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24/05/2018 - Zwei Nächte am French Pass

Veröffentlicht: 25.06.2018

Nach einer eher ungemütlichen Nacht wachten wir müde in der „Elaine Bay“ auf. Die Sturmböen, die unser Auto schon in der Nacht durchgeschüttelt hatten, ließen zum frühen Morgen hin nicht nach. Der Wind war so stark, dass selbst das Türöffnen zum Kraftakt wurde. Frühstück im Freien fiel somit auch aus. Als alles soweit verstaut und aufgeräumt war, kein Kissen oder Rucksack aus dem Auto geweht wurde, stand der Weiterfahrt zum „French Pass“ nichts mehr im Wege. Die Straße dorthin wechselte zwischen asphaltierter Fahrbahn und Gravel Road. Wobei letztere den größten Teil bestimmte. Knapp 20 Kilometer rollten wir mit 30km/h am Abgrund entlang. Der Streckenabschnitt ist für seine schönen Ausblicke bekannt. Doch diese bekamen wir leider nicht zu sehen. Als wir den Weg über die Berge nahmen, war die Sicht sehr eingeschränkt. Wolken schlossen uns vollständig ein. Zum Glück erkannten wir die Bewohner dieser abgelegenen Region rechtzeitig! Denn immer wieder kreuzten Schafe die Straße. 
45 Minuten später kamen wir am French Pass an. Das 15 Häuser große Örtchen liegt direkt am Meer und verfügt über einen DOC-Campingplatz. Wir parkten gegen 11:00 Uhr das Auto und bezahlten für die nächsten zwei Nächte.

Die meisten Campingplätze dieser Art haben keine klassische Rezeption. In einem Behälter befinden sich Tütchen, die einen Zettel beinhalten. Auf diesen gibt man seine persönlichen Angaben an, legt die entsprechende Übernachtungsgebühr dazu und wirft es in eine Art Briefkasten.
In der Regel wird es täglich vom zuständigen Ranger kontrolliert.

Wir verschafften uns einen ersten Überblick - es war ein weiterer Camper vor Ort und in der Bucht lagen mehrere Boote vor Anker.
Tobi war mit Fotografieren beschäftigt und ich schrieb am Blog, als plötzlich jemand ans Fenster klopfte. Ein älteres Ehepaar lud uns ganz spontan zu einem Spaziergang ein. Wir liefen den nahegelegenen Berg hinauf. Sie zeigten uns einen großen Stachelrochen, der sich im flachen Wasser befand, und leiteten uns zu einem Privatgrundstück. Es stellte sich heraus, dass sich die Zwei übergangsweise um den Campingplatz kümmern und den Ranger vertreten. Ebenso passen sie zwei Monate auf das Haus vom ehemaligen Leuchtturmwächter auf, wohin wir spaziert waren. Eine sehr steile Treppe führte zum kleinen Leuchtturm hinab, der in früherer Zeit jeden Abend in Betrieb genommen wurde - heute ist er vollständig automatisiert und bedarf lediglich einer regelmäßigen Wartung. 
Das Ehepaar lief flotten Schrittes weiter! Sie zeigten uns eine alte Anlegerstelle. Von hier sahen wir den French Pass besonders gut.

Der Pass oder die Meerenge wurde nachweislich von einem Franzosen als erstes durchquert, wodurch sich der Name herleiten lässt. Sie zählt zu einer der schwierigsten Wasserstraßen der Welt. Aufgrund von vielen Unterwasserströmungen, Felsen und einer sehr schmalen Fahrrinne ist sie noch heute unter Seefahrern berüchtigt.

Auf dem Weg zurück zum Campingplatz berichteten wir von unserer bisherigen Reise und waren uns über die Schönheit der Region einig. Der stellvertretende Ranger erzählte unter anderem von seiner schlimmen Krankheit, die er erst kürzlich überstanden hatte. Obwohl seine Notfalloperation noch nicht lange zurückliegt, stapfte er mit kurzer Hose - bei 5°C Außentemperatur - vorneweg. Nachdem sie uns diverse Tipps für Ausflüge gaben, ging jeder zurück in seinen Camper.
Zum Abend suchten wir Unterschlupf unter einem Vordach, um das Abendessen zu kochen. Als das Essen im Auto verspeist, das Geschirr mit kaltem Wasser gespült war, verschwanden wir im Auto. Kaum hatten wir uns dort eingerichtet, drohte über uns die Welt untergehen zu wollen. Wir erlebten das erste, kräftigere Gewitter in Neuseeland. Es stürmte so sehr, dass der Sand vom Strand gegen unsere Scheiben gewirbelt und geschlagen wurde … Bei solchen Wetterbedingungen gibt es deutlich bessere Stellplätze als jene, die sich direkt am Meer befinden …

