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Elefanten, Pfeffer und andere Überraschungen

Veröffentlicht: 05.12.2016

Wenn sich Robinson Crusoe heute eine Insel aussuchen könnte, auf der er stranden und 22 Jahre als Schiffsbrüchiger leben würde, würde er sich wahrscheinlich für Koh Rong Sanloem entscheiden, ein kleines Inselparadies vor der südkambodschanischen Küste... Als wir vom beschaulichen, aber doch touristischen Otres Beach mit seinen vielen Bars, Strandverkäuferinnen und kleinen Geschäften und der geschäftigen, überfüllten, sich im Baumboom befindlichen Kleinstadt Sihanoukville das Speedboot Richtung Koh Rong Sanloem bestiegen, wussten wir noch nicht wirklich, was uns erwarten wird, schließlich gilt Kambodscha nicht unbedingt als das Urlaubsland mit den schönsten Stränden in Südostasien. Nach einer 45minütigen Überfahrt fanden wir ein kleines Paradies, vor,wie man es heute wohl nur noch selten irgendwo antrifft. Unsere großen Backpacks geschultert machten wir uns zuerst einmal auf die Suche nach unserer Unterkunft. Statt auf Straßen oder Gehwegen erreicht man die wenigen Bungalows der Insel entweder, indem man einfach seine Flip Flops auszieht und durchs badewannenwarme Wasser watet oder sich seinen Weg durch einen kleinen Sandpfad bahnt, der sich teils am Ufer entlang, teils durch das Dickicht der Kokospalmen schlängelt. Nach einigen Irrwegen haben wir endlich unsere Bungalowanlage, die von einem deutschen Aussteiger geführt wird, gefunden. Die gemütliche Bambushütte befand sich nur wenige Meter vom türkisblauen, glasklaren Meer entfernt und trotz ihrer sehr einfachen Ausstattung (Strom war nur von 18 bis 6 Uhr verfügbar, kein WiFi und nur kaltes Wasser) strahlte sie eine urige Gemütlichkeit aus. Unser einsamer Strandabschnitt lud dazu ein, einfach nur mit einem Buch in der Hand in der Hängematte zu liegen und dem Meeresrauschen zuzuhören, abends sind wir  mit anderen Urlaubern zusammen gesessen und haben Reiseerfahrungen ausgetauscht. Das für mich wichtigste Utensil auf Koh Rong Sanloem war eindeutig die Taschenlampe, denn nur mit dieser bewaffnet wagte ich mich abends überhaupt aus dem Bungalow, um nicht mit einem Frosch, einer Schlange oder einer Spinne eine unliebsame Begegnung zu machen. Oder ich benötige sie in unserer Hütte, um sicherzugehen, dass es sich auch wirklich kein Gecko unter meinem Kopfpolster gemütlich gemacht hat oder eine Maus ihr Unwesen treibt.

Der eindeutig schönste und abgelegenste Strand der Insel ist sicherlich der sogenannte Lazy Beach, der nur nach einem halbstündigen Marsch durch den Dschungel erreichbar ist. Wenn man dort am späten Nachmittag auf den Sonnenuntergang wartend ein paar Bier genießt und aus purer Idylle die Zeit und die Tatsache  vergisst, dass unser Bungalow sich nicht gleich hinter der nächsten Straßenecke befindet, kann einem der Rückweg fast zum Verhängnis werden ... trotz meiner mitgebrachten Taschenlampe  wirkten die Dunkelheit und die zahlreichen Geräusche und Lautes im dichten Urwald fast ein bisschen unheimlich und ohne Lampe oder Handy würde man sich heillos verirren.

Nach drei Tagen am Strand hat es uns wieder ins Landesinnere gezogen, und zwar genau dorthin, wo der Pfeffer wächst - nach Kampot. Nach einer zweistündigen Busfahrt erreichten wir die kleine ehemalige französische Kolonialstadt . Ein Pärchen aus Köln, das wir auf Koh Rong kennengelernt haben, hat uns eine Eco Lodge etwas außerhalb der Stadt, direkt am beschaulichen Kampot River liegend, empfohlen. Der Anbau des berühmten Kampot Pfeffer, einst als Gold von Kambodscha verehrt, wurde durch den brutalen Krieg der Roten Khmer beinahe zum Erliegen gebracht, hat aber in den letzten Jahren wieder enormen Aufschwung erlebt und die Wirtschaft in der Region angekurbelt. Mittlerweile sind rund um Kampot riesige Pfefferplantagen zu sehen und das teure Gewürz wird bis nach Europa exportiert. Wir sind vor allem in den Genuss des einzigartig schmeckenden Kampot Pfeffers  gekommen, weil wir tagtäglich in unserer von einem Franzosen geführten Lodge wie Götter in Frankreich gespeist haben, vor allem der in Pfeffer und Zitrone gegarte Red Snapper ( inklusive dem Chocolate Fondant mit flüssigem Schokokern als Nachspeise :-)) war ein Gedicht. Von Kampot aus sind wir dann mit dem Scooter durch die traumhafte ländliche Landschaft und ganz einfachen Bauerndörfern mit dafür umso freundlicheren Menschen nach Kep an die Küste aufgebrochen, um dort eine Wanderung im Kep National Park zu unternehmen und die berühmte Pepper Crab am Crab Market von Kep zu probieren. Während Markus geduldig jede Krabbe zerlegte, um den essbaren Teil herauszuschälen und sich von Mal zu Mal geschickter damit anstellte, hab ich nach der zweiten Krabbe aufgegeben - sich nach einer vierstündigen Wanderung in der Hitze und leerem Magen dem stundenlangen Öffnen von Meeresfrüchten zu widmen,  hat meine Geduld dann doch zu sehr auf die Probe gestellt :-). Auf der Rückfahrt von Kep sind wir leider auf einer ziemlich sandigen und unebenen Straße mit dem Scooter ausgerutscht und gestürzt , gottseidank kamen wir aber mit Abschürfungen davon. Aufgrund dieser Erfahrung und der Tatsache, dass die meisten Unfälle in Kambodscha mit Mopeds und Motorrädern passieren, hab ich mich am nächsten Tag wieder für das Mountainbike entschieden und das Thema Roller fahren in Asien zumindest vorerst ad acta gelegt.

