Veröffentlicht: 15.09.2022
Wir gewöhnen uns langsam an das Leben im Laster. Nach über zwei Wochen an der tollen Bibermühle, kehrt langsam Entspanntheit ein. Das Wetter ist bombe, wir parken im Schatten und haben das Bächle in greifbarer Nähe. Die Hunde sind abends tot-müde von den vielen Hundebegegnungen und dem Baden. Immer wieder räumen wir in der Hummel die Schränke um, optimieren Dinge und basteln Sachen dazu. Es wird wohnlicher und immer gemütlicher.
Wir kennen inzwischen gefühlt fast ganz Blumenfeld und haben jeden Tag so nette "Pläusche" mit den "Hiesigen" und den Hotelmitarbeitern. Die symphatische Holländerin Renate (die gute Seele vom Hotel), werde ich bestimmt nie mehr vergessen. Der süsse holländische Akzent hat sich tief positiv eingebrannt in meinem Herzen. Wir könnten Schwestern sein. Gemeinsam holen wir abends den einsamen Trauerschwanjüngling Karl aus dem Teich und bringen ihn in den Stall. Leider ist seine Gefährtin Lissy vor einigen Tagen gestorben. Wir haben ihr ein Wikingergrab am Bächle gebaut.
Wir bekommen frisches Obst, Wein und Gemüse direkt von der Insel Reichenau geschenkt (danke Beate... was für eine Freude). Der leckere Weißherbst wird heute zur Feier des Tages getrunken. Der Wertgutachter hat uns nämlich heute ein Bombenwertgutachten für unsere "Hummel" ausgestellt. Die harte Arbeit der letzten Monate hat sich gelohnt.
Ich schleppe Kilian und die Hunde mit auf den Hohenhewen. Der Weg ist steiler als gedacht, aber der Ausblick oben ist atemberaubend und Hund und Mensch anschliessend kaputt.
Unsere Hummel ist in der LKW Werkstatt in Singen zum Kundendienst. Flüssigkeiten werden getauscht, und das Fahrwerk wird abgeschmiert. Ein Ersatzteil ist nicht mehr zu bekommen. Wir hoffen, dieses, und andere bei unserem ersten Stop in Nürnberg bei Walter zu bekommen.
Wir feiern Abschied mit Familie und Freunden, bekommen tolle Sachen geschenkt wie eine neue Tagesdecke (ein Traum), Kissen, Schutzengel uvm. Das ein oder andere Abschiedstränchen wird vergossen. Macht es ganz gut ihr alle, wir werden euch vermissen und in unseren Herzen seid Ihr immer bei uns.
Vielen Dank für alles.
Auch ein Abschiedsritt muss natürlich noch sein. Danke Ilka das ich Deinen tollen Sammy reiten durfte. Auch unsere tollen Ausritte werde ich vermissen.
Am 6.9. verlassen wir die heimatlichen Gefilde und machen uns auf die Socken in Richtung Nürnberg. Dort haben wir einen Termin beim Kurzhauberprofi Walter und hoffen dort auch das ein oder andere Ersatzteil ergattern zu können.
Nach kurzer Zeit auf der Straße ist es plötzlich wieder da. Das altbekannte und lang vermisste Freiheitsgefühl macht sich breit und trotz Stau will mir mein Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht weichen. Jetzt geht es endgültig los. Nach Monaten der Schufterei sitzen wir nun im Laster und die Welt ruft uns. Wir können sie laut und deutlich hören.
Nach einer Nacht beim Kurzhauberprofi Walter bei Nürnberg, in der die Hummel inspiziert wurde, Bremsen gelöst, die Kupplung eingestellt und Freilaufnarben eingebaut wurden,starten wir erneut die Motoren und machen uns auf den Weg auf die Schwäbische Alp zu Freunden. Bepackt mit Reparaturwissen und Ersatzteilen (ja Walter selbst ich traue mir jetzt zu die Kupplung einzustellen grins) sind wir zurück auf der Straße.