Daher begann der nächste Tag mit weiterhin übermüdeten Hightown-Kiwis.
Zu unserem Erschrecken war nach dem Frühstück unser Trinkwasservorrat leer. Daher blieb uns nichts anderes übrig, als das Speicherwasser vom Campingplatz abzukochen. Es dauerte sage und scheibe 45 Minuten, um 2,5 Liter Wasser zum Kochen zu bringen. Entweder war der Campingkocher auch noch nicht bereit für den Tag oder aber der Wind erschwerte seine Arbeit.
Als der Abwasch erledigt war, nutzten wir die Regenpause für kleinere Wanderungen in der Umgebung. Als ersten steuerten wir den „Collinet Point Lookout“ an. Von hier hatten wir einen schönen Blick auf die Bucht und auf „D'Urville Island“, die keine Verbindung zur Südinsel hat und nur über den Wasserweg zu erreichen ist.
Des Weiteren besuchten wir einen einsamen Strand und den „French Pass Lookout“. Vor Ort erkannten wir das Phänomen, auf das uns der Ranger gestern aufmerksam machte. Zu beiden Seiten der Meerenge haben die Gewässer einen enormen Tidenhub. Sobald die Flut am Kommen oder Gehen ist, werden die Wassermassen durch den schmalen Kanal des French Passes gepresst. Dabei entstehen starke Unterströmungen. Die Bojen wackelten wegen der Wellen hin und her. Anhand von Markierungen erkannte man die schmale Fahrrinne, die die Schiffe durchfahren müssen, um den Pass zu durchqueren.
Zurück am Campingplatz genossen wir im Sonnenschein das letzte Stück von Tobis Geburtstagskuchen. Zum Nachmittag zog es uns ein weiteres Mal in die Natur. Wir spazierten den Strand entlang und kamen in einem angrenzenden Waldgebiet an. Von dort, so erhofften wir uns, wollten wir einen Blick auf die Bucht ergattern. Leider wurde unser Vorhaben schnell unterbunden. Wir kletterten noch über einen Zaun, doch kurze Zeit später wurde der Trampelpfad immer undeutlicher. Also drehten wir etwas enttäuscht um und untersuchten das Hafengebiet auf Rochen. Von einem Holzsteg aus konnten wir tatsächlich die Umrisse von einem erkennen.
In der Nacht sahen wir durch die Heckscheibe einen wunderschönen Sternenhimmel. Tobi konnte sich motivieren und bewaffnete sich mit Kamera und Stativ, um diesen vom Holzsteg aus zu fotografieren. 

Der heutige Tag begann eiskalt. Der Campingplatz verfügt über eine Kaltwasserdusche. Im Sommer höchst wahrscheinlich eine willkommene Erfrischung, im Winter hingegen eine Herausforderung und Überwindung in Einem. Bei 4°C Außentemperatur und kalten Winden war alleine das Umziehen unangenehm. Ich wusch zuerst meine Haare und Tobi nahm eine Ganzkörper-Dusche. Neben der brennenden Kopfhaut, weil das Wasser eiskalt war, verfärbten sich Körperpartien rot. Autsch!
Nach dem Frühstück verließen wir den French Pass. Die Hoffnung, diesmal mehr auf dem Bergpass zu sehen, verpuffte wenige Minuten nach Abfahrt. Hinter dem Berg wartete eine große Regenfront auf uns. Vorbei an Schafsherden tauchte unerwartet ein Schwerlasttransport vor uns auf. Dieser hatte soeben einen Bagger abgeladen und stand nun quer auf der Fahrbahn. Als sich das Knäul aufgelöst hatte, ging die Fahrt über die Gravel Road weiter. Kaum erreichten wir den asphaltierten Teil, besserte sich das Wetter schlagartig. Blauer Himmel und Sonnenschein begleiteten unsere restliche Fahrt. Bloß wohin? Das stand noch gar nicht fest. Als wir wieder Internetverbindung hatten und die Wettervorhersage abrufen konnten, wählten wir einen hochwertigeren Campingplatz aus. Denn für die kommende Nacht ist Bodenfrost gemeldet.
In „Blenheim“ genossen wir den Luxus einer überdachten, vollausgestatteten Küche und warmen Wasser. Mit frischem Rotkohlsalat verwöhnten wir uns an diesem Abend, bevor morgen das Abenteuer weitergeht. 

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