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Im Schneckentempo einmal quer durch Myanmar

Veröffentlicht: 23.10.2016

Once a year, go someplace you have never been before. Getreu diesem Satz bin ich nach meinen Indien- und Thailand-Aufenthalten am Dienstag nach Myanmar, dem ehemaligen Burma, aufgebrochen. Schon lange stand dieses Land auf meiner Wunsch-Destination-Liste ganz oben. Ein Land, das nach wie vor gebeutelt ist von den Spätfolgen der so lange vorherrschenden Militärdiktatur, das aufgrund der demokratischen Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi durch die Medien ging und das sich nun langsam dem Tourismus und den westlichen Werten öffnet. Laut meinem Reiseführer hat sich die Anzahl von Touristen in den letzten drei Jahren versechsfacht und die immer weiter fortschreitende Öffnung ermöglicht nun auch Backpackern, das Land auf eigene Faust zu erkunden. Ein perfekter Zeitpunkt für mich, endlich nach Myanmar aufzubrechen! Neben einer Portion Abenteuerlust brauchte ich nur ein Visum im Gepäck ( der Prozess, dieses zu erlangen, war erstaunlicherweise ein leichter - innerhalb von 12 Stunden nach der Online Beantragung hatte ich schon die Bestätigung in meinem E-Mail Postfach) und schon erreichte ich gemeinsam mit Markus, den ich am Flughafen Bangkok getroffen habe, vor sechs Tagen Rangun, die südostasiatische "city of blood, dreams and gold", wie sie oft beschrieben wird.

Und erstaunlich fortschrittlich wirkt diese Stadt, die mir ein bisschen wie die kleine verschlafene Schwester von Bangkok vorkommt. Mit einer unglaublichen Ruhe und Disziplin und immer einem Lächeln auf den Lippen werden Motorräder durch den Verkehr gelenkt, Fischerboote am Hafen entladen und Unmengen von Street Food verkauft. Die Auswahl reicht von tropischen Früchten über gefüllte Teigtaschen oder undefinierbare Eintöpfe bis hin zu gerösteten Käfern. Ein kulinarisches Erlebnis also, umgeben von herrlichen Düften und Gerüchen, die kleinen Gässchen von Downtown Yangon zu erkunden. Touristen sind nach wie vor rar, man trifft den einen oder anderen Backpacker in einer kleinen schummrigen Bar einer Seitengasse oder amerikanische Journalisten, die im Auftrag von Amnesty International für ihre Artikel recherchieren. Für mich war faszinierend, dass in der Hauptstadt eines Landes, in welchem bis 2010 keine einzige Fastfoodkette vertreten war, es kaum importiere Produkte zu kaufen gab und Internet und Mobiltelefone quasi nicht verfügbar waren, nur sechs Jahre später moderne Shopping Center zu sehen sind, verglaste Bürokomplexe aus dem Boden schießen und man in einer westlich eingerichteten Filiale einer Coffeeshop- Kette bei einem iced Vanillafrappe die modern gekleidete junge hippe Generation von Rangun über ihrem Tablet oder iPhone sitzend beobachten kann.

Es ist nicht alles Gold was glänzt - ein Sprichwort, das definitiv nicht auf die berühmte Shwedagon Pagode zutrifft, die stolz und glanzvoll inmitten von Rangun thront und eines der wichtigsten Heiligtümer im Buddhismus darstellt. Ich habe schon viele Tempel und Buddha-Statuen in Asien besucht, aber die Schönheit und der Glanz dieser riesigen goldenen Pagode, die vor allem in der Dämmerung in einem ganz besonderen Licht und einer fast mystischen Stimmung erstrahlt, sind einzigartig.

Nach zwei Tagen Rangun sind wir dann mit dem Nachtbus an die Westküste Richtung Ngapali Beach aufgebrochen, laut Busplan 300km, in 14-20 Stunden, je nach Beschaffenheit der Strasse. Eine Zeitangabe, die wir nicht so ganz glauben konnten. Wenn ich an die Distanz beim Ötztaler Radmarathon und meine Endzeit dafür vor sechs Wochen denke, hätten wir die Strecke mit dem Rad schneller bewältigt :-) aber aufgrund unserer je 15 Kilo Rucksäcke am Rücken haben wir uns dann doch für den Bus entschieden. Schon nach einer halben Stunde Fahrt ist uns bewusst geworden, dass die Zeitangabe kein Druckfehler war. Gefühlt im Schneckentempo tuckerten wir mit zwei weiteren Backpackern aus Deutschland und einem Bus voller Einheimischer und Säcken als Ladegut, die zwischen Sitzen auf den Gängen verstaut waren, durch die burmesische Nacht, Kurve um Kurve, Berg um Berg, Schlagloch um Schlagloch. An Schlafen war kaum zu denken - obwohl der Bus relativ komfortabel war, hatte ich das Gefühl, bei jeder Bodenunebenheit entweder mit dem Kopf gegen die Scheibe oder mit meinen Knien gegen den Sitz meines Vordermanns zu krachen. Während die einheimischen Fahrgäste seelenruhig und völlig entspannt vor sich hin dösten, waren wir nur darauf konzentriert, unseren angeschlagenen Magen halbwegs unter Kontrolle zu bekommen. Dank Tabletten gegen die Übelkeit, die wir vom Busfahrer vorbeugend bereits beim Einsteigen bekommen haben ( er dürfte wohl schon die Erfahrung gemacht haben, dass wir Europäer etwas sensibler reagieren auf die vorherrschenden Straßenverhältnisse) , sind wir gottseidank ohne größere Zwischenfälle nach einer gefühlten Ewigkeit und 18 Stunden Fahrt am Traumstrand von Ngapali angekommen. Türkisblaues Meer, wunderschöne, aber verhältnismäßig günstige Resorts, herrliches Seafood, Kokospalmen und unglaublich freundliche Menschen haben das verschlafene Fischerdorf in den letzten Jahren in ein geheimes Top-Reisziel verwandelt, das aber nach wie vor weit entfernt ist von Pauschalreisenden und Massentourismus. Es gibt keine Beachbars, keine Restaurants am Strand, keine Wassersportmöglichkeiten oder Liegenbesetzer, wie man es von Thailand kennt, dafür umso mehr Ruhe und einheimisches Flair. Man braucht nicht immer eine Strandbar, oft ist es viel aufregender, eine frische Kokosnuss schlürfend den burmesischen Kindern beim Fußballspielen am Strand zuzuschauen oder selbst mitzuspielen.

Morgen reisen wir weiter Richtung Norden, diesmal aber etwas komfortabler, per Flugzeug und nicht mit dem Bus :-)!

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