Das erste mal sitze ich hinterm Steuer und kurve vorsichtig durch die Dörfer der Alp. Mit anfangs schweißnassen Händen, fahre ich mich langsam ein. Mit voller Körperkraft muss ich in die Bremsen drücken, damit unsere dicke 7,5t Hummel zum stehen kommt. Und auch an die extreme Breite (wir brauchen die ganze Straßenseite) muss ich mich erst gewöhnen. Doch nach einiger Zeit, wirkt auch Kilian ruhiger neben mir.
Wir kommen zu Christine und Sara nach Alpstadt-Tailfingen. Ein Campsite Schild weist uns den Weg hinters Haus in ihren Traumgarten. Die Hunde sind außer sich vor Freude und Amy fängt direkt eine Maus. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit den beiden. Sara die Schreinerin und ihr Freund Bernie bauen uns ein Holzschränkchen für unseren Luxusdiesel-Ofen und Christine macht sich gleich daran Vorhänge für uns zu nähen. Wir waschen Wäsche, reparieren und optimieren Sachen im Laster und bauen gemütlich an unserer Hummel weiter, essen gemeinsam und geniessen die entspannte Zeit . Hier gibt es eine Werkstatt, die uns sehr an unser ehemaliges Zuhause erinnert. Kilian baut unseren Dieselofen ein und am kühlen Abend sitzen wir seelig vorm Ofen, freuen uns über die Glasscheibe und schwitzen bei 28 Grad im Laster.
Nicht nur die Hunde genießen die Tage in so netter Gesellschaft. Sie dürfen buddeln und Mäusejagen, im Teich baden und die Nachbarn anbellen. Und wir können basteln reparieren, Wäsche waschen und uns in aller Ruhe vorbereiten. Doch nach drei Tagen ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Macht es gut Christine und Sara. Vielen Dank für alles.
In Villingen Schwenningen übernachten wir auf dem kostenlosen Stellplatz der Stadt und besichtigen den Neckarursprung. Ein tolles wildes Moor erwartet uns. Die untergehende Sonne glitzert auf dem Wasser, Eisreiher sind auf Fischjagd und die Landschaft erinnert uns sehr an Schweden. Obwohl wir nur wenige Kilometer von unserer Heimat entfernt sind, macht sich immer mehr ein entschleunigtes Gefühl breit in uns...das sich immer besser anfühlt.
Unser letzter Stop in Deutschland ist im Schwarzwald bei meiner Mutter und ihrem Mann Fritz in dessen Ferienhaus in Wittenschwand. Wir verbringen einen schönen Tag mit gutem Essen und schönen Gesprächen. Am nächsten Morgen ist es soweit. Bei herbstlichen Temperaturen um 12 Grad und Nieselregen verabschieden wir uns von den beiden. Vollgepackt mit Lebkuchen und Glühwein heißt es nun ade auf unbestimmte Zeit. Vielen Dank Ihr zwei für all eure Hilfe.
Beschwingt und mit lauter Musik im Ohr starten wir voller Vorfreude in Richtung Weil am Rhein- französische Grenze. Doch nach einigen Kilometer bemerkt Kilian, dass die Bremsen zu schwer gehen. Er bekommt unsere 7,5 Tonnen kaum verbremst und es geht kurvig und steil bergab. Sicherheitshalber machen wir einen Termin bei Mercedes Benz in Weil am Rhein aus. Die Mitarbeiterin ist sehr freundlich und wir dürfen direkt vorbeikommen.
Der Chef macht direkt eine Probefahrt und schnell ist das Problem erkannt. Die Bremsflüssigkeit ist durch! Wir haben alle Flüssigkeiten tauschen lassen...die Bremsflüssigkeit wurde übersehen! Mercedes stellt dann noch die Bremsen und die Handbremse neu ein und zwei Stunden später und um 250 Euro ärmer, starten wir bei strömenden Regen endlich in Richtung Frankreich. Es ist der 15.9. Nachmittags fahren wir mit einem Grinsen im Gesicht über die französische Grenze. Byby Deutschland...Welt wir kommen.