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Istanbul & Gürtel-Rosi

Veröffentlicht: 19.10.2024

Hello aus Istanbul!


Beinahe hätte ich hier von einer wunderbaren Nacht berichten können. Aber eben nur beinahe. Kurz nach Mitternacht wurde ich wach, weil es an meinem Kopf und an einigen weiteren Stellen juckte. Mücken! Es summte trotz der Oropax in meinen Gehörgängen und meine Versuche, einzelne dieser Quälgeister direkt während des Blutsaugens an meinem Kopf zu erledigen waren nicht von Erfolg gekrönt. Also Taschenlampe und Jagdmodus an. Ich schickte sieben oder acht dieser Vampire ins Jenseits. Irgendwo musste sich noch mindestens eine verstecken, aber das war uns dann egal. Nach dem morgendlichen Erwachen kam der Heizadapter am Smartphone diverse Male zum Einsatz, was am Ende auch ok war.

Gar nicht so ok war mein Rücken. Aber der Reihe nach: Ich hatte am letzten Samstag höllische Kopfschmerzen, die nach einigen Thomapyrin besser wurden. Begleitet wurden diese mit einem Kratzen im Hals, welches nach zwei Tagen am Montag wieder verschwunden war. Zeitgleich hatte ich das Gefühl, dass etwas im Bereich des mittleren Rückens eingeklemmt bzw. muskulär überlastest worden sei. Am Mittwochabend bat ich daher Rudy darum, nahe meiner Wirbelsäule an einem bestimmten Punkt Druck auszuüben. Als ich mit freiem Oberkörper im Camper auf der Sitzbank lehnte, hörte ich von den drei hinter mir stehenden Personen: „Oh“. „Okay“. Man fertigte Aufnahmen von meinem Rücken an und nun sah auch ich den Ausschlag. Meine erste Vermutung für die Grundlage dieser Hautirritationen lautete Bettwanzen. Die Ideen schossen anschließend aber auch in mehrere andere Richtungen. Wir fuhren aber erstmal nach Istanbul.

Heute war der Ausschlag deutlich größer geworden. Allerdings nur halbseitig links. Wir brachten all unsere Expertisen zusammen. Doc Google und der Net-Doktor wurden befragt, aber auch unser Studium an der YouTube-Universität half hier ungemein. Gürtelrose hieß unsere 97,3%ige Diagnose. Nun ist es aber so, dass bei dieser Erkrankung, welche durch die schlummernden Windpockenviren hervorgerufen wird, schnell gehandelt werden muss. Ansonsten wandern diese Kreaturen aus Eiweiß-Bauteilen den gesamten Nerv entlang und können ziemlich hässliche Langzeitschäden anrichten.

Ich machte den Dermatologen Dr. Fatih Göktay ausfindig, der seine Praxis nur 850m entfernt von uns hatte. Welch ein Glück, dass Kadir hier in der Schule noch richtig gut aufgepasst hatte und türkisch auf heimatsprachlichem Niveau spricht. Was ihm hier wohl auch immer wieder attestiert wird. Da kann er uns aber natürlich viel erzählen :-)

Wir waren pünktlich vor der Praxis, um festzustellen, dass diese nicht um 9 Uhr, sondern um 10 Uhr öffnet. Also nutzten wir die Zeit, um nebenan die Mautfragen für die Fortbewegung auf den entsprechenden Straßen in diesem Land zu klären. Die beiden Kandidaten hinter den Schaltern ließen uns ein kleines Formblatt ausfüllen, um uns dann zu sagen, dass sie hier für Fahrzeuge über 3,5to gar nicht zuständig sind. Wir sollten mit diesem Anliegen zur PTT-Zentrale. Auf Kadirs Frage, wo sich diese befinde, erhielten wir die präzise Info: „Einfach Zentrale suchen“. Ah ja.
Nun war auch die Praxis geöffnet und wir erhielten Einlass. Die Frage, ob wir einen Termin hätten, konnten wir nicht mit ja beantworten. Jedoch sahen wir bis zum Verlassen dieser Räumlichkeiten außer uns auch nur eine weitere Person. Ging also auch so.
Dr. Göktay, ein sehr sympathisch wirkender Mann, saß erhaben hinter seinem dunkelbraunen Schreibtisch und befragte mich. Ich war mir sicher, dass er zur selben Diagnose kommen würde, wie wir. Und siehe da, als ich ihm meinen Oberkörper zeigte, war es für ihn lediglich die Bestätigung seiner Vermutungen. Er erläuterte mir die Medikation, bat mich aber noch ein Blutbild machen zu lassen, um hinsichtlich der Leistungsfähigkeit meiner Nieren sicher zu gehen. Sollte sich daraufhin etwas anderes ergeben, wird die Medikation angepasst. Meine Frage, ob ich noch einmal in die Praxis kommen müsse, beantwortete er mir so: „Das ist nicht nötig. Das klären wir einfach per WhattsApp.“

