Veröffentlicht: 11.04.2023
09.-11.04.
Es ist (bzw. da wir ja immer in Verzug sind) war Ostern. Komisches Gefühl, mal nicht bei der Sippe in Rumeln zu sein, sondern auf der anderen Seite der Welt. Auch hier bereiten sich die Menschen auf den Feiertag vor: in Zelten, am Strand, in Kirchen wird auch hier mit lauter Musik gefeiert. Tatsächlich ist Mauritius einer der wenigen Orte weltweit, wo alle Religionen vertreten sind und, man muss es so sagen, das Wunder vollbringen, friedlich nebeneinander existieren. Uns gefällt das Bunte und Laute. Die Menschen kommen zu Hauf zusammen, picknicken, hören laut Musik und tanzen. Wenn man bedenkt, wie gesittet wir in Deutschland Gottesdienste und Feste ‚feiern‘, so drängt sich der Gedanke auf, dass wir verlernt haben, wie man ausgelassen genießt.
Da wir nicht sicher sind, wie sehr das Osterfest Einfluss auf das Treiben in den Städten nimmt, meiden wir die dicht besiedelten Gebiete und entscheiden uns für einen Tag am Strand im Süden. Die Wahl fällt auf Le Morne. Einer der bekanntesten Abschnitte der Insel mit bewegter Geschichte.
Im 18. und frühen 19. Jahrhundert diente der Morne Brabant als Zufluchtsort für entflohene Sklaven, die in den Höhlen des Gipfels Gruppen bildeten. Geschützt durch die bewaldeten Klippen des Berges lebten die Sklaven jahrelang auf dem Berg.
Es heißt, als 1835 die Sklaverei auf Mauritius abgeschafft wurde, hätten die Ausgucke auf den Bergen die herannahenden Briten entdeckt, was einige der Entflohenen dazu veranlasste, sich von den Bergen zu stürzen und den Tod der Sklaverei vorzuziehen. Tragischerweise wussten sie nichts von den bevorstehenden Nachrichten über ihre Freiheit. So zumindest die Legende.
Erkunden können wir den Berg leider nicht. Er ist wegen mangelnder Sicherheit seit einigen Jahren gesperrt.
Wir begnügen uns also mit dem Strand und sind begeistert. Bereits die Fahrt in den Südwesten hat sich gelohnt. Tatsächlich erscheint die Vegetation hier noch mal üppiger und grüner. Es ist nicht so chaotisch und alles wirkt gepflegter. Ob das für die Touris so ist, oder die Touris deswegen hier sind…man weiß es nicht.
So oder so, die Hotels haben ihren Standort hervorragend gewählt, so viel steht fest. Eines nach dem nächsten reiht sich aneinander. Im Gegensatz zum Ballermann, fügen sich die Bungalows aber hübsch in die Landschaft ein. Es darf auf Mauritius nicht mehrstöckig gebaut werden. Die Insel soll ihren Charme behalten. Gott sei Dank. Eine Bettenburg an diesem hübschen Fleckchen Erde, wäre eine Schande.
Die Strände sind dennoch Staatseigentum und somit durchweg öffentlich, so dass wir uns unter den Palmen direkt vor dem LUX Le Morne niederlassen.
Wie schon in Flic en Flac, ist es keineswegs voll. Nicht zu fassen, dass wir den weißen Sandstrand im Grunde fast für uns haben. Dabei hatten wir uns auf der Fahrt schon Handtuch-Freihaltestrategien aus unserem Malle-Repertoire überlegt und nun braucht es gar keinen Kampf um den schönsten Spot. Bedeckt ist es auch. Perfektes Wetter bei unserer Kellerbräune. Schon nach guten fünf Metern beginnen die Korallen und wir sind dankbar dafür, dass wir im Kelsterbacher Hallenbad geübt haben. Hier präsentieren wir uns (fast) wie Profis und schnorcheln gelassen vor uns hin. ‚Fux, Fux, Fux!!!! Schneeeeell! Hier rüber!‘
‚Maaaaaaama! Hier sind gaaaanz viele!‘
Niemand könnte je erahnen, dass wir das noch nie gemacht haben. Wahrscheinlich sind die Korallen nicht gesund, die Fischbestände auch nicht besonders vielfältig, aber wir bejubeln jedes einzelne Exemplar. Gestreifte, gelbe, ein Kofferfisch, lustige Nadelfische, kleine Wasserleoparden, schwarze Riesen… und wir mittendrin. Was sind wir doch für Glückspilze!
Und das alles am Fuße des Le Morne, der wie ein großer Hüter über die Halbinsel zu wachen scheint! Wir schwärmen vor uns hin ob dieser landschaftlichen Schönheit und müssen passend zur Osterzeit an Goethes Osterspaziergsng denken!
„Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!“
Nach einem Tag an der Luft, gönnen wir uns am Montag eine Sonnenpause. Es ist ohnehin Regen angekündigt. Auch wenn der nicht unbedingt niedergeht, obwohl er vorhergesagt wurde, und Ida unbedingt mal einen tropischen Regen erleben will, stehen wir eher auf Duschen ohne Kleidung. Wir gönnen uns also einen Tag in der Mall of Mauritius. Ohne Mückenspray und Sonnencreme. Wenn nur die Fahrt nicht wäre. 20 Minuten im afrikanischen Verkehrschaos ist lehrreicher als eine Woche in dt. Grundschulen: Hand aus dem Fenster halten rechtfertigt alles; links vor rechts existiert nicht (hier gilt die Hand im Fenster. Wenn beide die Hand draußen haben braucht es einfach etwas Glück); Lichthupe warnt vor Polizei; Hupen gilt als Gruß (aber auch als Warnung); Blinker sind unnötig (es gibt ja die Hand im Fenster); Weihnachtsschmuck gehört nicht an Bäume sondern in Linienbusse; auf jeder (!!!!!) Straße kann man dreispurig fahren; man muss sich nur trauen (Einbahnstraßen werden aber respektiert); egal wie eng und voll die Straße, es ist immer noch genug Platz, um mit dem Hintern auf der Fahrbahn zu sitzen und die Felgen zu putzen; man kann ohne Weiteres zu dritt auf einem Mofa über die Autobahn fahren (auch gerne ohne Helm); je höher die Ladefläche eines LKW beladen ist, desto besser die Sicht für die Mitfahrer obendrauf; die Verkehrspolizei regelt die Verkehrsströme in den Kreisverkehren und da es davon pro Kilometer ca 3-4 gibt, bleibt leider keine Zeit für Verkehrssünder. Wobei, vielleicht ist das auch gewollt: in China gibt es die Geburtenkontrolle, in Europa ist das Leben mit vielen Kindern schlicht zu teuer und hier greift eben die natürliche Auslese nach Darwin.
Obwohl…Unfälle bewusst wahrgenommen haben wir bisher keine. Wir sehen zwar immer mal Polizei und RTWs, die uns an Filme aus den 60ern erinnern, aber ansonsten haben wir bisher Glück! Um ehrlich zu sein, möchten wir auch den restlichen Urlaub auf derlei Spektakel verzichten!
A propos Spektakel. Das bietet wie zu erwarten auch die Mall of Mauritius nicht. Was aber nicht weiter tragisch ist, denn ein wenig bummeln und sich im Trubel treiben lassen schadet ja auch nicht. Wir werden alle in irgendeinem Laden fündig; ein Großteil der Anbieter ist ohnehin westlichen Ursprungs und weniger einheimisch als wir vielleicht erwartet hatten.
Zum Mittag verlassen wir uns allerdings auf die Geschmäcker der Einheimischen und wählen den Stand mit der längsten Warteschlange aus! Wöhrend des Wartens kommt uns jedoch der Gedanke, dass die Schlange nicht wegen des guten Essens, sondern wegen der unfassbar langsamen Bedienung quer durch die Imbisshalle geht! Um Gottes Willen sind die beiden Angestellten langsam. Leider hilft uns die lange Warterei nicht dabei, herauszufinden, wofür wir uns hier eigentlich anstellen, so dass wir, ehe wir uns versehen, den erwartungsvollen und gleichzeitig leeren Augen von Tippertriene und Schöpfschluri gegenüberstehen!
Mit etwas entnervter Hilfe der beiden Energiebremsen bekommen wir von Allem etwas. Wir vermuten, es sind verschiedene Dim Sums in komischer Brühe und eine Nudelsuppe mit Rindergulasch. Zweitere schmeckt sogar Ida, ersteres nicht mal uns. Zwischen „Omma lutsch mal“ und Flummikäse (oder ist es Fisch?!) ist scheinbar alles dabei.
Halbwegs gestärkt und nach ein paar weiteren Bummelstunden inklusive Maniküre und Pediküre geht es für uns wieder heimwärts. Der angekündigte Regen, welcher auch Grund für den heutigen Ausflug war, bleibt übrigens so lange aus, bis wir abends an unserer Hütte angekommen den Grill anschmeißen.
Timing ist alles…
Tags drauf ist wieder Strandhopping angesagt.
Der Norden ruft und somit ein weiterer Anlauf auf zum Schnorcheln.
Zuerst geht es an die Nordwest-Spitze zum Mont Choisy Beach, laut einem Blogger noch Geheimtipp auf der Insel.
