamen wir am steinigen Plateau an. Das 360° Panorama, welches uns nun umgab, ist mit Worten nicht zu beschreiben … Wir nahmen erschöpft auf einem größeren Stein Platz und genossen mit einer Handvoll weiterer Wanderer, jeglichem Alters, neben den warmen Sonnenstrahlen die sagenhafte Aussicht vom „Upper Tama Lake Lookout“. - Wir hatten hohe Erwartungen an den Tag gelegt, haben ja schließlich auch lange darauf gewartet. Doch die Bilder, die sich von hier oben boten, entschädigten für Alles - das Warten und die Mühen, hier rauf zu kommen! - Der Blick auf den tiefblauen See, Mt Ngauruhoe und die weiße Winterlandschaft war phänomenal. Auch die Sicht zur anderen Seite war fantastisch. Der breite Mt Ruapehu mit seinen schneebedeckten Hängen war uneingeschränkt zu sehen. Ebenso wie der Lower Tama Lake. Spitze. Einfach Bergspitze! Nachdem wir unzählige Bilder geschossen hatten, ließen wir uns unser Äppelsche schmecken und wären am liebsten nie wieder gegangen.
Gegen 14:10 Uhr brachen wir schweren Herzens zur Rückreise auf. Vorteil hierbei waren die markanten Stellen, die uns Orientierung gaben, wie weit es noch ist. Trotzdem können wir es nicht verleugnen - der Weg zurück nach Whakapapa zog sich trotz weniger Pausen ins Unendliche.
Irgendwann tauchten die ersten Häuser am Horizont auf - und nach insgesamt sechs Stunden kamen wir erleichtert, ausgelaugt und überglücklich zurück am Auto an! Dabei legten wir eine Gesamtstrecke von über 17 Kilometern zurück. Kann man mal sehen, was in uns kleinen Hobbits so steckt. ;) Zur Belohnung gab es ein Stück Schokolade der besonderen Art. Eine Neuseeländische, welche mit Erdnussbutter gefüllt war. Yummyy!
Inzwischen war es 16:10 Uhr und ein Schlafplatz für die Nacht noch nicht gefunden. Wir versuchten unser Glück auf dem örtlichen Campingplatz in Whakapapa. Der Rezeptionist machte uns zunächst keine großen Hoffnungen. Als er allerdings erfuhr, dass wir lediglich in einem Auto schlafen und keinen großen Camper fahren, zauberte er doch noch einen Stellplatz aus der Trickkiste. Am engen Straßenrand durften wir parken und die Räumlichkeiten mitbenutzen.
Unser Sam stand zwar ziemlich abschüssig, doch wen interessiert das noch nach so einem Tag?
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