Veröffentlicht: 13.07.2021
Verfolgt uns das Pech oder hält das Leben viel Gutes für uns bereit? Regelmäßig streiten Lars und ich darüber, wie es sich tatsächlich verhält. Da sind wir wirklich Yin und Yang: während Lars eher davon überzeugt ist, dass es für uns einfach immer schief läuft (selbstverständlich zickt unser Auto im Urlaub wieder rum und natürlich regnet es an seinem Geburtstag, wie jedes Jahr!), bin ich eher diejenige, die die Sonnenseite sucht und alles Übel naiv ausblendet. Da halten wir uns ganz gut die Waage. Wahrscheinlich ist die Realität irgendwo in der Mitte. Es regnet tatsächlich jedes jahr am 11.7. und verdammt, das Auto spielt uns wirklich Streiche. Aber es hat uns sicher quer durch Europa gebracht und dank des Regens hatten wir unendlich viel Platz an der schönen Soča. Kein Prügeln um den schönsten Platz notwendig. Im Grunde ist alles für etwas gut: wären wir früher abgefahren, wären wir vielleicht nicht so nass geworden (hingegen der Wettervorhersage war der 11.7. komplett verregnet - die Slowenen können die Vorhersage ohne die Flieger also auch nicht). Also wiedermal ein nasses Zelt einpacken. Wir hatten so gehofft, dass uns das wenigstens einmal erspart bleiben würde.
Dafür hat in der Recepcija ein sonnengelber Umschlag gewartet! Tolle Überraschung von der Sippe! Geburtstagspost von Manfred und Mari, die wir sonst verpasst hätten.
Und auch für mich sollte es eine kleine Überraschung geben: auf dem Weg zur Dusche sind wir doch glatt über meine Kollegin Anika gestolpert. Wie ist die Welt doch klein! Mitten im Nationalpark von Slowenien, von allen möglichen Zeltplätzen, haben wir unsere Lager keine 10 Meter voneinander entfernt aufgeschlagen. Verrücktes Leben!
Im Schneckentempo haben wir uns am 12.7. gen Karst aufgemacht. Erlaubt sind zwar 90 km/h, machbar ist das aber nicht. Zu viele Kurven, zu viele Camper und viele Radsportler, die ein gleichmäßiges Fahren unmöglich machen. Ida schlägt da leider nach mir, und wurde immer käsiger. Die Tüte hat sie zwar nicht gebraucht, dafür kleinere Pausen nach jeder dritten Kurve. Eine Geduldsprobe, während wir das Gefühl haben, dass uns die Zeit davon läuft (‚wir bekommen bestimmt keinen Platz mehr!‘).
Erst gegen 16:00 Uhr haben wir Na Meji in der Nähe von Pivka endlich erreicht. Und welch ein Schreck für mich: es ist brechend voll (Lars konnte das nicht mehr schocken. Der war ja drauf eingestellt)!
So ein Mist. Der arme Landwirt war völlig außer Atem, da er mit allen heute angereisten Campern eine Grundstücksbegehung macht. Gestern sei es noch ruhig gewesen, japst er auf gutem Englisch. Aber heute sei der Teufel los. Ach, wären wir doch mal gestern schon angereist. Wie sollen wir bloß unser Zelt zwischen die vielen Camper bekommen? Und vor allem, ist es so abschüssig, dass wir wohl in der Vertikalen schlafen müssen.
Als wir unsere Bedenken vorsichtig anbringen, fängt unser Gastgeber an zu strahlen. Endlich wieder ein Zelt! Wir seien die ‚richtigen‘ Camper, er hätte da was für uns.
Also hetzen wir hinter ihm her, den Hang hinauf und entfernen uns immer weiter vom ungeliebten Blech.
Zwischen wucherndem Gras, vor einem Holzzaun mit Blick auf das Tal und die Hügel des Umlands, dürfen wir unser Zelt aufschlagen. Es gibt eine hölzerne Hollywoodschaukel zwischen zwei Bäumen, von der aus man den Sonnenuntergang anschauen kann. Wir dürfen die vorhandenen Liegestühle benutzen, außerdem die mit Wein überwucherte Pergola samt Tisch und Bänken.
Alles richtig gemacht! Wie gut, dass wir doch erst heute angereist sind.
Irgendwann, vielleicht in einem anderen Leben, haben wir wohl doch ausreichend auf unser Karmakonto eingezahlt.
Jetzt können wir uns auch Zeit lassen und in aller Ruhe ankommen.
Die Gegend erinnert sehr an Bausenhagen. Bausenhagen kann allerdings nicht mit einem gut gefüllten Schnaps- und Weinkeller aufwarten. Die Familie keltert und destilliert alles selbst. Der Papa sammelt die Kräuter und Früchte, der Sohn macht sie haltbar. Wir sind herzlich eingeladen alles zu probieren.
Puh, wenn wir das tun, sind wir wochenlang betrunken. Aber den ein oder anderen Tropfen werden wir wohl mal kosten.