Wie kann etwas eigentlich als Geheimtipp deklariert sein, wenn es im Internet mit ca 1849 Bewertungen zu finden ist?! Macht eigentlich wenig Sinn, aber egal…
Wir kommen gegen halb 11 am Parkplatz an (wie bisher an allen Standorten direkt am Strand) und befinden uns nach weiteren 30 Metern Fußweg durch Palmen und Kilaobäume in nahezu völliger Einsamkeit an einem paradiesischem weißen Sandstrand vor türkisblauem Wasser. Ohne Witz…dieser Strand ist eine wahre Perle. Neben uns verirren sich noch vielleicht zehn andere Touris oder auch Einheimische an dieses malerische Fleckchen Erde. Dazu kommt zum ersten Mal in diesem Urlaub auch ein nahezu wolkenloser Himmel, der die Kontraste von Meer, Strand und Bäumen noch mehr hervorhebt. Wir schwärmen vor uns hin und hüpfen für eine ausgiebige Frisbee-Runde ins Wasser.
Was es hier leider nicht hat, sind die erhofften Schnorchelspots.
Für die müssen und wollen wir ein paar Fahrminuten zurück in den Süden nach Trou aux Biches.
Vorher lassen wir uns jedoch so richtig tourimäßig völligst überrumpeln. Etwas, das uns eigentlich nicht mehr passieren sollte.
Ein Touristenfänger quatscht uns an und fragt, ob wir etwas essen wollen würden. Er würde das Essen auch direkt an unseren Liegeplatz bringen. Meine erste Reaktion lautet „Nein!“, doch da wir alle Hunger haben, bitten wir um eine Speisekarte, bzw. seine schlecht kopierte Übersicht von 08/15-Gerichten.
Da auch die Preise neben den Gerichten stehen, entscheiden wir uns für ein Essen am Strand und bestellen gegrillten Reis mit Fisch, gegrillte Nudeln mit Hähnchen, einen gemischten Salat und Pommes mit Chicken Wings (für Ida)!
Jedes Sammelsurium feinster Kochkunst kostet laut DIN-A4 maximal 200 Rupien.
„You pay when i bring food!“ wiederholt der halbwegs nette Herr und wir lassen uns, scheinbar vom Hunger benebelt, auf dieses Geschäft ein!
20 Minuten später kommt er zurück mit 2x Reis mit totgekochten Fischfetzen und jeweils drei TK-Garnelen und einer Schachtel, in der sich linksseitig Pommes und rechtsseitig Salat befindet, worüber sich drei Chicken Wings ihrem Restfritierfett entledigen!
Er verlangt dafür 1500 Rupien (30 €!!!) und lässt uns halbwegs fassungslos zurück! Denn was nutzt hier eine Diskussion?! Exakt gar nichts…
Wir genießen den Reis, nachdem wir den Fisch aussortieren, stellen uns bei der anderen Portion Reis einfach vor, es seien Nudeln, sortieren da aber auch den Hähnchenfisch oder das Fischhähnchen aus und versuchen, die Fritten an der Sonne vom Fett zu trocknen!
Wir versuchen, es positiv zu sehen, indem wir uns einreden, so zumindest nicht nach einem Mittagssnack gesucht haben zu müssen. Das miese Essen hat uns gefunden und mit Gelächter bezwungen.
Wir verlassen den paradiesischen „Geheimtipp“ und fahren wie geplant ein paar Kilometer nach Süden und tauschen hier auf den ersten Blick das Paradies gegen Tourihausen! Den Sand am Strand kaum betreten, werden wir von allerlei Anbietern diverser Ausflugs- und Actionmöglichkeiten belagert. Von Delfintouren über Glasboden- bis zu Bananenbootfahrten und dem obligatorischen Perlenkettenverkäufer ist alles dabei!
Diesmal jedoch wimmeln wir alle noch so verführerisch klingenden Angebote gekonnt ab!
Leider gibt es an diesem Strandabschnitt kaum Schatten, so dass wir uns mit ein paar anderen Urlaubern unter einen der wenigen Bäume quetschen. Egal, denn wir sind ja zum Schnorcheln hier.
Etwas mulmig zumute ob der vielen Boote direkt hinter dem abgetrennten Schwimmbereich, wagen wir uns ins Meer. Da die Lagune hier sehr flach ins Meer abfällt, müssen wir erst um die 150 Meter rausschwimmen, um die ersten Korallen zu erreichen! Dafür werden wir aber erneut mit einer Vielzahl an Fischen in unterschiedlichsten Größen und Farben belohnt!
Einfach absolut beeindruckend. Mehr fällt uns dazu nicht ein!
Nach kurzer Erholungspause starten wir vor dem drohenden Wetterumschwung (zumindest sieht der Himmel um uns herum recht bedrohlich aus) einen zweiten Ausflug in die Korallen, bevor es uns zurück gen zu Hause zieht!
Daheim lassen wir uns das Abendessen am hauseigenen Strandabschnitt schmecken, genießen den Sonnenuntergang (leider nicht wolkenlos) und lassen bei einem Bier und Limo für Ida nochmal die erlebten Eindrücke auf uns wirken!
Wir sind dankbar für den Moment.