Ich zahlte mit meiner Karte und wir gingen in die schönste Apotheke der Welt, direkt unter der Praxis. Vielleicht hatten wir aber auch nur das Gefühl, es sei die schönste der Welt, weil die Apothekerin die mit Abstand schönste ihrer Profession war. Wir lobten die Räumlichkeiten, sie zeigte uns erfreut die Urkunde, welche sie für eben diesen Umstand 2019 erhalten hatte. Wir wären sehr gerne noch ein Weilchen geblieben, da wir uns aber nicht zwischen Lutschpastillen und Blutzuckermessgeräten entscheiden konnten, mussten wir irgendwann doch diesen wunderschönen Ort verlassen.
Gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite befanden sich diverse Labore, so dass wir auch das Blutbild umgehend anfertigen lassen konnten. Auch hier super freundliche Menschen, die sich umgehend kümmerten. Und auch: „Das schicken wir ihnen alles per Mail“. Easy.

Nun hatten wir also Gewissheit und gleichzeitig die deutliche Vorgabe: Langsam machen. Nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ruhe und Entspannung (eigentlich). Allerdings waren wir ja noch immer mit dem Benz unterwegs. Kadir und ich besprachen hier bereits, dass wir entgegen unseres Vorhabens die Balkanroute unter die Räder zu nehmen, auf direktem Weg wieder nach Hause fahren werden. Ist zwar doof, aber glücklicherweise bin ich erst jetzt zum „Gürtel-Rosi“ geworden und nicht schon während der Anreise nach Trabzon.

Wir nahmen in unserer Wohnung ein kleines Frühstück ein und dann ging es (für mich mit leicht gezogener Handbremse) ab ins Getümmel. Das Wetter war so lala. Mit Sonne war es schön warm, ohne durch den Wind echt kalt. Unser Ziel war insbesondere „Die Zentrale“, aber da sich diese direkt beim Anleger der Bosporus-Fähren befand, passte das ganz gut. Wir bummelten, staunten und probierten. Wir genossen es erneut, durch den Strom der Menschenmassen mitgezogen zu werden. Wir passierten unzählige Bars, Restaurants und Lebensmittelstände unterschiedlichster Art. Nebenbei klärten wir alle Mautfragen. NICHT! Da das jedoch viel zu kompliziert wäre, um hier aufgedröselt zu werden, nur so viel: es ist uns vollkommen schleierhaft, a) wie Menschen das hier regeln, die der Sprache nicht mächtig sind sowie b) was wir wann bezahlt haben (werden) bzw. hätten. Es liegt nun zu all unseren bisherigen Zahlungen noch ein Deposit von 2000 Lira auf irgendeinem Staatskonto. Ob das überhaupt… WTF.

Wir entschieden uns, heute mal auf fast all die türkischen Spezialitäten zu verzichten. Okay, Baklava hatten wir bereits nachmittags zum türkischen Kaffee. Wir besonnen uns auf unsere Vorräte. So genossen wir original Thüringer Bratwürste mit Nudelsalat. Die Gurken aus meinem vom Stopp bei Kastamonu mitgebrachten Glas schmeckten unfassbar gut, so dass ich mich fast ein bisschen ärgerte, nicht mehr mitgenommen zu haben.

Oben saß Kadir in der Eishockeyhalle und fieberte mit den Fischtown Pinguins mit und ich erhielt durch Rudy noch eine weitere Pflege der Hautareale an meinem Rücken. Die von Frau Ace Bayram angerührte Tinktur tut aber auch gut…

Süße Träume aus Kadiköy

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