Veröffentlicht: 22.07.2018
Die erste Nacht in „Wellington“ zählte zu den unruhigeren. Auf einem benachbarten Fußballfeld hatte sich eine Möwenkolonie niedergelassen, welche die Nacht über für ordentlich Lärm sorgte. Doch dies hielt uns nicht davon ab, den neuen Tag früh zu beginnen, um in die Innenstadt von „Windy Welly“ zu fahren. Da wir bei unserem ersten Besuch die Erfahrung gemacht haben, dass ein längerer Innenstadtbesuch meist nur mit teuren Parkgebühren zu vereinbaren ist, war für den ersten Tag kein langer Aufenthalt geplant. Wir parkten unser Auto im Parkhaus des Nationalmuseums, das sich direkt an der Hafenpromenade befindet. Von hier aus ist die Innenstadt fußläufig schnell zu erreichen.
Unser erster Gang führte zur Besucherinformation - der „I-Site“. Hier wurden für uns Tickets hinterlegt!
Bereits am kommenden Tag werden wir ein Spiel der neuseeländischen Rugbynationalmannschaft besuchen. Als eine Art Vorbereitungsspiel auf wichtige Turniere treffen diese auf Frankreich. Die Rivalität zwischen beider Rugbyteams hat eine lange Geschichte - das erste Aufeinandertreffen fand bereits im Jahr 1906 statt.
Als wir der Mitarbeiterin unsere Onlinereservierung vorzeigten, druckte sie unsere Tickets aus und somit war unser Anliegen, weshalb wir in die Stadt fuhren, erledigt. Dennoch entschieden wir uns dazu, das schöne Wetter zu nutzen, um noch etwas weiter durch die Hochhäuserschluchten zu schlendern. Zugebenerweise war es schon ein merkwürdiges Gefühl, wieder in einer Großstadt zu sein. Nachdem wir lange Zeit auf der beschaulichen Südinsel unterwegs waren, mussten wir uns erst einmal in dem wilden Gewusel zurechtfinden.
Beim Stadtbummel fiel uns die Dekoration der Straßen ins Auge. Die Hauptstadt von Neuseeland fieberte dem Spiel ihrer „All Blacks“ schon sehnsüchtig entgegen. Werbung an Bushaltestellen und All Blacks-Fahnen am Laternenmast spiegelten die Vorfreude auf das morgige Spiel wider. Auch in den 18 Uhr Nachrichten gab es nur noch ein Thema: All Blacks! Umso mehr freuten wir uns auf den kommenden Tag und das Spiel am Abend.
Auch am heutigen Morgen trödelten wir nicht lange herum. Denn wir wollten früh in die Stadt fahren, um möglichst viel von der Atmosphäre aufzusaugen. Ein Parkhaus für den Tag war schnell gefunden. Jedoch gestaltete sich das Finden eines Parkplatzes als relativ schwierig. Mit einer Autolänge von 4,75 Metern sprengte unser lieber Sam dann doch den Rahmen. Sowohl Auf- als auch Abfahrten waren der heutigen Fahrzeuggröße nicht mehr ganz gewachsen. Dadurch setzten wir sowohl mit der Front- als auch mit den Seitenschürzen mehrmals auf. Aua! - Zum Glück fanden wir einen Parkplatz im 5. Stock … ;) - Für das 12-Stunden-Parkticket bezahlten wir $12/7€.
Als wir ins Zentrum spazierten, begegneten wir natürlich vielen Fans. Für die französischen Anhänger wurde extra ein Fanlager/ -fest am Hafen veranstaltet. Es herrschte eine entspannte und lockere Stimmung in der Hauptstadt.
Während dem Spaziergang entdeckten wir einen Künstlermarkt, der in einer Tiefgarage aufgebaut wurde. Bei schöner Beleuchtung und verschiedenen Düften stöberten wir umher. Neben Gemälden, ausgefallenen Post-/Geburtstagskarten und selbstgemachten Kerzen wurde so einiges angeboten.