Noch immer unschlüssig darüber, wielange wir in Kambodscha bleiben wollen, haben wir uns spontan entschieden, noch ein paar Tage wandern im Norden des Landes, in der Provinz Mondulkiri, anzuhängen. Auf der ewig dauernden Busfahrt mit kurzem Zwischenstop in Phnom Penh bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass die Khmer einfach geduldigere und genügsamere Fahrgäste sind als wir westlichen Touristen. Während ich alle zehn Minuten meine Sitzposition ändern muss, ich aufgrund des Gefühls, unter den Mitfahrenden eingequetscht zu sein, kein Auge zutun kann und ich in jeder Kurve und bei jedem Schlagloch hochschrecke und mich an meinem Sitznachbarn festhalten muss, bleiben die Einheimischen sechs Stunden lang völlig bewegungslos, ganz gemütlich schlummern, sitzen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Mondulkiri, eine für mich ganz besondere Gegend, vollkommen abgeschieden vom Rest Kambodschas. Dieses Gefühl hatte ich, als wir bei Regen und Wind in der Dunkelheit Saen Monorom, die sich auf 1000m Seehöhe befindliche größte Stadt der Region, erreichten, die aber eher wie ein ziemlich provinzhaftes Bergdorf wirkt. Am nächsten Tag sind wir zu einer zweitägigen Wanderung aufgebrochen.Die Landschaft ist fast ein wenig mysthisch, sanfte und von hohen Gräsern bewachsene Hügel erheben sich hinter den Nadel- und Kautschukbäumen, dazwischen findet man savannenartige Steppen und dicht bewachsene Dschungelwälder. Das Highlight der von der Wildlife Sanctuary Mondulkiri geführten Tour war der Besuch  einiger der 250 noch in der Gegend lebenden Elefanten. Die NGO hat sich zum Ziel gesetzt, Elefanten, die in Dörfern als Nutz- und Lastentiere eingesetzt wurden, freizukaufen, wieder langsam auszuwildern und gleichzeitig den Bestand der noch frei lebenden Dickhäuter, deren Anzahl aufgrund der voranschreitenden Abholzung des Regenwaldes in Mondulkiri rapide gesunken ist, wieder zu vergrößern.

Den Abend und die Nacht verbrachten wir in einer einfachen Bambushütte mitten in der Wildnis, wir fühlten uns wie im Dschungelcamp. Das, was mich von dieser overnight Trekkingtour am meisten begeistert hat, ist die Tatsache, wieviele besondere Menschen aus der ganzen Welt man trifft, egal ob es im touristischen Otres Beach oder im tiefsten Dschungel von Mondulkiri ist - jede Begegnung hat etwas besonderes an sich und geht tiefer, ist intensiver als jede neue Bekanntschaft im Alltag zuhause. Jeder kümmert sich um den anderen, auch wenn man sich wenige Stunden zuvor erst kennengelernt hat, Gespräche werden tiefer und man hat das Gefühl, sich schon ewig zu kennen. So ist es uns gegangen, als uns zwei Linzer Krankenschwestern, die gerade 10 Monate durch die Welt reisen,  auf der Wanderung mit Pflastern und Wundsalbe für unsere Abschürfungen versorgten oder wir abends alle gemeinsam mitten im Dschungel Karten spielten - sechs Nationen an einem Tisch: Deutschland, Schweiz, Neuseeland, Frankreich/ Kamerun, Kambodscha und Österreich. Die Welt wächst in solchen Momenten ganz eng zusammen, egal, welcher Nation man angehört, welche Hautfarbe oder Religion man hat. Und das tut gut!!

Nachdem wir die Nacht ganz gemütlich zu viert in einer mit Matratzen und Hängematten ausgestatteten Bambushütte mitten im Dschungel verbracht haben, sind wir am nächsten Tag erneut durch die einsame Wildnis gewandert und haben am Ende unserer Tour noch ein Minority Village der Bunongs, einem der wenigen noch lebenden Ureinwohnerstämmen in Kambodscha, besucht .

Nach unserem Ausflug nach Mondulkiri sitzen wir gerade im Bus zurück nach Phnom Penh. Nachdem ich eine fast schlaflose Nacht hinter mir habe (da uns eine Kröte gestern Abend einen Besuch durch die Toilette in unserer Bambushütte abgestattet hat und sie nach ihrem Sprung aus der Kloschüssel nicht mehr auffindbar war) und wir aufgrund eines technischen Problems am Bus mit zwei Stunden Verspätung aufgebrochen sind, hab ich mir zum ersten Mal seit fast drei Monaten ein ganzes Sackerl Süßigkeiten gegönnt, um meine angeschlagene Stimmung etwas aufzubessern. Es funktioniert:-)!

Antworten

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