Als wir zurück zur Hafenpromenade gingen, setzte leichter Nieselregen ein. Daher flüchteten wir uns in das Nationalmuseum von Neuseeland - dem „Te Papa Tongarewa“. Bereits vor sechs Monaten waren wir von der Vielfältigkeit und den Ausstellungen in dem Gebäudekomplex begeistert. Heute waren wir auf der Suche nach Veränderungen und neuen Ausstellungen. Viel hat sich nicht verändert. Die Ausstellungen „Mountains to Sea“ und „Awesome Forces“ waren wegen Umbauarbeiten geschlossen. Dafür wurde eine neue Kunstausstellung eröffnet. In aller Ruhe betrachteten wir uns die Kunstwerke. Doch ein Blick auf die Uhr schickte uns schon kurz danach in Richtung Stadion. Einen kurzen Zwischenstopp legten wir am Auto ein, um uns mit warmen Klamotten und etwas Verpflegung auszustatten. Anschließend ging es durch den Hauptbahnhof von Wellington auf direktem Wege zum „Westpac Stadium“. Eines fiel uns hierbei sofort auf: Die Atmosphäre um das Stadion war deutlich entspannter als in Deutschland. Es wurde Musik gespielt und keinerlei Polizei war weit und breit zu sehen!
Zum Pech aller Besucher setzte zehn Minuten vor Stadioneröffnung der Regen ein. Dadurch wurden alle wartenden Fans ziemlich nass. Als die Tore geöffnet waren, verlief der Einlass wie zu erwarten flüssig und unkompliziert. Vorab erkundigten wir uns über die Stadionordnung und staunten nicht schlecht. Es war uns tatsächlich gestattet eine kleine Trinkflasche, selbstgemachte Sandwiches und sogar eine Chipsdose mit ins Stadion zu nehmen. Völlig verrückt und in Deutschland undenkbar. Zudem muss sich der Stadionbesucher keinerlei Leibesvisitationen unterziehen. Er wird lediglich dazu aufgefordert, seine Taschen zu öffnen.
Als wir uns in die Stadionrundung gerettet hatten, suchten wir unsere Sitzplätze. Diese befanden sich auf der gegenüberliegenden Seite. - Eine weitere Besonderheit des Stadions: Alle Fans und Besucher benutzen ein und denselben Ein- und Ausgang.
Mehr als 1,5 Stunden vor Spielbeginn nahmen wir in unseren überdachten Sitzschalen Platz. Zum Pech jener, die etwas mehr für ihre Eintrittskarten ausgaben - diese wurden in ihren niedrigeren Sitzreihen nicht vom Stadiondach geschützt und waren somit dem Regen schutzlos ausgesetzt.
Als das Warm-Up beider Mannschaften abgeschlossen war, stieg so langsam die Vorfreude und auch das Stadion füllte sich sichtlich. Kurz vor Spielbeginn waren 95% der Sitzplätze besetzt. Die Anhänger der All Blacks kleideten sich logischerweise komplett in schwarz. Doch auch die Franzosen waren auf den Tribünen dank ihrer Flaggen zu erkennen.
Nach der Mannschafsvorstellung und dem Einlauf folgten die Hymnen beider Länder. Zum ersten Mal hörten wir die neuseeländische Nationalhymne, die zu unserer Überraschung sowohl englische Strophen als auch Textzeilen auf Maori enthält. Toll!
Bevor das Spiel begann, folgte der berühmte Haka! Ein traditioneller Kriegstanz der Maori. Alle Spieler der All Blacks reihten sich auf und trugen die Zeremonie mit lautem Geschrei vor. Ekstase auf den Rängen! Alle waren begeistert! - Kick-Off! - Im Vorfeld schauten wir uns die Regelkunde des Rugbysports an. Somit gelang es uns, dem Geschehen auf dem Feld zu folgen. Der erste gültige Versuch gelang zur Verblüffung aller Besucher tatsächlich den Franzosen! Frankreich war außer sich. :)
In der 11. Spielminute folgte eine unschöne Szene. Ein französischer Verteidiger behinderte seinen Gegenspieler in der Luft so sehr, dass dieser aus hoher Distanz auf seinen Rücken fiel. Der Schiri entschied daraufhin auf Foul und stellte den Franzosen, für diese unglückliche Abwehraktion, vom Platz. Eine absolute Seltenheit, dass ein Platzverweis so früh im Spiel ausgesprochen wird. Wer jetzt allerdings glaubt, dass die französischen Nationalspieler in Unterzahl keine Chance gegen die favorisierten All Blacks haben würden, der irrt. Sie kämpften mit allen Mittel und zur Pause stand es gerade einmal 21:06 für Neuseeland.
In vorherigen Aufeinandertreffen war das Zwischenergebnis deutlicher.
Nach der Halbzeitpause taten die Spieler nur noch das Nötigste. Durch relativ viel Zeitspiel seitens der Neuseeländer kam nur noch selten ein längerer Spielfluss zustande, was wir etwas bedauerten. Doch kurz vor dem Schluss gelang den tapferen Franzosen noch ein gültiger Versuch und ihre Anhänger hatten nochmals einen Grund zum Feiern.